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Die fetten Jahre sind vorbei

04.10.2015  |  Manfred Gburek
In der abgelaufenen Woche hat ein Termin den anderen gejagt. Am Ende meiner Gespräche mit Finanzanalysten und Fondsmanagern ist bei mir zweierlei besonders haften geblieben: Die Profis erwarten weiterhin niedrige Zinsen, und unter ihnen geht zunehmend die Angst um. Angst wovor? Sie drücken das so aus: Es wird immer schwieriger, Alpha zu generieren. Im Klartext: Für ihre Kunden eine Überrendite - eben Alpha - zu erwirtschaften, die ihre Arbeit rechtfertigt.

Mit dieser Angst geht der Erfolg der ETFs einher, jener Indexfonds, die wie Aktien an Börsen gehandelt werden, keine Manager benötigen und obendrein mit geringen Kosten arbeiten. Also wahre Wunderdinger? Mag sein, wenn man sie 15 bis 20 Jahre behält. Das richtige Timing nimmt einem niemand ab; und das Durchziehen von Anlageplänen erfordert viel Disziplin, gerade dann, wenn es an der Börse mal so richtig kracht und Emotionen hochkochen. ETF, das bedeutet auch: VW-, RWE- und Eon-Aktien zwangsläufig bis auf Weiteres behalten müssen, weil sie nun mal in einem Dax- oder sonstigen Index-ETF enthalten sind. Derweil können die Manager traditioneller Fonds solche Aktien verkaufen, noch bevor deren Tiefstkurse erreicht sind.

Es gibt keinen Mechanismus, der automatisch zum Anlageerfolg führt. Weder eine noch so gründliche Fundamentalanalyse noch irgendeine Chartformation garantiert Alpha. Entscheidend ist und bleibt der Kopf, entweder der eigene oder der eines besonders guten Vermögensverwalters. Komme mir niemand mit dem Argument, Multimilliardäre wie Warren Buffett und George Soros oder der Fondsmanager Peter Lynch hätten es ja geschafft, über viele Jahre überdurchschnittliche Erfolge zu erzielen. Das sind Ausnahmen.

Der erste hat zusammen mit seinem Partner Charlie Munger einen guten Riecher für wahre Werte; der zweite mischt sich in die Politik ein, was ihm den einen oder anderen Informationsvorsprung bringt; der dritte feierte seine beste Zeit, bevor der von ihm gemanagte Fidelity Magellan-Fonds wegen des großen Erfolgs ein kaum noch zu beherrschendes Volumen erreicht hatte.

Soros war - und ist zum Teil auch noch heute - so etwas wie ein Vordenker der Hedgefonds-Branche, deren Image mittlerweile zwischen höchster Bewunderung und abgrundtiefer Verachtung schwebt. Da wird auf steigende und auf fallende Kurse spekuliert, mit Anleihen, Aktien und Derivaten jongliert, von Gold, Silber und Kupfer über verschiedene Getreidesorten bis zu Wettervorhersagen alles aufs Korn genommen, was einen schnellen Gewinn verspricht. Hauptsache, etwas bewegt sich, damit in Millisekunden Maxigewinne herausspringen.

Da die mit traditionellen Zinsanlagen wie Anleihen oder Konten erzielbaren Renditen nun mal bei null oder sogar darunter angekommen sind - real, also nach Abzug der Inflationsrate, so wie so -, ist die Anlagebranche gezwungen, sich etwas Neues einfallen zu lassen. Der letzte Schrei heißt Absolute Return. Ich habe dazu in einem aktuellen Beitrag der Zeitschrift "Absolutreport" die folgende Definition gefunden: "Während sich benchmarkorientierte Anlagestrategien auf den relativen Ertrag gegenüber einem Index fokussieren, steht bei Absolute-Return-Strategien die Erreichung eines absoluten Renditeziel im Vordergrund. Der Manager versucht, das Renditeziel mit möglichst geringen Risiken zu erreichen."

