Edelmetalle Aktuell
22.05.2006 | Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Edelmetalle wie Gold, Silber, Platin und die Platingruppenmetalle Palladium, Iridium, Osmium, Ruthenium und Rhodium gehören zum Kerngeschäft der W.C. Heraeus GmbH mit Stammsitz in Hanau. Das Tochterunternehmen Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH ist für den weltweiten Handel der Edelmetalle im Konzern tätig. In einem wöchentlich erscheinenden Marktbericht veröffentlicht das Unternehmen einen Marktüberlick in mehreren Sprachen.
Das gelbe Metall hatte in der letzten Woche ja noch deutlich über 700 $ je Unze notiert, als wir unsere Zweifel bezüglich des weiteren, kurzfristigen Kursverlaufs anmeldeten. Auch wenn wir naturgemäß nicht über eine Kristallkugel verfügen, die uns den weiteren Kursverlauf prognostizieren würde, wurde unsere zur Vorsicht mahnende Einschätzung schon am Montag bestätigt. Das Gold fiel an diesem Tag um beinahe 50 auf 677 $ je Unze zurück. Die Verkäufe waren ein Resultat von Gewinnmitnahmen, die nicht nur dem Gold, sondern den Rohstoffmärkten im Allgemeinen zusetzten.
Das Metall fiel am Dienstag noch weiter, mit 674,50 $ je Unze erreichte es das Wochentief und das niedrigste Niveau der letzten beiden Wochen. Ein Anstieg des Euros gegenüber dem Dollar auf fast 1,30 und eine Erholung der Notierungen für Öl und NE-Metalle führten dann aber zu einer eindrucksvollen Rückkehr des Goldpreises. Innerhalb weniger Stunden erreichte das Metall wieder einen Wert von 716 $ je Unze. In den vergangenen Wochen hätten sich in einer solchen Situation stets neue Käufer gefunden, die das Metall dann weiter vorangebracht hätten. Diesmal kam es anders: Der Preis fiel, von Gewinnmitnahmen unter Druck gesetzt, sofort wieder und erreichte schon am Donnerstagmorgen Werte unter 680 $ je Unze.
Das rasche Einknicken des Goldpreises nach diesen letzten Gewinnen macht uns für die kommenden Tage eher skeptisch. Längerfristig betrachtet gibt es gute Gründe für einen hohen Goldpreis, eine steigende Inflation, geopolitische Unsicherheiten, der Zwang zur Portfolio-Diversifikation bei Anlegern und die Aussichten auf abnehmende Zentralbankverkäufe sind nur einige der positiven Faktoren. Aber der jüngste Preisanstieg ging zu schnell und führte zu weit. Und die bisher in dieser Woche erfolgte Konsolidierung könnte noch nicht ausreichen, um eine Basis für eine langsame, aber gleichwohl gesündere Entwicklung zu bilden.
Für die nächste Woche erwarten wir deshalb zunächst eine Seitwärtsentwicklung in einem Band zwischen 655 und 695 $ je Unze.
Die niedrigeren Preise haben übrigens zu einem Aufleben der physischen Nachfrage durch industrielle Endabnehmer geführt. Die Käufe von dieser Seite haben dabei die unvermindert andauernden Abgaben der privaten Anleger, die noch immer ihre Münzen und Barren zu Geld machen, weitgehend aufgewogen.
Die südafrikanische Nummer Zwei unter den Goldproduzenten, Gold Fields Ltd., hat in der letzten Zeit den Anteil am Lokalrivalen Western Areas auf 15,47 Prozent aufgestockt. Die South Deep Mine, die sich zu jeweils 50 Prozent im Besitz von Western Areas und von Barrick befindet, grenzt an die Kloof-Mine von Gold Fields. South Deep wird von Geologen als eine der umfangreichsten und tiefsten, goldhaltigen Erzlagerstätten angesehen.
Nach einer Mitteilung der südafrikanischen Bergbaukammer ist die lokale Ausbringung an Gold im letzten Quartal um 10,9 Prozent auf 68 Tonnen gefallen. Die Produktion habe damit in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent abgenommen, vor allem weil die einstmals hoch goldhaltigen Erzvorräte mehr und mehr abgebaut seien.
