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Der etwas andere Blick in die Zukunft

27.12.2015  |  Manfred Gburek
Manchmal braucht man gedankliche Schubser, um auch über Tendenzen nachzudenken, die sich jenseits des Mainstreams abspielen. Solche Schubser sollten natürlich nicht dazu führen, dass Sie Meinungen 1 zu 1 übernehmen. Aber als Anregung, um zu erforschen, was dahintersteckt, taugen sie allemal. Im Folgenden handelt es sich nur um eine kleine Auswahl. Erweitern Sie sie, indem Sie den Dingen mithilfe von Recherchen im Internet und anderswo auf den Grund gehen.

Horoskope sind nicht mein Ding. Aber wenn viele Menschen nach ihnen handeln, zum Beispiel ein Großteil der Erwachsenen unter den bald 1,4 Milliarden Chinesen, sollte man sie nicht ganz abtun.

Am 9. Februar beginnt in China das Jahr des Affen. Es steht dafür, dass alles möglich ist, also für Überraschungen. Affen sind unruhige Lebewesen, die überwiegend von Baum zu Baum hüpfen und keine Ruhe lassen. In einem Jahr des Affen geborene Menschen packen gern an und sind erfolgreich. Zuletzt handelte es sich um die Jahrgänge 1968, 1980, 1992 und 2004. Dabei will ich es zunächst bewenden lassen und nur noch zusätzlich betonen, dass China,wie wir im Herbst dieses Jahres erfahren haben, die internationalen Finanzmärkte gehörig durcheinanderbringen kann, Wiederholung möglich.

Überraschungspotenzial bieten auch russische Aktien, und zwar im positiven Sinn. Das behauptet jedenfalls die Schweizer Fondsgesellschaft GAM in einer aktuellen Studie.

Begründung: Russlands Zentralbank werde den Leitzins im Lauf des Jahres 2016 kräftig senken. Das dürfte die Erholung der Konjunktur stützen. Unter den Aktien haben es den GAM-Analysten unter anderem Sberbank, Surgutneftegas und Bashneft angetan. Als möglichen Kurstreiber erwähnen sie - neben hohen Dividendenrenditen - die ausgesprochen günstige Konstellation, wonach bei exportintensiven russischen Energiekonzernen Kosten im schwachen Rubel, Erlöse dagegen zu einem großen Teil im relativ starken Dollar anfallen.

In ihrer alljährlichen, im Vergleich zu den üblichen Vorhersagen konträren Prognose geht die Saxobank für das Jahr 2016 von den folgenden Entwicklungen aus: Der Euro steigt gegen den Dollar auf einen Wert von 1,23. Der Rubel legt um 20 Prozent zu. Amerikas Vorzeigekonzerne aus dem Silicon Valley neigen zur Schwäche. Aktien aus Schwellenländern tendieren positiv. Der Ölpreis peilt 100 Dollar je Barrel (159 Liter) an. Es kommt zum Ausverkauf von Unternehmensanleihen. Die El Nino-Wetterturbulenzen lassen die Inflation sprunghaft steigen. Der Silberpreis geht in die Höhe.

Wer solche Prognosen abgibt, legt es bewusst darauf an, gegen den Mainstream zu schwimmen. Das mag sich zwar in dem einen oder anderen Fall als richtig erweisen, vielleicht sogar in der Mehrheit der Fälle. Aber denken Sie immer daran: Hier geht es um die eingangs erwähnten Schubser. Grübeln Sie dann selbst darüber, was wohl den Euro zum Anstieg gegen den Dollar oder den Silberpreis nach mehr als vier frustrierenden Jahren aufwärts treiben könnte.

Ich hätte da eine Antwort. Erst zum Euro-Dollar-Verhältnis: Es richtet sich in starkem Maß nach den Renditen von Staatsanleihen. Diese Renditen sind bei Bundesanleihen bis zu fünfjährigen Laufzeiten negativ; zehnjährige machen gerade mal knapp 0,7 positive Prozent aus. Dagegen sind US-Staatsanleihen allesamt im positiven Renditebereich; zehnjährige liegen bei knapp 2,3 Prozent, was im Vergleich zu Bundesanleihen immerhin einen Unterschied von 1,6 Prozentpunkten ausmacht.

