Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Tokio erhöht den Einsatz

03.02.2016  |  John Mauldin
- Seite 3 -
Negative kurzfristige Zinsen

Vor vier Monaten schrieb Lacy Hunt über die nachteiligen Konsequenzen eines Zinssatzes unter 0%. Hier sind einige Auszüge aus dem Artikel:

"Die Fed könnte schnell erreichen, dass die Zinsen negativ werden. Derzeit zahlt sie den Banken einen Zins von 25 Basispunkten auf deren Überschussreserven, die sich auf insgesamt 2,5 Billionen Dollar belaufen. Die Fed könnte diese Zinszahlungen einstellen und den Banken stattdessen Depotgebühren in Höhe von z. B. 0.25% der Einlagen berechnen. Dadurch würden würden die Rendite anderer kurzfristiger Anlagen sinken, weil die Banken, Unternehmen und Haushalte versuchen würden zu vermeiden, dass sie für das Privileg bezahlen müssen, kurzfristige Assets zu besitzen.

Es gibt keine Garantie dafür, dass diese Maßnahme tatsächlich die gewünschte Wirkung hätte. Hochverschuldete Nationalökonomien reagieren kaum auf derart geringe Änderungen der kurzfristigen Zinssätze. Die zahlreichen Nachteile einer solchen Zinspolitik würden schwerer wiegen, als die erste positive, psychologische Reaktion darauf. In dieser Situation würde die Umlaufgeldmenge drastisch zunehmen, wodurch sich das Geldmengenwachstum verlangsamen würde. Die Fed könnte versuchen, derartige Kapitalabflüsse zu vermeiden, doch das ließe sich nur mittels der Erhöhung ihrer bereits jetzt enormen Bilanzsumme bewerkstelligen. Wenn die Finanzmärkte der Ansicht sind, dass diese Politik kurzfristig inflationär wirkt, könnten die weit bedeutenderen langfristigen Zinssätze steigen und das Wirtschaftswachstum bremsen.

Wenn der Negativzins über einen längeren Zeitraum hinweg Bestand hätte, würden daraus zahlreiche negative und unbeabsichtigte Folgen erwachsen, so wie das auch bei QE und der Nullzinspolitik der Fall war. Sowohl die sofortigen als auch die später einsetzenden Auswirkungen würden die Einnahmen der Banken schmälern. Auch das Einkommen der privaten Haushalte und der kleinen Unternehmen, die den Großteil ihres Kapitals bei diesen Kreditinstituten hinterlegen, würde sich verringern. Mit der Zeit würde es zu einer substantiellen Kapitalumschlichtung kommen, bei der die Mittel aus den Banken und den Investmentfonds des Geldmarktes heraus und in die Umlaufwährung fließen.

Versicherungsunternehmen würde das ebenfalls in eine schwierige Situation bringen, wenn auch nicht sofort. Die Verbindlichkeiten der Rentenfonds würden in die Höhe schießen und hätten eine besorgniserregende Unterfinanzierung der Fonds zur Folge. Die Auswirkungen auf die Investitionsausgaben der Unternehmen und die Beschäftigungsquote sind nicht absehbar. Der Negativzins könnte auch zum Anstieg der Spekulationen und zur Umverteilung von Kapital in Risiko-Assets führen und das Problem der Fehlleitung von Finanzmitteln in einer Zeit verstärken, in der die Unternehmensbilanzen bereits enorm erhöht sind, während die Gewinn- und Verlustrechnungen immer schlechter ausfallen."


Lakshman Achuthan hat in dieser Woche ein Essay veröffentlicht, in dem er darlegt, warum das Wirtschaftswachstum der USA im Laufe der nächsten zehn Jahre auf 1% sinken wird. Er schreibt darüber, wie das Wirtschafts-Establishment alles auf die quantitativen Lockerungen und die niedrigen Zinsen setzt. Und mit "alles" meint er die Weltwirtschaft. Wirklich alles. Hier ist ein Auszug:

"Die Mathematik ist zu einfach, um sie zu ignorieren. Das potentielle Wachstum der erwerbstätigen Bevölkerung wird innerhalb des nächsten Jahrzehnts im Schnitt 0,5% pro Jahr betragen und die Zunahme der Arbeitsproduktivität könnte, wie in den vergangenen fünf Jahren, ebenfalls bei durchschnittlich 0,5% jährlich liegen. Diese beiden Werte addieren sich zu einem langfristigen potentiellen Wirtschaftswachstum von 1%. Das tatsächliche Wachstum kann nur während eines zyklischen Konjunkturaufschwungs über diesem Wert liegen - aber mit Sicherheit nicht während eines Abschwungs. Das ist eine echte Herausforderung, denn die demografische Entwicklung ist praktisch in Stein gemeißelt und ein höheres Wachstum bei der Produktivität ist realistischerweise nur auf lange Sicht denkbar.