Auch der Silberpreis konnte sich der Korrektur an den Rohstoffmärkten nicht entziehen - im Gegenteil: Das Metall fiel am Donnerstag bis auf 12,52 USD per Unze und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Ende April. Ausschlaggebend für die Korrektur waren neben dem festeren Dollar hauptsächlich Gewinnmitnahmen spekulativ orientierter Marktteilnehmer. Die physische Nachfrage von institutionellen, aber auch privaten Anlegern, zog auf dem Weg nach unten leicht an. Sie reichte aber nicht aus, um den erwähnten Kursverfall nachhaltig zu bremsen. Mit drei Mio. Unzen Absatz alleine am Donnerstag verzeichnete der Silber-Fonds(ETF) in den USA gleichwohl eine unverändert gute Nachfrage. Insgesamt hält der Fonds nunmehr 73 Millionen Unzen.
Der Verfall des Silberpreises am Donnerstag fand ungeachtet eines schwächeren Dollars statt - ein Faktor, der das Metall normalerweise unterstützt. Der Kursrückgang ging übrigens einher mit deutlichen Verlusten an den Börsen vieler Schwellenländer. Dies kann ein Zeichen dafür sein, dass Investoren Liquidität aus risikoreicheren Anlagen abziehen, zu denen auch die Edelmetalle gehören. Diese Positionsbereinigung könnte noch einige Zeit anhalten. Obwohl das Metall inzwischen technisch überverkauftes Terrain erreicht hat, schließen wir daher eine kurzfristige Fortsetzung der Korrektur nicht aus. Diese Einschätzung teilt auch die Vereinigung europäischer Konjunkturinstitute (AIECE).
Sie sieht bei Rohstoffen, "deren Preise sich deutlich von ihren fundamentalen Bestimmungsfaktoren gelöst haben" die Möglichkeit einer andauernden Korrektur. Die AIECE macht unter anderem die Aktivitäten von Finanzinvestoren für einen großen Teil des Anstiegs verantwortlich. Die Vereinigung geht übrigens für die zweite Jahreshälfte und für 2007 von einem Konjunkturrückgang aus, was sicherlich nicht ohne Folgen für die Rohstoffpreise bleiben würde.
Wie wir in unserem Bericht am letzten Freitag vermerkten, stieg das Metall an diesem Tag noch einmal massiv an und erreichte ein neues Allzeithoch bei 1.338 $ je Unze. Hinter den Kursgewinnen steckten offensichtlich Terminsicherungsgeschäfte industrieller Marktteil-nehmer. Ein Indiz für diese Vermutung ist auch die Tatsache, dass am Freitagnachmittag erstmals seit längerer Zeit wieder aktiv Metall auf dem Leihemarkt angeboten wurde, wodurch es in der Folge zu einem leichten Rückgang der langfristigen Zinsen kam. Händler äußerten die Vermutung, dass zwischen 50.000 und 100.000 Unzen Platin über Termingeschäfte aus dem Markt genommen wurden und dass das Metall nun bis zur Fälligkeit der Abschlüsse dem Leihemarkt zur Verfügung stehen könnte.
Als das Kaufinteresse dann nachließ, begann das Platin zu fallen und bis zum Montag notierte es bereits wieder bei nur noch 1.262 $ je Unze. Die Verluste wurden aber nicht nur durch fehlende Anschlusskäufe verursacht, sondern standen auch in einem Zusammenhang mit der Veröffentlichung der jüngsten Marktdaten zu den Platinmetallmärkten durch den englischen Weiterverarbeiten Johnson Matthey. Die Zahlen fielen am Ende nämlich etwas weniger freundlich für den Preis aus, als einige Spekulanten gehofft hatten.
So teilten die Engländer mit, dass der Platinmarkt zwar auch 2005 noch ein Defizit verzeichnet habe, allerdings betrug die Lücke im vergangenen Jahr nur 70.000 Unzen und war damit vergleichsweise klein.