Daran lässt sich die Frage anknüpfen: Spricht der aktuelle Renditeunterschied für einen Dollar-Anstieg, weil die Renditen drüben höher sind, oder für einen Dollar-Rückgang, weil man an den Finanzmärkten mit einem wegen schwächelnder US-Konjunktur rückläufigen Dollar rechnet? Die zweite Alternative hat also, wenn man in die Zukunft schaut, trotz des aktuellen amerikanischen Renditevorteils durchaus ihren potenziellen Charme.

Nun zum Silber. Wenn man seinen jetzigen Preis mit der Preisentwicklung in den vergangen Jahren vergleicht, ist es in der Tat besonders günstig zu haben. Doch das galt, im Rückspiegel betrachtet, auch schon vor einem Jahr, vor zwei, drei und vier Jahren.

Hier muss man sich fragen, was die Wende nach oben auslösen könnte - aber auch, was eventuell gegen Silber spricht. Es wird ja oft als kleiner Bruder des Goldes bezeichnet. Folglich leidet es unter dessen Preiseskapaden. Umgekehrt: Steigt der Goldpreis, zieht er den Silberpreis mit nach oben. Es gibt indes noch eine ganze Reihe weiterer Einflussfaktoren, zuvorderst die gigantischen Schulden weltweit und das marode Währungssystem. Die sprechen für Gold und in seinem Gefolge auch für Silber.

Die deutschen Schulden werden 2016 einen gewaltigen Schub nach oben bekommen, weil der Flüchtlingsstrom nicht anders finanziert werden kann. Das ist absehbar, zumal die schwarz-rote Koalition aus wahltaktischen Erwägungen sehr vorsichtig mit der Alternative zum Schuldenmachen umgehen wird, also mit Steuererhöhungen einschließlich Soli. Über die Lastenverteilung wird zwischen Bund, Ländern und Kommunen hinter verschlossenen Türen täglich heftig gestritten.

Was von dort nach draußen dringt, spricht derzeit eher für halbgare Lösungen als für einen echten Durchbruch. Das liegt natürlich auch am gesamteuropäischen Gezänk über gemeinsame Maßnahmen; da geht es überhaupt nicht weiter, und mit unliebsamen Überraschungen ist fast täglich zu rechnen.

Was das Institut für Wirtschaft im Auftrag des Investors d.i.i. soeben bis zum Jahr 2020 als wahrscheinlichste Variante hochgerechnet hat, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Da ist von einem jährlichen Bedarf an sage und schreibe 430.000 Neubauwohnungen die Rede. Dafür müsste die Bautätigkeit um über 75 Prozent zunehmen. Wegen des starken Zustroms an Flüchtlingen kann man alle bisherigen Hochrechnungen in die Tonne treten. 2020, so das Institut, sei in Deutschland mit 83,75 bis 85 Millionen Menschen zu rechnen.

Nehmen Sie solche Zahlen nur als Trendindikatoren. Selbstverständlich wird sich die genannte Zahl der Neubauten ebenso wenig realisieren lassen wie die starke Expansion der Bautätigkeit. Aber was ist realistisch? Um diese Frage einigermaßen plausibel beantworten zu können, muss man bestimmt noch mindestens ein Jahr warten. Wobei dann zu differenzieren sein wird: Der Flüchtlingsstrom ergießt sich überwiegend in Großstädte und deren Umgebung, nicht in den ländlichen Raum. Damit verstärkt er die Urbanisierung - womit wir bei einem interessanten Aspekt sind:

Deutschland hat im Gegensatz zu Frankreich und England nicht nur eine einzige Metropole, sondern mit Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf und Stuttgart gleich mehrere. Das mag man theoretisch als Vorteil ansehen, doch in der Praxis läuft es darauf hinaus, dass sich das Gezänk um die Unterbringung von Flüchtlingen noch verstärkt. Rechnen Sie auch deshalb nicht mit einer schnellen Lösung des Flüchtlingsproblems - und lassen Sie sich in Anbetracht von lukrativ erscheinenden Hochrechnungen zum Immobilienboom nicht zu Investitionen in den Mietwohnungsmarkt verleiten.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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