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Gold und die Blockchain

12.03.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Mittels der "Blockchain"-Technologie, auf der der Bitcoin aufbaut, können zum Beispiel Edelmetalle zu Zahlungszwecken mobilisiert werden.

Der Blick in die Währungsgeschichte zeigt, dass die Menschen, wann immer sie die freie Wahl hatten, Edelmetalle als Geld verwendet haben. Das ist nicht überraschend. Denn das Edelmetall hat die physischen Eigenschaften, die ein Gut haben muss, damit es die Geldfunktionen erfüllen kann. Gold ist knapp, homogen, haltbar, teilbar, prägbar, transportabel und wertgeschätzt, und es hat auch einen relativ hohen Wert pro Gewichtseinheit. Gold erfüllt all diese Anforderungen geradezu perfekt, und das ist auch der Grund, warum sich insbesondere das Gold im Wettbewerb um die Geldfunktion immer wieder durchgesetzt hat. Gold ist ein Jahrtausend erprobtes Geld, ein universal akzeptiertes Tauschmittel.

Dass das Gold heutzutage im Tagesgeschäft durch ungedecktes Fiat-Geld ersetzt worden ist, hat politische Gründe. Regierungen wollen eine Geldart, deren Wert sich nach politischer Willkür verändern lässt, um beispielsweise die Konjunktur zu beeinflussen oder Umverteilungen zu finanzieren. Goldgeld steht dem im Wege. Nicht jedoch das sogenannte staatliche Fiat-Geld: Es ist Geld, das per Kreditvergabe geschaffen wird, für die keine "echte Ersparnis" vorhanden ist. Das Fiat-Geld leidet allerdings unter ökonomischen und ethischen Defekten. Es ist chronisch inflationär, sorgt für eine unsoziale Verteilung von Einkommen und Vermögen, zettelt Boom-und-Bust-Zyklen an und treibt die Verschuldung der Volkswirtschaften immer weiter in die Höhe.

Spätestens seit der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise 2007/2008 treibt viele Sparer die Sorge um, ihre in Fiat-Geld denominierten Ersparnisse könnten entwertet werden. Das hat die Suche nach "besserem" Geld ermutigt. Der prominenteste unter den neuen Wettbewerbern ist die Cyber-Einheit Bitcoin. Der Bitcoin ist ein digitales Tauschmittel, dessen Produktion - anders als beim Fiat-Geld - keiner zentralen Instanz unterliegt. Die Vermehrung der Bitcoin-Menge ist dem Zusammenschluss von Rechnerkapazitäten im Internet überantwortet. Kryptographische Technik stellt sicher, dass nur der Bitcoin-Eigentümer seinen Bitcoin überträgt, dass ein Bitcoin nicht mehrfach ausgege-ben werden kann.

Bitcoin-Transaktionen werden durch ein dezentrales Konsens-System bestätigt. Die dabei verwendete "Blockchain"-Technologie hat es in sich. Sie funktioniert wie ein digitaler Kontoauszug für Transaktionen zwischen Computern. Transaktionen werden dezentral und transparent auf vielen Rechnern verteilt gespeichert. Damit ist die Information nicht (oder nur mit ungeheuer großem Aufwand) manipulierbar. Dank der Blockchain werden quasi revolutionäre Entwicklungen in der Übertragung von Vermögensgütern möglich. Hierzu zählt auch das Verwenden eines goldgedeckten Bitcoins.

Ein sogenannter "gefärbter" Bitcoin (in der Fachsprache: "Colored Bitcoin") kann das Eigentum einer bestimmten physischen Goldmenge (beispielsweise steht 1 Bitcoin für 0,33 Feinunzen Gold) repräsentieren. Physisches Gold lässt sich natürlich prinzipiell auch schon heute problemlos digitalisieren: Das gelagerte Gold wird zum Beispiel mittels Kreditkarten durch eine App auf dem Smartphone handelbar gemacht. Käufe - sei es im Supermarkt oder im Internet - lassen sich problemlos in Gold abwickeln. Bisher haben staatliche Restriktionen - wie zum Beispiel Besteuerung und Regulierung - jedoch einen echten Wettbewerb des Geldes erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht.

Der Bitcoin könnte die Stolpersteine, die der Staat dem Wettbewerb um besseres Geld in den Weg legt, mehr oder weniger unwirksam machen. Wie immer in einem Wettbewerbsprozess lässt sich sein Endergebnis nicht vorab exakt benennen. Die Bitcoin-Fans haben jedoch gute Gründe, um in der Krypto-Währung ein besseres Geld als das staatliche Fiat-Geld zu erblicken. Gleiches gilt natürlich auch für die Goldanhänger, die im Bitcoin und seiner Blockchain-Technologie ein "Transportmittel" für physisches Gold sehen, das letztlich die Verwendung von Goldgeld unwiderstehlich macht.


Abschließend eine Illustration

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Obenstehend ein kleines Beispiel: Ein Goldladen hält Gold und Bitcoin im Wert von jeweils 1500 Euro. Nun möchte Herr Schmidt Gold kaufen, möchte es jedoch per "gefärbten Bitcoin" ("Colored Bitcoin") verfügbar gemacht haben. Um zu verstehen, wie das möglich wird, führe man sich Folgendes vor Augen: 1 Bitcoin entspricht 100 Millionen Satoshis (so wie 1 Euro 100 Cent entspricht); 1 Satoshi entspricht folglich 100 millionstel Bitcoin. Weiterhin sei hier angenommen, dass ein "gefärbter Bitcoin" mindestens 600 Satoshis erfordert. Bei einem Bitcoin-Preis von 400 Euro, sind 600 Satoshis 0,0024 Euro wert.

Der Gold-Laden "färbt" nun 600 seiner Satoshis, d. h. die Satoshis kodieren das Eigentum einer Feinunze Gold, das beim Gold-Laden hinterlegt ist und bei Vorlage des "gefärbten Bitcoins" ausgezahlt wird. Herr Schmidt zahlt dem Gold-Laden 1.500,0024 Euro. Damit erhält er das Eigentum an einer Feinunze Gold und den Satoshis. Der Gold-Laden erhält das Geld und überträgt den "gefärbten Bitcoin" an Herrn Schmidt. Für Herrn Schmidt ist der "gefärbte Bitcoin" ein "Geldersatz", ein "Geldsubstitut", einsetzbar zu Zahlungszwecken oder späterem Eintausch in physisches Gold.

Abschließend noch drei kleine Anmerkungen: (1) Nach dem erfolgten Verkauf weist der Gold-Laden das Gold nicht mehr in seiner Bilanz aus. Es wird in ein separates Goldlager übertragen und steht nicht mehr im Verfügungsbereich des Gold-Ladens. (2) Der Marktpreis des "gefärbten Bitcoins" entspricht dem Marktpreis des Goldes plus dem Marktpreis des "gefärbten Bitcoins". (3) Wird der Bitcoin "entfärbt" (wenn er also gegen die Ausgabe von physischem Gold eingelöst wurde), so entspricht sein Marktpreis dem Marktpreis des "regulären" Bitcoin.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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