Für das aktuelle Jahr sieht die indirekt von der südafrikanischen Minenindustrie finanzierte Marktstudie keine große Änderung im Vergleich zu 2005. Dies heißt aber auch, dass das weiße Metall zum achten Mal hintereinander ein Defizit aufweisen wird und am Ende des Jahres der kumulierte Nachfrageüberhang aus dieser Zeit schon über zwei Millionen Unzen betragen wird.
Im letzten Jahr habe, so JM weiter, die Produktion von Platin bei 6,63 Millionen Unzen gelegen. Auf der Nachfrageseite gab es eine Verlagerung weg von der Schmuckindustrie (-200.000 Unzen) und hin zur Autoindustrie (+330.000 Unzen). Eine höhere Nachfrage wird darüber hinaus auch aus anderen Industriezweigen berichtet, darunter fällt die Glas- aber auch die Elektronikindustrie.
Den Kursverlusten vom Montag folgte dann umgehend wieder ein Anstieg der Notierung. Dieser ging diesmal aber in erster Linie auf spekulative Käufe angesichts eines stark steigenden Goldpreises zurück. Am Mittwoch erreichte das Metall dann erneut den Höchstkurs vom letzten Freitag, bevor leichte Gewinnmitnahmen es bis zum Freitagmittag in einer Spanne zwischen 1.300 und 1.320 $ je Unze verharren ließen.
Nach vorne blickend steht zu vermuten, dass das weiße Metall auch weiterhin eine Geisel der Entwicklung auf den anderen Rohstoffmärkten sein wird. Da die fundamentale Lage im Moment aber noch besser aussieht, als bei Gold, Palladium und Silber, dürfte es das Platin zumindest schaffen, bei der erwarteten Konsolidierung der Metallmärkte besser als die Schwestermetalle abzuschneiden. Kurzfristig empfehlen wir industriellen Verbrauchern, ab einem Preis von 1.270 $ je Unze Metall einzudecken, das in nächster Zeit für die Produktion benötigt wird. Die obere Seite sollte man dabei aber auch nicht ganz außer Acht lassen. Sollte das Platin den jüngsten Höchstkurs erfolgreich durchbrechen können, gäbe es nämlich eine Menge Aufwärtspotential.
Der Übernahmepoker in der kanadischen Minenindustrie setzte sich auch in der vergangenen Woche fort und wurde dabei auf einen weiteren Spieler ausgedehnt. Eine Woche, nachdem Teck Cominco 16,7 Mrd. Dollar für den kanadischen Nickel- und Platinmetallproduzenten Inco geboten und dabei einen Verzicht auf den von Inco geplanten Zusammenschluss mit Falconbridge gefordert hatte, wurde für die letztgenannte Firma nun ein Angebot des in der Schweiz beheimateten Unternehmens Xstrata abgegeben. Die Schweizer, die bereits mit einem Anteil von rund 20 Prozent größter Anteilseigner an Falconbridge sind, bieten ihrerseits 18,1 Mrd. Dollars für die Kanadier. Diese lehnten das Übernahmeangebot umgehend ab und verwiesen darauf, dass dabei die Synergieeffekte eines möglichen Zusammenschlusses von Falconbridge mit Inco nicht ausreichend gewürdigt würden.
Anfänglich gab es diese Woche einige Anzeichen, dass die Regierung von Zimbabwe nun doch nicht die Gans schlachten wolle, die ihr (in diesem Fall) platin-farbene Eier legt. So berichtete die Nachrichtenagentur Platts, dass ein Abkommen zwischen der Regierung und der Minenindustrie unmittelbar bevorstünde. Danach würde die Regierung bei der Übernahme von Anteilen an Minen eine Entschädigung zahlen. Außerdem sei die Regierung ggf. auch mit Anteilen unterhalb der ursprünglich geplanten 51%-Marke zufrieden. Ob es am Ende aber tatsächlich zu einer Einigung kommen wird, ist trotz der positiven Presseberichte nicht sicher. Schon einen Tag nach deren Erscheinen sagte Präsident Mugabe bei einer politischen Versammlung, dass "Regierung und Volk" auf jeden Fall eine Mehrheit an den Minen übernehmen wollten.
