Jim Rogers: "Die Finanzkrise 2016 wird uns viel härter treffen, als die letzte"
27.01.2016 | James West
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Ed Milewski : Denken Sie, die Zentralbanken werden die Geldmenge weiterhin im Rekordtempo erhöhen?Jim Rogers: Ja, und ich schätze, dass es noch schlimmer wird. Wenn die nächste Krise kommt, werden alle Zentralbanken Geld drucken, um uns zu retten. Sie werden Anrufe aus allen Ecken der Welt bekommen - das Ende der Zivilisation naht, ihr müsst uns retten. Doch ich denke, irgendwann wird es niemanden mehr interessieren, was sie tun. Sie werden etwas Neues versuchen, und eine Zeit lang wird es vielleicht auch funktionieren, aber nicht dauerhaft. Sie werden ihr Bestes geben, aber das wird nur zum Ruin führen, denn an einem gewissen Punkt wird der Rest von uns sagen, wir wollen euren Müll nicht mehr, wir haben es satt, dieses Spiel zu spielen.
James West: Ist es nicht auch so, dass den Zentralbanken letztlich keine anderen Mittel zur Verfügung stehen außer der Schaffung von neuem Kapital und der Nullzinspolitik? Ist das nicht eigentlich alles, was sie tun können?
Jim Rogers: Ja, das ist tatsächlich alles. Sie können reden und sie können Geld drucken, aber das war es dann auch. Sie können die Zinsen nach unten drücken, indem sie Anleihen aufkaufen, wie sie das schon seit einer ganzen Weile tun. Doch nichts davon ist gut für uns. Diese Maßnahmen werden nur dazu führen, dass das kommende Desaster noch schlimmer ausfällt.
James West: Darauf können Sie wetten. Was sollte ein Investor Anfang des Jahres 2016 tun, angesichts der enormen Volatilität und des Risikos einer drastischen Korrektur an den Märkten?
Jim Rogers: Es gibt kein allgemeingültiges Rezept. Ich persönlich habe die Aktien der US-Börsen geshortet, Amazon, Netflix usw. Sie wissen schon, die neun oder zehn Aktien, deren Kurse nie fallen. Bei den Junk-Bonds in den USA halte ich auch Short-Positionen, während ich in China Long-Positionen habe - hauptsächlich deshalb, weil ich irgendwo long sein muss. Ich setze also sowohl an den amerikanischen Aktienmärkten als auch bei den Junk-Bonds auf Verluste und ich besitze aus den bereits genannten Gründen große Dollarreserven.
So habe ich den Großteil meines Kapitals investiert, aber wer weiß schon, ob ich richtig liege. Ich besitze auch noch ein paar andere Aktien, die ich schon seit Jahrzehnten halte.
James West: Im letzten Jahr waren Sie auch im Hinblick auf die Aktien im Agrarsektor optimistisch. Was ist dabei für Sie herausgekommen?
Jim Rogers: Die Agrarprodukte selbst haben sich nicht besonders gut entwickelt, aber das liegt daran, dass es fast keine Assets gibt, die sich wirklich gut entwickelt haben. Ich besitze einige Aktien im Agrarsektor, aber hauptsächlich die Rohstoffe selbst. Zucker wird beispielsweise 80% unter seinem Höchstpreis gehandelt. Manche dieser Produkte sind derzeit extrem günstig. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Preise nicht noch tiefer fallen können. Heutzutage herrscht überall eine gewisse Panik.
Ed Milewski : Jim, wenn der Goldkurs den nächsten Aufwärtstrend startet - und ich würde zustimmen, dass es sich dann um einen exponentiellen Anstieg handeln wird - werden die anderen Rohstoffe Ihrer Meinung nach dann folgen?
Jim Rogers: Ich gehe davon aus, dass Silber dem Goldkurs auf jeden Fall auf seinem Weg nach oben folgen wird...
Ed Milewski : Ich meine abgesehen von den anderen Edelmetallen. Denken Sie, dass andere Rohstoffe auch wieder steigen werden, wenn eine hyperinflationäre Phase beginnt?
Jim Rogers: Ja, darauf wollte ich hinaus. Ich erwarte, dass die Edelmetalle von dem Aufschwung profitieren werden, aber auch die anderen Rohstoffe. Die Anleger werden verzweifelt auf der Suche nach echten Werten sein. Agrarrohstoffe werden dann stark nachgefragt werden. Öl übrigens auch. Der Rohölkurs muss irgendwann in den nächsten Monaten einen Boden bilden.
Die Bodenbildung ist offensichtlich sehr kompliziert, aber wenn der Preis auf einen gewissen Wert fällt - überlegen Sie sich selbst, wo das sein könnte - dann muss die Talsohle irgendwann erreicht sein. Wenn die Investoren dann zu überlegen beginnen, wo sie ihr Kapital anlegen können, werden sie nach Assets mit einem inneren Wert Ausschau halten und ihre Dollars abstoßen, weil sie wissen, dass die Zentralbanken weltweit die Währungen extrem abwerten werden.
Jim Rogers sagt, dass der Rohölkurs einen Boden bilden wird und sich dann eine gute Kaufgelegenheit ergibt.
James West: Kommen wir noch einmal auf die Ölfrage zurück. Wir haben gerade erfahren, dass die Sanktionen gegenüber dem Iran aufgehoben wurden, was voraussichtlich dazu führt, dass sich die täglich am Markt verfügbare Rohölmenge um 500.000 Barrel erhöht. Unserer Ansicht nach verstärkt das den Abwärtsdruck auf den Ölpreis. Andererseits lesen wir aber auch, dass diverse Ölmarktexperten die Investoren vor einer möglichen Angebotsverknappung in diesem Jahr warnen, die die Preise plötzlich in die andere Richtung ausbrechen lassen könnte. Es scheint, als könnte man heutzutage lesen, was auch immer man gern glauben möchte.
Jim Rogers: [Lachend.] Ja, ja. Ist es nicht wundervoll?
James West: Ja schon, aber nicht sonderlich hilfreich...
Jim Rogers: Falls es zu einem Krieg kommt und das Angebot einbricht wird ein plötzlicher Preisschock mit Sicherheit die Folge sein. Die Welt steht Tag für Tag am Rande eines Kriegs, aber bis tatsächlich einer ausbricht, könnten noch Jahre vergehen. Abgesehen davon wird es meiner Ansicht nach keinen plötzlichen Schock auf der Angebotsseite geben. Sicher, viele Fracking-Unternehmen in den USA werden Bankrott gehen, aber es dauert eine Weile, bis sich das herumspricht und auf die Preise auswirkt. Und selbst wenn diese Unternehmen pleite sind, wird sich die iranische Ölproduktion offenbar erhöhen. Der Preisanstieg wird also nicht über Nacht erfolgen.
Ed Milewski : Das iranische Öl ist zum größten Teil wahrscheinlich bereits mit eingepreist...
Jim Rogers: Ja, sicher. Sie und ich sind ja nicht die einzigen, die wissen, dass es am Markt bald viel iranisches Öl geben wird. Es stand weltweit auf den Titelseiten der Zeitungen, also werden es die meisten Menschen bereits wissen.
© James West
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Dieser Artikel wurde am 19. Januar 2016 auf www.midasletter.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.