Das ist sicher lobenswert. Aber wie bringt man Rendite und Risiko unter einen Hut? Und überhaupt: Was ist Risiko, wie misst man es wirklich? Niemand hat eine zufriedenstellende Antwort parat. Die Geldbranche begnügt sich damit, Risiko aufgrund der Volatilität, also der Schwankungsstärke, zu messen. Das hat in den 80er Jahren zu so skurrilen Ergebnissen geführt, dass man zum Beispiel japanische Aktien wegen deren stetiger Aufwärtsentwicklung ohne allzu große Kursschwankungen favorisierte, obwohl sie hoffnungslos überbewertet waren. Während der 90er Jahre und darüber hinaus stürzten diese Aktien dann tief in den Keller.

In der Anlagebranche wimmelt es zwar vor mathematischen Formeln, aber die können nicht im Voraus berechnen, wie sich die Aktienkurse, Metall- oder Getreidepreise sich in naher Zukunft entwickeln werden. Mit Blick in die ferne Zukunft weiß man wenigstens, dass ein gut gemischtes Aktienportfolio und Gold, gemessen am Wert in Euro, Dollar oder in einer anderen Währung, nach 15 bis 20 Jahren die Kaufkraft erhalten dürften, je nach Kaufzeitpunkt vielleicht sogar erst nach 20 bis 30 Jahren - vorausgesetzt, die Börsenzyklen aus der Vergangenheit wiederholen sich auch in den nächsten Jahrzehnten.

Um nochmals auf VW, RWE und Eon zurückzukommen: Niemand konnte und kann im Voraus die Wucht erahnen, mit der die Aktie des Autokonzerns in die Tiefe gerissen wurde, niemand den wahren Schaden ermitteln, den die beiden Energiekonzerne durch die Energiewende erleiden. Der Fall VW hat bereits Kettenreaktionen ausgelöst: Zulieferer bekommen einen Haufen Probleme, auf Schadensersatz fixierte Anwaltskanzleien erheischen jede Menge an Aufträgen. Und mittendrin das zentrale deutsche Problem des Jahres 2015: Flüchtlinge.

Bund, Länder und Kommunen sind vorerst überfordert. Einen Großteil der jetzt kulminierenden Probleme haben sie sich selbst aufgebürdet, etwa mit dem VW-Gesetz und natürlich mit Merkels fatalem Spruch "Wir schaffen das", mit der die Immobilienpreise treibenden Grunderwerbsteuer oder mit der Beteiligung der Kommunen an RWE und Eon. Nur mal angenommen, dies führt zusammen mit noch so mancher Kettenreaktion zu mehr deutschen Arbeitslosen. Wie werden die reagieren, wenn sie erfahren, welche Vergünstigungen die ebenfalls arbeitslosen Flüchtlinge erhalten? Bestimmt nicht, indem sie alles schweigend erdulden. Pegida ist überall, schon die nächsten Landtagswahlen werden es zeigen.

Die Erkenntnis aus all dem: 1. Die fetten Jahre sind vorbei. 2. Rechnen Sie vorsorglich mit finanziellen Verlusten, sei es durch Kurzarbeit, höhere Steuern, Pech bei der Geldanlage oder sonstige Kalamitäten. 3. Misstrauen Sie Aussagen zur Machbarkeit von Überrenditen. 4. Planen Sie Ihre Finanzen, ausgehend vom Kassensturz bis zum Abstecken von Zielen. 5. Streuen Sie Ihr Vermögen unter strenger Beachtung des Timings in Geld auf dem Konto, Gold, später (nach einem stärkeren Kursrückgang) Aktien und, falls Ihr Vermögen groß genug ist, eine selbst genutzte Immobilie in guter Lage und mit Aussicht auf einen späteren Verkauf.

Diese Vorschläge kommen Ihnen als ständigen Lesern meiner Beiträge sicher bekannt vor. Sie können indes nicht oft genug wiederholt werden.

Schließlich noch eine kleine Geschichte zum Schmunzeln, die ich in einer Fernsehzeitschrift entdeckt habe: Der reiche amerikanische Schauspieler Johnny Depp will sich seine Gage in Höhe von 100 Millionen Dollar für seine Rolle im Film "Fluch der Karibik 5" in Goldbarren auszahlen lassen. Da behaupte noch jemand, die Amis hätten etwas gegen Gold.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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