Das Palladium hatte in dieser Woche deutlich weniger Glück als sein Schwestermetall Platin. Während es in der Vorwoche noch bei 404 $ je Unze und damit auf einem neuen 4-Jahreshoch notiert hatte, verlor es in dieser Woche schon am Montag massiv an Wert. Innerhalb von nur drei Stunden fiel die Notierung dabei von 395 $ je Unze auf nur noch 350 $ je Unze.
Die von JM veröffentlichten Zahlen waren für Palladium deutlich negativer als für das Platin ausgefallen. Zum sechsten Mal habe das weiße Metall im letzten Jahr einen Angebotsüberhang verzeichnet, auch wenn dieser langsam, aber sicher zurückgeht. Im Falle einer größeren Verkaufswelle durch Fonds wollte JM deshalb auch einen Preisverfall auf bis zu 260 $ je Unze nicht ausschließen.
Die meisten Absatzfelder zeigten den Engländern zufolge im letzten Jahr eine positive Tendenz, wobei die chinesische Schmucknachfrage mit einem Plus von 54 Prozent am deutlichsten herausstach. Die Käufe der Automobilindustrie stiegen im Vergleich dazu moderat um gerade einmal ein Prozent. Die Produktion fiel dagegen um zwei Prozent auf 8,39 Mio. Unzen, die Rückgewinnung aus Recycling stieg aber um 19 Prozent auf 630.000 Unzen. Hier macht sich die Tatsache bemerkbar, dass nun zunehmend Autos aus den späten achtziger und frühen neunziger Jahren mit einem hohen Palladiumgehalt in ihren Katalysatoren verschrottet werden.
Industrielles Kaufinteresse beflügelte in der letzten Woche einmal mehr das Rhodium, dessen Wert sich innerhalb von acht Tagen um erstaunliche 1.000 auf 6.200 $ je Unze erhöhte. JM verweist in diesem Zusammenhang auf ein, auf 58.000 Unzen gestiegenes Defizit vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage aus der Automobil-, Glas- und Chemieindustrie. Insgesamt habe der Absatz im Jahr 2005 bei 812.000 Unzen gelegen, während das Angebot um fünf Prozent auf 754.000 Unzen gestiegen sei.
Wir erwarten, dass sich die positive Tendenz auch in der kommenden Woche fortsetzt, ein Anstieg auf Preise über 7.000 $ je Unze und damit auf ein neues Allzeithoch ist nicht länger auszuschließen.
Weil sich in dieser Woche alle Augen auf die fünf Hauptmetalle richteten, blieb für Iridium und Ruthenium vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit übrig. Deren Preise lagen deshalb unverändert bei 400 bzw. 180 $ je Unze. Das industrielle Kaufinteresse hier hält aber an, es ist deshalb zu früh, auf ein Ende der jüngsten Aufwärtsbewegung zu spekulieren.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.
- Gold
Das gelbe Metall hatte in der letzten Woche ja noch deutlich über 700 $ je Unze notiert, als wir unsere Zweifel bezüglich des weiteren, kurzfristigen Kursverlaufs anmeldeten. Auch wenn wir naturgemäß nicht über eine Kristallkugel verfügen, die uns den weiteren Kursverlauf prognostizieren würde, wurde unsere zur Vorsicht mahnende Einschätzung schon am Montag bestätigt. Das Gold fiel an diesem Tag um beinahe 50 auf 677 $ je Unze zurück. Die Verkäufe waren ein Resultat von Gewinnmitnahmen, die nicht nur dem Gold, sondern den Rohstoffmärkten im Allgemeinen zusetzten.
