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Schlimmstenfalls droht Enteignung

27.09.2015  |  Manfred Gburek
Heillose Zerstrittenheit zwischen den EU-Ländern in Sachen Flüchtlingskontingente, aufkommende Sorgen über die mögliche Zwangsvermietung von Immobilien, immer noch einseitige Berichterstattung zum Flüchtlingsstrom im Fernsehen und in sonstigen "Willkommenskultur“-Medien, dazu heuchlerische Politiker-Kommentare, dann der VW-Dieselskandal, schwache Konjunkturdaten aus China, zögerliche Notenbanken, Geheimnistuerei um das sogenannte Freihandelsabkommen TTIP - das alles wird sich direkt oder indirekt auf den Wert unseres Geldes auswirken, nur spüren die meisten Menschen die Wirkung zurzeit noch nicht.

Aber warum ist das so? Ich habe dafür eine zweiteilige Antwort: Erstens, weil die EU am laufenden Band versagt, indem sie ihrer Rolle als übergeordnete Instanz nicht gerecht wird. Dies sorgt zusammen mit der ausufernden Brüsseler Bürokratie dafür, dass die meisten europäischen Probleme über Subventionen zugekleistert werden. Die Folge: Kaum jemand kuscht. Zweitens, weil die EZB das Spiel auf ihre Weise mitmacht, indem sie aus nichts Geld macht. Dass Geld dadurch über kurz lang an Wert verliert, liegt zwar auf der Hand, wird aber allgemein noch nicht wahrgenommen.

Wie wenig der Traum von einem vereinten Europa mit der Wirklichkeit zu tun hat, zeigt der Vergleich zwischen den verbalen, zum Teil auch körperlichen Auseinandersetzungen in der EU und einem Artikel zur Einwanderungspolitik im Vertrag über die Arbeitsweise der EU, kurz AEUV genannt: zum einen immer wieder hochkochende Emotionen, zum anderen das: "Die Union (Anmerkung: gemeint ist die EU) entwickelt eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine wirksame Steuerung der Migrationsströme ......... sowie die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll."

Nebenbei bemerkt: Die letzte AEUV-Änderung fand 2012 statt. Da drängt sich die Frage auf: Wenn EU-Bürokraten und die von ihnen vertretenen Regierungen schon damals so schlaue Sprüche zu Einwanderung und Menschenhandel auf Lager hatten, warum haben sie nicht danach gehandelt? Jetzt verkriechen sich alle Verantwortlichen hinter dem bürokratischen Apparat.

Ein Thema, das nun besonders in Deutschland von allergrößter Brisanz ist, ergibt sich aus der Diskussion über die Zwangsvermietung: Inwieweit darf der Staat ins Eigentum eingreifen? Es geht um Artikel 14 Grundgesetz. Darin heißt es zunächst: "Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen." Doch dann geht es zur Sache: "Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt."

Nun stelle man sich bloß vor, im allzu hektischen Berliner Politikbetrieb werde an einem solchen Gesetz gebastelt, das gleichermaßen die Interessen von Eigentümern und Allgemeinheit wahren soll. Die Eigentümer stehen ja weitgehend fest. Aber auch deren Eigentum? Nicht wirklich. Und dann die Sache mit dem Wohl der Allgemeinheit: Wo beginnt es, wo hört es auf? Die Diskussion über die Zwangsvermietung und damit über eine faktische Enteignung ging vor Kurzem in Berlin los, jetzt ist sie nicht mehr aufzuhalten. Ich kann Ihnen nur dringend raten, sie intensiv zu verfolgen.

Ihren Ausgang kennt natürlich noch niemand, doch so viel steht bereits fest: Mit dem Argument, durch die lange Niedrigzinsphase sei es zur Umverteilung des Vermögens von unten nach oben gekommen, werden Politiker aller Couleur ein Gesetz (oder mehrere) erfinden, das für die Umverteilung in entgegengesetzter Richtung sorgen soll.

Die Befürworter der Umverteilung stützen sich allzu sehr auf amerikanische Nobelpreisträger. Und auf Statistiken, aus denen hervorgeht, dass die Reichen in den vergangenen Jahren tatsächlich reicher geworden sind. Aber auch die Armen ärmer? Die Diskussion darüber ist völlig verzerrt.

Jedermann hätte - sogar bei kleinerem Einsatz - von 2001 bis 2011 hohe Wertsteigerungen mit Gold und Silber, zwischen 2009 und 2011 auch mit Aktien, danach nochmals hohe Kursgewinne mit Aktien erzielen können. Der Staat hat es indes sträflich versäumt, das Aktiensparen zu fördern, ja er hat die Doppelbesteuerung der Aktien bis zum Letzten verteidigt. Stattdessen hat er den auf Papieren mit niedriger Verzinsung basierenden schwindsüchtigen Kapitallebensversicherungen nicht rechtzeitig Einhalt geboten und obendrein dafür gesorgt, dass die völlig verkorkste Riester-Rente eher die Kassen von deren Anbietern füllt als der Altersvorsorge dient.

Die niedrigen Zinsen verdanken wir bekanntlich den Notenbanken, die zum Großteil die Konjunktur-Regie von den Staaten übernommen haben. Sie haben mittelbar die Aktienkurse und Immobilienpreise nach oben befördert: Die einen, weil deren Dividendenrenditen bis zu einem gewissen Grad mit Zinsen aus Anleihen und Konten konkurrieren. Die anderen, weil niedrig verzinsliche Kredite besonders für Vermieter lukrativ sind, die damit ihre Mietrenditen nach oben hebeln können.

Nur haben niedrige Zinsen dummerweise auch unschöne Nebeneffekte. Nicht allein bezüglich uninteressanter Guthabenzinsen oder maroder Kapitallebensversicherungen, sondern auch viel umfassender im Hinblick darauf, dass sie praktisch bei Null angekommen sind. Das heißt, nach unten besteht kein Spielraum mehr, und wehe, wenn sie nach oben ausscheren! Dann dürfte es an den Börsen kein Halten mehr geben - nach unten, versteht sich.

EZB-Präsident Mario Draghi und Janet Yellen, die Vorsitzende der US-Notenbank Fed, haben in der abgelaufenen Woche wiederholt betont, an ihrer Geldpolitik nicht zu rütteln. Allerdings auf unterschiedliche Weise: Draghi, indem er im Fall des Falles für noch mehr Geld sorgen würde, und Yellen, indem sie die immer wieder beschworene Leitzinserhöhung in die Zukunft verschiebt.

Was wird also aus dem eingangs erwähnten schwindenden Wert unseres Geldes? Er wird den über ihn hereinbrechenden Angriffen, beginnend mit den Flüchtlingsströmen und endend mit der begrenzten Handlungsfähigkeit der Notenbanken, nicht dauerhaft standhalten können. Indirekt deutlich wird das längst anhand der gestiegenen Aktien- und Immobilienwerte: Ihr Anstieg bedeutet ja nichts anderes als Geldwert-Abstieg, auch eine Art von Enteignung.

Es ist nur noch eine Frage von kurzer Zeit, bis Gold und Silber nach vier Jahren Unterbrechung zum nächsten Anstieg übergehen. Das Gute daran: Die Edelmetalle können sich bis zu einem gewissen Grad der Enteignung entziehen, weil sie nur in Ausnahmefällen durch Staaten und Notenbanken regulierbar sind.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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