Interview: Jim Rogers zu Gold und dem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und den USA
16.10.2015 | James West
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Jim Rogers: Es ist wahr, dass Politiker und Bürokraten in der Vergangenheit schon oft Kriege erklärt haben, um die Bevölkerung von anderen Problemen abzulenken. Ich bin mir nicht sicher, ob es sich dabei um eine bewusste Entscheidung handelt, ob sie sich hinsetzen und sagen "Mh, wir haben da ein Problem. Lasst uns einen Krieg beginnen", oder ob das auf natürliche Weise passiert. In jedem Fall steht außer Frage, dass dieser Konflikt viele von uns von der Tatsache ablenkt, dass es der Wirtschaft alles andere als gut geht. Der Wirtschaft geht es weltweit nicht gut. Die gegenwärtige Situation sorgt mit Sicherheit dafür, dass die Menschen andere Dinge im Kopf haben. Sie könnte einigen Bereichen der Weltwirtschaft aber auch neues Leben einhauchen. Das ist natürlich keine gute Art, die Wirtschaft wiederzubeleben - am Ende werden nicht nur viele Leben, sondern auch mehr Kapital zerstört, als mit Krieg geschaffen wird - aber in der Geschichte ist es schon viele Male genau so passiert.
James West: Zweifellos. Gut, wenn wir schon einmal die Gelegenheit haben, Sie danach zu fragen: Wie verhalten Sie sich derzeit an den Märkten?
Jim Rogers: Ich stehe eigentlich hauptsächlich am Rand und beobachte das Geschehen, ich tue im Moment nicht allzu viel. Insofern sich überhaupt eine Prognose treffen lässt, denke ich, dass die Kurse fallen werden, denn in den letzten sechs Jahren hatten wir in den USA und damit auch im Großteil der restlichen Welt einen Aufwärtstrend fast ohne Korrekturen. Ich muss die beste Strategie erst noch finden. Ich halte einige Long-Positionen und einige Short-Positionen, aber hauptsächlich beobachte ich die Märkte und versuche, eine Strategie zu entwickeln.
Kürzlich habe ich einige russische Aktien gekauft, nicht besonders viele. Ich habe auch ein paar Aktien in Afrika gekauft, auch nicht sehr viele. Ich bin mir nicht sicher, wie es weitergeht und das liegt zum Teil auch an den Ereignissen in Syrien. Plötzlich bombardieren die Russen nicht nur den IS, sondern auch uns, wer weiß schon, wie das enden wird?
James West: Okay. Wie ich sehe, warten Sie also lieber erst einmal ab. Konnten Sie feststellen, dass einige der großen Kapitalgesellschaften weltweit auf eine ähnliche Strategie umsteigen, sich aus den Märkten zurückziehen und sich sagen "Bringen wir erst einmal unsere Schäfchen ins Trockene und beobachten, wie sich die Situation entwickelt"? Werden wir eine schrittweise Verringerung der Kapitalmengen sehen, die an den globalen Märkten arbeiten?
Jim Rogers: Nun, ich bin nicht so schlau, wie die Leute, über die Sie reden. Ich habe viel Geld, und ich habe viele US-Dollars. Bei den Währungen ist der US-Dollar meine größte Long-Position und der Grund dafür ist nicht, dass ich vom Dollar besonders begeistert bin. Der Dollar ist eine schrecklich mickrige Währung. Wir sind in der gesamten Weltgeschichte die größte Schuldnernation.
Aber vor uns liegen unruhige Zeiten, und in solchen Zeiten fliehen die Menschen immer in einen sicheren Hafen. Die meisten Menschen halten den US-Dollar für einen sicheren Hafen. Das ist er nicht, denn wir haben, wie gesagt, den größten Schuldenberg der Welt, aber die Leute wissen nicht, was sie stattdessen tun sollen. Sie kaufen keine Positionen auf den Yen oder den Euro, nein, sie kaufen US-Dollars. Also habe ich auch viele Long-Positionen auf den Dollar.
James West: Ich verstehe. Ist Gold Ihrer Ansicht nach kein sicherer Hafen mehr?
Jim Rogers: Nun, ich besitze Gold, einiges Gold. Ich denke nicht, dass es im Moment einen sicheren Hafen darstellt, aber es könnte wieder zu einem werden. Ich meine, wenn Krieg ausbricht, werden viele Menschen den Schutz suchen, den Gold bietet und ich werde auch mehr Gold kaufen, für 1.500 Dollar oder jeden anderen Preis. Ich bin froh, wenn ich es kriegen kann.
Wenn die Investoren auf den US-Dollar zurückgreifen und der Dollar steigt, dann sinkt der Goldkurs oft - oft, aber nicht immer. Die Leute werden ihr Kapital in Dollar anlegen, weil sie denken, das wäre der bessere sichere Hafen. Ich bin mir im Moment nicht sicher, ob ich mehr Dollars oder mehr Gold besitze, aber ich erwarte, dass der Dollar steigt und der Druck auf den Goldpreis zunimmt. Aber ich verkaufe mein Gold nicht. Es ist meine Versicherung. Im Moment tue ich gar nichts.
James West: Okay. Vor Kurzem sind Sie dem Vorstand eines russischen Kali- oder eher Phosphatproduzenten beigetreten. Heißt das, dass Sie bezüglich der landwirtschaftlichen Rohstoffe nach wie vor eher optimistisch sind?
Jim Rogers: Ja genau. Das war übrigens ein Fehler, es handelt sich um ein Phosphorunternehmen, nicht um ein Kaliunternehmen. Es heißt PhosAgro OAO und zählte zu meiner Überraschung zu den Unternehmen, deren Aktien in diesem Jahr in US-Dollar weltweit die beste Performance zeigten. Damit habe ich also zumindest eine Sache absolut richtig gemacht.
Was die Landwirtschaft betrifft, bin ich sehr optimistisch. Ich war auch optimistisch in Bezug auf Russland, weil das Land über gewaltige Vermögenswerte verfügt, die zur Zeit sehr, sehr billig sind. Die Landwirtschaftsprodukte sind ebenfalls extrem billig und haben großartige Zukunftsaussichten, wenn Sie mich fragen. Im Russland kam also alles zusammen, günstiger Dünger, günstige Aktien.
James West: Okay. Eine letzte Frage noch: Haben Sie derzeit ein neues Buch in Arbeit?
Jim Rogers: Nein, nein. Ich dachte nie, dass ich Bücher schreiben würde, und plötzlich hatte ich schon sechs Stück veröffentlicht. Ich glaube nicht, dass ich noch mehr schreiben werde. Aber wer weiß, ich habe gelernt, niemals "nie" zu sagen.
James West: Gut, Mr. Rogers, vielen Dank, dass Sie sich heute für uns Zeit genommen haben.
Jim Rogers: Ich danke Ihnen.
Hier können Sie das Telefoninterview im Original anhören.
© James West
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Dieser Artikel wurde am 14. Oktober 2015 auf MidasLetter.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.