Das Metall fiel am Dienstag noch weiter, mit 674,50 $ je Unze erreichte es das Wochentief und das niedrigste Niveau der letzten beiden Wochen. Ein Anstieg des Euros gegenüber dem Dollar auf fast 1,30 und eine Erholung der Notierungen für Öl und NE-Metalle führten dann aber zu einer eindrucksvollen Rückkehr des Goldpreises. Innerhalb weniger Stunden erreichte das Metall wieder einen Wert von 716 $ je Unze. In den vergangenen Wochen hätten sich in einer solchen Situation stets neue Käufer gefunden, die das Metall dann weiter vorangebracht hätten. Diesmal kam es anders: Der Preis fiel, von Gewinnmitnahmen unter Druck gesetzt, sofort wieder und erreichte schon am Donnerstagmorgen Werte unter 680 $ je Unze.
Das rasche Einknicken des Goldpreises nach diesen letzten Gewinnen macht uns für die kommenden Tage eher skeptisch. Längerfristig betrachtet gibt es gute Gründe für einen hohen Goldpreis, eine steigende Inflation, geopolitische Unsicherheiten, der Zwang zur Portfolio-Diversifikation bei Anlegern und die Aussichten auf abnehmende Zentralbankverkäufe sind nur einige der positiven Faktoren. Aber der jüngste Preisanstieg ging zu schnell und führte zu weit. Und die bisher in dieser Woche erfolgte Konsolidierung könnte noch nicht ausreichen, um eine Basis für eine langsame, aber gleichwohl gesündere Entwicklung zu bilden.
Für die nächste Woche erwarten wir deshalb zunächst eine Seitwärtsentwicklung in einem Band zwischen 655 und 695 $ je Unze.
Die niedrigeren Preise haben übrigens zu einem Aufleben der physischen Nachfrage durch industrielle Endabnehmer geführt. Die Käufe von dieser Seite haben dabei die unvermindert andauernden Abgaben der privaten Anleger, die noch immer ihre Münzen und Barren zu Geld machen, weitgehend aufgewogen.
Die südafrikanische Nummer Zwei unter den Goldproduzenten, Gold Fields Ltd., hat in der letzten Zeit den Anteil am Lokalrivalen Western Areas auf 15,47 Prozent aufgestockt. Die South Deep Mine, die sich zu jeweils 50 Prozent im Besitz von Western Areas und von Barrick befindet, grenzt an die Kloof-Mine von Gold Fields. South Deep wird von Geologen als eine der umfangreichsten und tiefsten, goldhaltigen Erzlagerstätten angesehen.
Nach einer Mitteilung der südafrikanischen Bergbaukammer ist die lokale Ausbringung an Gold im letzten Quartal um 10,9 Prozent auf 68 Tonnen gefallen. Die Produktion habe damit in den letzten zehn Jahren um 40 Prozent abgenommen, vor allem weil die einstmals hoch goldhaltigen Erzvorräte mehr und mehr abgebaut seien.
- Silber
Auch der Silberpreis konnte sich der Korrektur an den Rohstoffmärkten nicht entziehen - im Gegenteil: Das Metall fiel am Donnerstag bis auf 12,52 USD per Unze und erreichte damit den niedrigsten Stand seit Ende April. Ausschlaggebend für die Korrektur waren neben dem festeren Dollar hauptsächlich Gewinnmitnahmen spekulativ orientierter Marktteilnehmer. Die physische Nachfrage von institutionellen, aber auch privaten Anlegern, zog auf dem Weg nach unten leicht an. Sie reichte aber nicht aus, um den erwähnten Kursverfall nachhaltig zu bremsen. Mit drei Mio. Unzen Absatz alleine am Donnerstag verzeichnete der Silber-Fonds(ETF) in den USA gleichwohl eine unverändert gute Nachfrage. Insgesamt hält der Fonds nunmehr 73 Millionen Unzen.
Der Verfall des Silberpreises am Donnerstag fand ungeachtet eines schwächeren Dollars statt - ein Faktor, der das Metall normalerweise unterstützt. Der Kursrückgang ging übrigens einher mit deutlichen Verlusten an den Börsen vieler Schwellenländer. Dies kann ein Zeichen dafür sein, dass Investoren Liquidität aus risikoreicheren Anlagen abziehen, zu denen auch die Edelmetalle gehören. Diese Positionsbereinigung könnte noch einige Zeit anhalten. Obwohl das Metall inzwischen technisch überverkauftes Terrain erreicht hat, schließen wir daher eine kurzfristige Fortsetzung der Korrektur nicht aus. Diese Einschätzung teilt auch die Vereinigung europäischer Konjunkturinstitute (AIECE).