Nachdem man jahrelang mit Hilfe von QE und Nullzinspolitik versucht hat, zukünftige Nachfrage in die Gegenwart zu holen, werden die Zentralbanken nun im Hinblick auf die Wirtschaftsleistung selbst immer machtloser. Sie können Geld 'drucken', nicht aber Wirtschaftswachstum. Die ganze Welt schaut zu, sie können sich jetzt also keine Blöße geben.

Wenn sich das Wachstum in den USA in diesem Jahr weiter verlangsamt, steigt das Risiko einer Rezession und die Fed wird wahrscheinlich auf die eine oder andere Weise zur Nullzinspolitik zurückkehren. Das Versagen der Abenomics ist nicht unvermeidlich, aber es wirkt immer wahrscheinlicher. Der chinesischen Wirtschaft steht zwar nicht unmittelbar eine harte Landung bevor, doch das Wachstum schwächt sich ab und lässt berechtigte Zweifel an den Fähigkeiten der Führungsriege zur Vermeidung eines plötzlichen Einbruchs aufkommen.

Indem sie weiterhin unrealistischen Wachstumserwartungen anhängt, setzt die Wirtschaftselite praktisch alles auf den Erfolg ihrer hochfliegenden Experimente und das Risiko, dass sie diese Wette verliert, steigt unaufhaltsam. Letzten Endes haben nur Maßnahmen, die die Herausforderungen der demografischen Entwicklung und der Produktivität konstruktiv angehen, Aussicht auf Erfolg. Es ist höchste Zeit, dass eine entsprechende Diskussion begonnen wird."


Lakshman hat Recht, doch wir werden eine solche öffentliche Debatte wohl nicht bekommen - höchstens im Kontext der keynesianischen Wirtschaftstheorie, und die stellt den Kernpunkt des Problems dar. Damit eine ernsthafte Diskussion beginnen kann, müsste das Establishment einräumen, dass es versagt hat. Genauso gut könnte man den Papst und all seine Priester auffordern, einer anderen Konfession beizutreten. In Einzelfällen wäre das vielleicht möglich, aber ein massenhafter Seitenwechsel...?

In der Welt der führenden Ökonomen und der Zentralbanker glaubt "jeder" das, was "alle" für wahr halten. Jeder empirische Beweis, der zeigt, dass die quantitativen Lockerungen nicht den gewünschten Effekt hatten, wird ignoriert oder beiseite geschoben, selbst wenn er von herausragenden Wirtschaftswissenschaftlern vorgelegt wird. Nein, die quantitativen Lockerungen haben nur deshalb nicht funktioniert, weil es noch nicht genug davon gab und negative Zinsen funktionieren nicht, weil sie noch nicht niedrig genug sind.

Es ist offensichtlich, dass QE nicht die passende Lösung war. Seit der Finanzkrise gab es kein Jahr mehr, in dem die Wirtschaft 3% oder mehr gewachsen ist und der Schnitt liegt gerade so bei 2%. Wenn man natürlich die Aktienmärkte und die Preise anderer Finanzanlagen als Maßstab nimmt, dann hat QE hervorragend funktioniert, denn diese sind enorm gestiegen. Doch der Impuls, der von den Geldmengenausweitungen ausgehen sollte, hat die Realwirtschaft nicht erreicht.

Eine Grundannahme hinter QE und vergleichbaren Maßnahmen ist, dass die Kreditkosten gesenkt werden müssen, wenn die Konsumausgaben erhöht werden sollen. Doch wenn die außer Kontrolle geratene Neuverschuldung das eigentliche Problem war, dann ist QE als Lösung etwa genauso sinnvoll, wie mehr Whisky zu trinken, um nüchtern zu werden. Wenn man zudem das Einkommen der Sparer verringert, sodass diese weniger Geld zur Verfügung haben, das sie ausgeben können, dann muss der ursprüngliche Zweck des ganzen Projekts - die Ankurbelung der Wirtschaftsleistung - unweigerlich scheitern. Das können wir aber nicht zugeben, denn dann müssten wir auch eingestehen, dass unsere Theorien dem Praxistest nicht standhalten. Und Gott weiß, dass unsere Theorien richtig sind.

Auf das Thema der negativen Zinssätze werden wir wieder und wieder zu sprechen kommen. Wir können noch nicht genau sagen, welche Konsequenzen der Negativzins für unsere Portfolios oder Unternehmen haben wird, aber wir sollten besser anfangen, darüber nachzudenken. Die entsprechende Anpassung unserer Investitionsstrategie ist keine leichte Aufgabe.


© John Mauldin

Dieser Artikel wurde am 01. Februar 2016 auf www.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Weitere Artikel des Autors


Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"