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"Sprungfedereffekt" am Ölmarkt

17.09.2015  |  Eugen Weinberg
Energie

Wir haben zuletzt häufig darauf hingewiesen, dass aus unserer Sicht die Lage bei vielen Metallen und am Ölmarkt tendenziell „besser“ ist als die Wahrnehmung. Angesichts der sehr negativen Stimmung reicht häufig eine kleine positive Nachricht, um eine starke Preisreaktion auszulösen, analog zu einer Feder, die zu stark gedrückt wird.

Der Wochenbericht des DOE gestern war wohl dieser Katalysator, der einen Anstieg der Preise für WTI und Brent um jeweils 2 USD je Barrel ausgelöst hat. Demnach sind die US-Lagerbestände für Rohöl in der Vorwoche entgegen den Erwartungen um 2,1 Mio. Barrel gefallen. Vor allem in Cushing sind die Lagerbestände um 1,9 Mio. Barrel gesunken, der stärkste Wochenrückgang seit Februar 2014. Man sollte diesen Rückgang zwar nicht überbewerten. Schließlich sind die US-Rohölimporte um 270 Tsd. Barrel täglich gesunken.

Allerdings zeigt die Reaktion, dass der Markt offensichtlich die (für den Ölpreis) negativen Nachrichten bereits im Vorfeld ausreichend eskomptiert hat, weshalb schon deren Ausbleiben für einen starken Preisschub reicht. Vielleicht noch wichtiger als der Rückgang der Lagerbestände war für den Ölmarkt wohl das erneute Minus bei der US-Ölproduktion. Diese ist auf nun 9,12 Mio. Barrel täglich gesunken, den niedrigsten Stand seit Dezember.

Damit scheint die "Rechnung" der OPEC, dass die niedrigen Ölpreise die Schieferölproduzenten zur Aufgabe bewegen, aufzugehen. Dieser Trend dürfte sich demnächst sogar beschleunigen. Angesichts der fallenden US-Ölproduktion überrascht ein starker Rückgang der Preisdifferenz zwischen WTI und Brent nicht, die zuletzt auf nur rund 2 USD je Barrel gesunken ist. Es würde uns nicht überraschen, wenn wir sogar erneut einen Preisaufschlag bei WTI gegenüber Brent sehen, wenn sich der Produktionsrückgang fortsetzt.

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Edelmetalle

Bei weiterhin geringem Handelsvolumen ist der Goldpreis gestern auf 1.120 USD je Feinunze gestiegen, wo er auch heute Morgen noch notiert. In den USA verharrte die Inflationsrate im August wie erwartet bei +0,2% im Vergleich zum Vorjahr. Die Kernrate (ohne Lebensmittel und Energie) lag mit +1,8% ebenfalls auf dem Niveau des Vormonats. Die weiterhin niedrige Teuerungsrate ist ein Argument für die Tauben in der US-Notenbank Fed, die Zinsen heute noch nicht zu erhöhen.

Die Fed-Sitzung und Zinsentscheidung am Abend dürften heute das bestimmende Thema am Goldmarkt sein. Unsere Volkswirte gehen mittlerweile davon aus, dass die Fed heute noch nicht die Zinsen erhöht. Auch der Markt ist offenbar skeptisch hinsichtlich einer Zinserhöhung, denn aus den Fed Fund Futures lässt sich nur eine Wahrscheinlichkeit von rund einem Drittel für eine Zinserhöhung ablesen.

Im Fahrwasser von Gold legten auch die anderen Edelmetalle zu, wobei sich Silber mit einem Plus von 3,4% überproportional verteuerte. Silber stand zuvor allerdings auch stärker als Gold unter Druck. Platin und Palladium verteuerten sich jeweils um gut 1%, obwohl es bei Palladium gestern zu einem Abfluss bei den von Bloomberg erfassten ETFs von 12,4 Tsd. Unzen kam. Heute Morgen handelt Platin bei rund 970 USD je Feinunze, Palladium notiert auf einem 4-Wochenhoch von 610 USD je Feinunze.


Industriemetalle

Angetrieben durch einen starken Anstieg der Ölpreise (siehe Energie auf Seite 1) kam es auch bei den Industriemetallen gestern zu einer Erholungsbewegung, im Zuge derer der LME-Industriemetallindex um 0,8% zulegte. Heute Morgen steigt der Kupferpreis zeitweise auf ein 2-Monatshoch von 5.440 USD je Tonne, nachdem es in der Nacht vor der Küste Chiles ein starkes Erdbeben gegeben hat. Chile ist der mit Abstand weltweit größte Kupferminenproduzent.

Laut Angaben der Minenbetreiber seien die Kupferminen im Land aber nicht betroffen. Nickel kostete gestern in der Spitze 10.300 USD je Tonne, gab aber einen Teil seiner Gewinne wieder ab. Gemäß Daten der International Nickel Study Group (INSG) hat sich der Angebotsüberschuss am globalen Nickelmarkt im Juli im Vergleich zum Vormonat ausgeweitet. In den ersten sieben Monaten des Jahres bestand demnach ein Überschuss von 39,2 Tsd. Tonnen. Dieser lastet seit Monaten auf dem Nickelpreis.

Die INSG dürfte daher wohl Anfang Oktober ihre bislang relativ pessimistische Einschätzung eines Angebotsüberschusses von 20 Tsd. Tonnen für 2015 nach oben revidieren. Angesichts des niedrigen Preises dürfte es aber mittelfristig zu Produktionskürzungen kommen. So sind vor allem die NPI-Produzenten in China nicht mehr profitabel. NPI machte im letzten Jahr etwa ein Viertel des gesamten Nickelangebots aus. Produktionskürzungen, sofern sie im großen Stil erfolgen, sollten mittel- bis langfristig zu höheren Nickelpreisen beitragen.


Agrarrohstoffe

Gestern hatten zunächst Daten einer Unterbehörde des US-Landwirtschaftsministeriums für Verwirrung gesorgt, die die nicht zur Anpflanzung gekommenen Flächen bei Getreide und Ölsaaten sehr niedrig auswiesen. Sie erwiesen sich allerdings als fehlerhaft und wurden später stark nach oben korrigiert. Demnach sind mehr Flächen nicht mit Sojabohnen und Mais bepflanzt worden als die Daten aus dem August angezeigt hatten. Die übermäßige Nässe im Frühjahr hatte die Aussaatarbeiten erschwert und auf manchen Flächen ganz verhindert.

Die Veränderung gegenüber der bisherigen Angabe aus dem August ist allerdings nur gering. Entsprechend begrenzt ist der Korrekturbedarf bei den Flächenangaben in den offiziellen USDA-Prognosen - anders als dies bei den zunächst veröffentlichten Daten der Fall gewesen wäre. Entsprechend kam es insbesondere bei Sojabohnen nicht zu einer nachhaltigen Preisreaktion. Auch die Meldung eines privaten Exportunternehmens über einen größeren Verkauf von Sojabohnen an China, beeinflusste den Preis nur kurzzeitig. Er schloss gegenüber dem Vortag weitgehend unverändert.

Der Weizenpreis gab dagegen um mehr als 1% nach, da die Aussicht auf Regenfälle in den USA die Perspektiven für die Winterweizenpflanzen zur Ernte 2016 verbessert. In den meisten Anbaustaaten hat die Aussaat begonnen. Bis zum 13. September waren 11% der vorgesehenen Flächen bestellt, etwas mehr als im Durchschnitt der letzten Jahre.



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