Sie sieht bei Rohstoffen, "deren Preise sich deutlich von ihren fundamentalen Bestimmungsfaktoren gelöst haben" die Möglichkeit einer andauernden Korrektur. Die AIECE macht unter anderem die Aktivitäten von Finanzinvestoren für einen großen Teil des Anstiegs verantwortlich. Die Vereinigung geht übrigens für die zweite Jahreshälfte und für 2007 von einem Konjunkturrückgang aus, was sicherlich nicht ohne Folgen für die Rohstoffpreise bleiben würde.
- Platin
Wie wir in unserem Bericht am letzten Freitag vermerkten, stieg das Metall an diesem Tag noch einmal massiv an und erreichte ein neues Allzeithoch bei 1.338 $ je Unze. Hinter den Kursgewinnen steckten offensichtlich Terminsicherungsgeschäfte industrieller Marktteil-nehmer. Ein Indiz für diese Vermutung ist auch die Tatsache, dass am Freitagnachmittag erstmals seit längerer Zeit wieder aktiv Metall auf dem Leihemarkt angeboten wurde, wodurch es in der Folge zu einem leichten Rückgang der langfristigen Zinsen kam. Händler äußerten die Vermutung, dass zwischen 50.000 und 100.000 Unzen Platin über Termingeschäfte aus dem Markt genommen wurden und dass das Metall nun bis zur Fälligkeit der Abschlüsse dem Leihemarkt zur Verfügung stehen könnte.
Als das Kaufinteresse dann nachließ, begann das Platin zu fallen und bis zum Montag notierte es bereits wieder bei nur noch 1.262 $ je Unze. Die Verluste wurden aber nicht nur durch fehlende Anschlusskäufe verursacht, sondern standen auch in einem Zusammenhang mit der Veröffentlichung der jüngsten Marktdaten zu den Platinmetallmärkten durch den englischen Weiterverarbeiten Johnson Matthey. Die Zahlen fielen am Ende nämlich etwas weniger freundlich für den Preis aus, als einige Spekulanten gehofft hatten.
So teilten die Engländer mit, dass der Platinmarkt zwar auch 2005 noch ein Defizit verzeichnet habe, allerdings betrug die Lücke im vergangenen Jahr nur 70.000 Unzen und war damit vergleichsweise klein.
Für das aktuelle Jahr sieht die indirekt von der südafrikanischen Minenindustrie finanzierte Marktstudie keine große Änderung im Vergleich zu 2005. Dies heißt aber auch, dass das weiße Metall zum achten Mal hintereinander ein Defizit aufweisen wird und am Ende des Jahres der kumulierte Nachfrageüberhang aus dieser Zeit schon über zwei Millionen Unzen betragen wird.
Im letzten Jahr habe, so JM weiter, die Produktion von Platin bei 6,63 Millionen Unzen gelegen. Auf der Nachfrageseite gab es eine Verlagerung weg von der Schmuckindustrie (-200.000 Unzen) und hin zur Autoindustrie (+330.000 Unzen). Eine höhere Nachfrage wird darüber hinaus auch aus anderen Industriezweigen berichtet, darunter fällt die Glas- aber auch die Elektronikindustrie.
Den Kursverlusten vom Montag folgte dann umgehend wieder ein Anstieg der Notierung. Dieser ging diesmal aber in erster Linie auf spekulative Käufe angesichts eines stark steigenden Goldpreises zurück. Am Mittwoch erreichte das Metall dann erneut den Höchstkurs vom letzten Freitag, bevor leichte Gewinnmitnahmen es bis zum Freitagmittag in einer Spanne zwischen 1.300 und 1.320 $ je Unze verharren ließen.
