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Nach FOMC-Meeting: Liquidität und Wachstum im Fokus

21.09.2015  |  Klaus Singer
Die Fed hat die Leitzinsen unverändert gelassen und das mit dem schwachen globalen Wirtschaftswachstum, der Volatilität an den Finanzmärkten und der niedrigen Inflation begründet. Ausdrücklich wird auch auf China Bezug genommen. Zugleich hat sie ihre Erwartung hinsichtlich BIP-Wachstum im laufenden Jahr gegenüber ihrer Juni-Projektion um 0,2% auf 2,1% hochgeschraubt, für 2016 allerdings um 0,2% auf 2,3% zurückgenommen.

Angesichts der Tatsache, dass die Wachstumsprojektionen der Fed in den zurückliegenden Jahren durchweg zu hoch lagen, verheißt das alles andere, nur kein solides Wachstum. Zudem wurden die Inflationserwartungen gegenüber der Juni-Projektion revidiert. Die PCE-Inflation soll in 2015 nun lediglich auf 0,3% bis 0,5% kommen (Juni: 0,6% bis 0,8%). In 2016 wird sie bei 1,5% bis 1,8% gesehen.

Die stärker beachtete PCE-Inflation ohne Lebensmittel und Energie soll 2015 auf 1,3% bis 1,4% kommen (unverändert gegen Juni, aktuell 1,24%). Für 2016 wird mit 1,5% bis 1,8% gerechnet, 0,1% weniger als im Juni erwartet. Die Arbeitslosenquote soll etwas stärker sinken als im Juni erwartet. 2016 soll sie nun 4,7% bis 4,9% erreichen.

Auf der Grundlage dieses Gesamtbilds sieht die Mehrheit der Beobachter die Nicht-Zinsentscheidung als gerechtfertigt an. Selbst für Dezember liegt die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung nach Fed Funds Futures gerechnet nun bei deutlich unter 50%. Zuvor lag sie klar darüber.

Überraschend äußerte das scheidende FOMC-Mitglied Kocherlakota, noch in 2015 hauptsächlich wegen des schwachen Inflationsausblicks negative Leitzinsen sehen zu wollen. Fed-Chefin Yellen sagte dazu, negative Zinsen seien nicht ernsthaft in Betracht gezogen worden, sie schloss sie aber auch nicht grundsätzlich aus. Langfristig, ab 2018, wird der Leitzins von den FOMC-Mitgliedern mehrheitlich bei 3,5% gesehen, im Juni glaubte man noch an 3,75%. Für 2015 liegt die Erwartung nun bei 0,375% nach 0,625% im Juni. Also gibt es in diesem Jahr wohl keinen Zinsschritt…

Die Aktienmärkte waren vor Bekanntgabe des FOMC-Ergebnisses deutlich angestiegen und schlossen dann leicht im Minus, der S&P 500 knapp oberhalb seiner Tradingrange 1987/1910. Am Folgetag kam Verkaufsdruck auf, der S&P 500 verlor 1,6%. Euro/Dollar gab fast die gesamten Vortagesgewinne wieder ab, die Ölpreise stürzten ab. Gold konnte noch etwas weiter zulegen. Die Rendite der zehnjährigen US-TNotes war am Tag vor der FOMC-Entscheidung mit 2,30% so hoch gestiegen wie seit dem 23. Juli nicht, per gestrigem Schlusskurs liegt sie mit 2,13% über sieben Prozent tiefer.

Von den üblichen Verdächtigen an den Finanzmärkten hatte kaum jemand erwartet, dass die Fed die Zinsen jetzt anhebt. Die Reaktion an den Finanzmärkten könnte man daher als "sell the news“ einordnen. Der große Verfallstag gestern mag das Bild verzerrt haben, aber ich interpretiere die Reaktion so: Die Fed hat (mit weich gespülten Worten [1]) gesagt, "Jungs (und Mädels), es sieht nicht gut aus mit unserer schönen Wirtschaft!“

Das ist zwar an sich nichts Neues, auch wenn die Volkswirte großer Banken oftmals nach außen in Zweckoptimismus machen, schließlich sitzen sie auf Tonnen von Aktien, die noch raus müssen. Aber jetzt ist es quasi "offiziell“ und man kann das Urteil einer solchen "Autorität" überall in der Zeitung lesen. Da wird lieber erstmal schnell verkauft.

Und erneut nach China geblickt: Der Rückgang des chinesischen Wachstums, manche sehen es auf vier Prozent sinken, drückt über verschiedene Wege auf die ohnehin nicht gerade vor Wachstum sprühende Weltwirtschaft. Sinkende Importe trifft die Rohstoff- und Autoexporteure, Brasilien, Chile, Südafrika und Russland sind bereits schwer angeschlagen. Auch andere Schwellenländer sind in Mitleidenschaft gezogen worden - durch Kapitalabflüsse und knappere globale Liquidität.

Die OECD nimmt die Wirtschaftsschwäche in wichtigen Schwellenländern zum Anlass, die globale Wachstumsprognose für 2015 auf 3,6% herabzusetzen, nach 3,8% im Juni. Für 2016 wird ein Plus von noch 3,0% erwartet. Dabei gibt es gravierende Unsicherheiten, heißt es. Hinter dem eingetrübten Ausblick steht ein stagnierender Welthandel und sich verschlechternde Bedingungen an den Finanzmärkten.

"Schlechtere Bedingungen an den Finanzmärkten" - damit ist das Thema "Liquidität“ gemeint (ich hatte es hier aus einem anderen Blickwinkel beleuchtet). Die Notenbanken haben seit der Jahrtausendwende mehr als zehn Bill. Dollar in die Finanzmärkte gepumpt. Die ölexportierenden Länder haben jahrzehntelang ihre Überschüsse aus dem Ölgeschäft in den Kapitalmärkten der industrialisierten Länder investiert.

Die Schwellenländer haben zur Ankurbelung ihrer Exporte beständig ihre Währungen durch Kauf von Währungen der Abnehmerländer geschwächt. Laut BIS haben sie seit der Finanzkrise Fremdwährungskredite in Höhe von 3 Bill. Dollar aufgenommen, insgesamt liegen die US-Fremdwährungskredite bei rund neun Bill. Dollar.


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