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Spezialreport Öl - Dezember 2015

15.12.2015  |  Uli Pfauntsch
- Seite 2 -
Was kaum jemand weiß: in Bezug auf die nachgewiesenen Reserven (Proven Reserves) sind die Vereinigten Staaten ein globales Leichtgewicht. Die U.S. Energy Information Administation (EIA) veröffentlicht in regelmäßigen Abständen die nachgewiesenen Öl- und Gasreserven. Nachzulesen unter https://www.eia.gov/naturalgas/crudeoilreserves/

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Demnach belaufen sich die nachgewiesenen Reserven per Ende 2014 für sämtliche Tight Oil Plays auf 12.657 Millionen Barrel. Das bedeutet: Bei einem täglichen Ölverbrauch der Vereinigten Staaten von circa 20 Millionen Barrel, würden die gesamten Shale-Öl-Reserven der USA somit einem Eigenverbrauch von gerade einmal 21 Monaten entsprechen. Die Regierung selbst liefert den Beweis, dass die Aussagen von Obama nicht annähernd der Wahrheit entsprechen. Sieht so etwa eine Energie-Revolution, ein "Saudi-Amerika" aus?


Milliarden Barrel Öl lösen sich in Luft auf!

Das ist aber längst noch nicht alles. Denn als Reserven dürfen nur solche Öl- und Gasvorkommen gelten, die sich unter den gegebenen Bedingungen wirtschaftlich produzieren lassen. In 2009 sorgte die US-Öl-Lobby für eine Regeländerung, die es ermöglichte, Reserven für Wells zu verbuchen, die noch Jahre von der Bohrung entfernt liegen. Jetzt, wo ein Großteil der Projekte zu Ölpreisen um 40 Dollar pro Barrel unrentabel ist, werden sich Milliarden von Barrel Öl-Reserven in Luft auflösen. Chesapeake Energy etwa, wird das Äquivalent von 1,1 Milliarden Barrel Öl aus seinen Büchern streichen. Das entspricht satten 45 Prozent des gesamten Inventars.

Laut Bloomberg wird beispielsweise auch das Unternehmen Bill Barret Corp, mehr als 40 Prozent seiner Reserven verlieren und Oasis Petroleum 33 Prozent seiner Reserven. Das wahre Ausmaß wird sich erst mit den Q1-Berichten im kommenden Jahr zeigen. Die bisherigen Abschreibungen, die quartalsweise gemeldet werden, zeigen drastische Wertminderungen. Die 61 Unternehmen im Bloomberg North American E&P Index, haben über das Jahr bereits 143,8 Milliarden Dollar an Abschreibungen gemeldet.

Das bedeutet: Viele der Wells, die in die Reserven-Basis der Unternehmen eingerechnet sind, werden wahrscheinlich nie gebohrt. Nur dann, wenn sich die Ausgaben der Shale-Produzenten innerhalb des Cash-Flows bewegen, können diese Reserven zurückkommen. Doch selbst während des Booms, bei Ölpreisen von 100 Dollar pro Barrel, haben die US-Shale-Produzenten stets mehr Geld ausgegeben, als sie eingenommen haben.

Die SEC-Filings werden im kommenden Jahr offenbaren, dass die US-Tight-Oil-Reserven in Wahrheit noch sehr viel niedriger sind, als bislang behauptet. Tatsächlich sind die Vereinigten Staaten global nicht mehr als ein Öl-Leichtgewicht. Die propagierte Energie-Unabhängigkeit war aus meiner Sicht nicht mehr als ein Marketing-Trick der Wall Street, um Milliardengewinne aus der Finanzierung des "Shale-Booms" abzuschöpfen.


Darum kann der Ölpreis nicht auf diesen Niveaus bleiben

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Ölpreis WTI 2 Jahre


Goldman Sachs hält für die kommenden Monate einen Ölpreis-Verfall auf 20 Dollar nicht für ausgeschlossen. Für 2016 erwartet die Investmentbank nicht mehr als 45 Dollar pro Barrel. Die Internationale Energieagentur (IEA) sagte in ihrem jährlichen Ölpreis-Ausblick im letzten Monat voraus, dass die Ölpreise bis 2020 auf nicht mehr als 80 Dollar steigen würden.

Wie ernst sind solche Prognosen zu nehmen? Grundsätzlich wiederholt sich immer dasselbe Muster im Markt: Sind die Ölpreise hoch, kann sich niemand vorstellen, wie tief sie fallen können. Und sind die Ölpreise tief, kann sich niemand vorstellen, wie hoch sie steigen können.

Angenommen, die Ölpreise würden bis 2020 tatsächlich unter 80,00 Dollar pro Barrel bleiben: Die Folge wäre, dass eine Reihe von Ölförderstaaten unmittelbar zusammenbricht - Venezuela, Iran, Irak, Nigeria, Angola.

Bis dahin würde selbst Saudi Arabien, der weltgrößten Öl-Förderstaat, bankrott sein. Das Königreich sitzt noch auf knapp über 600 Milliarden Dollar Cash-Reserven - genug, um die niedrigen Ölpreise kurzfristig auszusitzen. Doch der Internationale Währungsfonds (IWF) warnte kürzlich, dass Saudi Arabien bei anhaltend hohen Staatsausgaben in weniger als fünf Jahren komplett das Geld ausgeht. Nicht viel besser sieht es für Russland aus. Aufgrund der unzureichenden Investitionen in neue Felder und Equipment, wird ein Rückgang der russischen Produktion ab dem kommenden Jahr erwartet.

Was passiert, wenn ein Ölförderstaat zerfällt, zeigt sich in Libyen. Als Gaddafi noch als Diktator im Amt war, produzierte das Land noch 1,6 Millionen Barrel Öl pro Tag. Inzwischen ist die libysche Produktion laut Reuters auf 300.000 Barrel pro Tag eingebrochen.

Saudi Arabien wird keinesfalls abwarten, ehe die Devisenreserven bis 2018 auf unter 200 Milliarden Dollar sinken und eine Kapitalflucht einsetzt. Lange vorher werden wir eine Kürzung der Fördermengen sehen.


Öl - Angebot und Nachfrage!

Seit Februar 2014 produziert die Welt mehr Öl, als sie verbraucht. Die weltweiten Öl-Lagerbestände haben einen Rekordwert von knapp 3 Milliarden Barrel erreicht - auch in den USA sind die Öllager mit knapp 500 Millionen Barrel so voll wie seit 80 Jahren nicht mehr.


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