Nach vorne blickend steht zu vermuten, dass das weiße Metall auch weiterhin eine Geisel der Entwicklung auf den anderen Rohstoffmärkten sein wird. Da die fundamentale Lage im Moment aber noch besser aussieht, als bei Gold, Palladium und Silber, dürfte es das Platin zumindest schaffen, bei der erwarteten Konsolidierung der Metallmärkte besser als die Schwestermetalle abzuschneiden. Kurzfristig empfehlen wir industriellen Verbrauchern, ab einem Preis von 1.270 $ je Unze Metall einzudecken, das in nächster Zeit für die Produktion benötigt wird. Die obere Seite sollte man dabei aber auch nicht ganz außer Acht lassen. Sollte das Platin den jüngsten Höchstkurs erfolgreich durchbrechen können, gäbe es nämlich eine Menge Aufwärtspotential.
Der Übernahmepoker in der kanadischen Minenindustrie setzte sich auch in der vergangenen Woche fort und wurde dabei auf einen weiteren Spieler ausgedehnt. Eine Woche, nachdem Teck Cominco 16,7 Mrd. Dollar für den kanadischen Nickel- und Platinmetallproduzenten Inco geboten und dabei einen Verzicht auf den von Inco geplanten Zusammenschluss mit Falconbridge gefordert hatte, wurde für die letztgenannte Firma nun ein Angebot des in der Schweiz beheimateten Unternehmens Xstrata abgegeben. Die Schweizer, die bereits mit einem Anteil von rund 20 Prozent größter Anteilseigner an Falconbridge sind, bieten ihrerseits 18,1 Mrd. Dollars für die Kanadier. Diese lehnten das Übernahmeangebot umgehend ab und verwiesen darauf, dass dabei die Synergieeffekte eines möglichen Zusammenschlusses von Falconbridge mit Inco nicht ausreichend gewürdigt würden.
Anfänglich gab es diese Woche einige Anzeichen, dass die Regierung von Zimbabwe nun doch nicht die Gans schlachten wolle, die ihr (in diesem Fall) platin-farbene Eier legt. So berichtete die Nachrichtenagentur Platts, dass ein Abkommen zwischen der Regierung und der Minenindustrie unmittelbar bevorstünde. Danach würde die Regierung bei der Übernahme von Anteilen an Minen eine Entschädigung zahlen. Außerdem sei die Regierung ggf. auch mit Anteilen unterhalb der ursprünglich geplanten 51%-Marke zufrieden. Ob es am Ende aber tatsächlich zu einer Einigung kommen wird, ist trotz der positiven Presseberichte nicht sicher. Schon einen Tag nach deren Erscheinen sagte Präsident Mugabe bei einer politischen Versammlung, dass "Regierung und Volk" auf jeden Fall eine Mehrheit an den Minen übernehmen wollten.
- Palladium
Das Palladium hatte in dieser Woche deutlich weniger Glück als sein Schwestermetall Platin. Während es in der Vorwoche noch bei 404 $ je Unze und damit auf einem neuen 4-Jahreshoch notiert hatte, verlor es in dieser Woche schon am Montag massiv an Wert. Innerhalb von nur drei Stunden fiel die Notierung dabei von 395 $ je Unze auf nur noch 350 $ je Unze.
Die von JM veröffentlichten Zahlen waren für Palladium deutlich negativer als für das Platin ausgefallen. Zum sechsten Mal habe das weiße Metall im letzten Jahr einen Angebotsüberhang verzeichnet, auch wenn dieser langsam, aber sicher zurückgeht. Im Falle einer größeren Verkaufswelle durch Fonds wollte JM deshalb auch einen Preisverfall auf bis zu 260 $ je Unze nicht ausschließen.
Die meisten Absatzfelder zeigten den Engländern zufolge im letzten Jahr eine positive Tendenz, wobei die chinesische Schmucknachfrage mit einem Plus von 54 Prozent am deutlichsten herausstach. Die Käufe der Automobilindustrie stiegen im Vergleich dazu moderat um gerade einmal ein Prozent. Die Produktion fiel dagegen um zwei Prozent auf 8,39 Mio. Unzen, die Rückgewinnung aus Recycling stieg aber um 19 Prozent auf 630.000 Unzen. Hier macht sich die Tatsache bemerkbar, dass nun zunehmend Autos aus den späten achtziger und frühen neunziger Jahren mit einem hohen Palladiumgehalt in ihren Katalysatoren verschrottet werden.
- Rhodium
Industrielles Kaufinteresse beflügelte in der letzten Woche einmal mehr das Rhodium, dessen Wert sich innerhalb von acht Tagen um erstaunliche 1.000 auf 6.200 $ je Unze erhöhte. JM verweist in diesem Zusammenhang auf ein, auf 58.000 Unzen gestiegenes Defizit vor dem Hintergrund einer steigenden Nachfrage aus der Automobil-, Glas- und Chemieindustrie. Insgesamt habe der Absatz im Jahr 2005 bei 812.000 Unzen gelegen, während das Angebot um fünf Prozent auf 754.000 Unzen gestiegen sei.
Wir erwarten, dass sich die positive Tendenz auch in der kommenden Woche fortsetzt, ein Anstieg auf Preise über 7.000 $ je Unze und damit auf ein neues Allzeithoch ist nicht länger auszuschließen.
Weil sich in dieser Woche alle Augen auf die fünf Hauptmetalle richteten, blieb für Iridium und Ruthenium vergleichsweise wenig Aufmerksamkeit übrig. Deren Preise lagen deshalb unverändert bei 400 bzw. 180 $ je Unze. Das industrielle Kaufinteresse hier hält aber an, es ist deshalb zu früh, auf ein Ende der jüngsten Aufwärtsbewegung zu spekulieren.
© Wolfgang Wrzesniok-Roßbach
Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH
Disclaimer: Die in Edelmetalle Aktuell enthaltenen Informationen und Meinungen beruhen auf den Markteinschätzungen durch die Heraeus Metallhandelsgesellschaft mbH (Heraeus) zum Zeitpunkt der Zusammenstellung. Der Bericht ist nicht für Privatanleger gedacht, sondern richtet sich an Personen, die gewerbsmäßig mit Edelmetallen handeln. Die in diesem Bericht Informationen, Meinungen und Markteinschätzungen unterliegen dem Einfluss zahlreicher Faktoren sowie kontinuierlichen Veränderungen und stellen keinerlei Form der Beratung oder Empfehlung dar, eine eigene Meinungsbildung des Empfängers bleibt unverzichtbar. Preisprognosen und andere zukunftsgerich-tete Aussagen sind mit Risiken und Unwägbarkeiten verbunden und die tatsächlichen Ergebnisse und Entwicklungen können erheblich von den geäußerten Erwartungen und Annahmen abweichen. Heraeus und/oder Kunden können Transaktionen im Hinblick auf die in dieser Ausarbeitung genannten Produkte vorgenommen haben, bevor diese Informationen veröffentlicht wurden. Infolge solcher Transaktionen kann Heraeus über Informationen verfügen, die nicht in dieser Ausarbeitung enthalten sind. Heraeus übernimmt keine Verpflichtung, diese Informationen zu aktualisieren. Diese Ausarbeitung dient ausschließlich der Information des jeweiligen Empfängers. Sie darf weder in Auszügen noch als Ganzes ohne schriftliche Genehmigung durch Heraeus vervielfältigt oder an andere Personen weitergegeben werden. Die in dieser Ausarbeitung enthaltenen oder ihr zugrundeliegenden Informationen beruhen auf für zuverlässig und korrekt gehaltenen Quellen. Heraeus haftet jedoch nicht für die Richtigkeit, Genauigkeit und Vollständigkeit der Informationen sowie für etwaige Folgen ihrer Verwendung. Ferner übernimmt Heraeus keine Gewähr dafür, dass die genannten Preise tatsächlich erzielt worden sind oder bei entsprechenden Marktverhältnissen aktuell oder in Zukunft erzielt werden können.