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Des Teufels Geld

31.12.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Dichtung "Faust. Eine Tragödie" ist nicht nur das Lebens- und Hauptwerk von Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832), es ist vermutlich auch das Lieblingsbuch der Deutschen. Im Faust werden das menschliche Irren und Streben zur Sprache gebracht, so wie es Goethes Menschenbild entspricht. In geradezu bestechend kundiger Weise thematisiert Goethe in "Faust. Der Tragödie zweiter Teil" auch die wirtschaftlichen und politischen Probleme des ungedeckten Geldes, oder: des Fiatgeldes.

Und zwar indem der teuflische Mephistopheles den Faust zum Hofe des Kaisers führt. Das Volk des Kaisers ist missmutig, ihm fehlt es an Geld. Mephistopheles empfiehlt ihm, sich durch die Ausgabe von offiziell gestempeltem Papier neues Geld zu beschaffen, Papiergeld, das durch die von Mephistopheles herbeigeredeten Goldschätze, die sich angeblich im Boden des Kaiserreiches befänden, gedeckt sei. Gesagt, getan, denn der Kaiser ist genußsüchtig. Die Ausgabe von diesem ungedeckten, neuen Geld finanziert einen Karneval. Doch der Trick geht nicht auf, am Ende versinkt des Kaisers Reich in Chaos, Mord und Totschlag.

Es ist also durchaus eine Warnung, die Goethe in seinem Faust ausspricht. Doch sie ist ungehört geblieben. Denn mittlerweile haben die Staaten auf der Welt das Sach- oder Edelmetallgeld durch ungedecktes Geld, durch Fiatgeld ersetzt. Das Wort "Fiat" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet "so sei es". Fiatgeld ist folglich so etwas wie diktiertes, oktroyiertes Geld. Es zeichnet sich vor allem durch drei Eigenschaften aus.

Erstens: Fiat-Geld ist staatlich monopolisiertes Geld. Die staatlichen Zentralbanken haben das Produktionsmonopol des Fiatgeldes.

Zweitens: Fiatgeld wird durch Kreditvergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegenübersteht; es kommt aus dem Nichts.

Und drittens: Fiat-Geld ist entmaterialisiertes Geld. Es hat die Form von bunt bedruckten Papierzetteln und Einträgen auf Computerfestplatten ("Bits und Bytes"). Ob US-Dollar, Euro, chinesischer Renminbi, japanischer Yen, Britisches Pfund oder Schweizer Franken: Sie alle sind Fiat-Geld.

Fiat-Geld ist nicht harmlos. Es leidet vielmehr unter einer ganzen Reihe ökonomischer und ethischer Defekte. So ist es inflationär, das heißt, es verliert seine Kaufkraft im Zeitablauf. Es erfüllt damit eine wichtige Funktion des Geldes, die Wertaufbewahrungsfunktion, nicht oder nur sehr schlecht. Die Vermehrung der Fiat-Eurogeldmenge bereichert zudem einige auf Kosten vieler: Die Erstempfänger des neuen Geldes werden reicher auf Kosten der Spätempfänger. Fiat-Geld ist so gesehen sozial ungerechtes Geld. Vor allem aber sorgt das Fiatgeld auch für Wirtschaftsstörungen.

Das Ausweiten der Geldmenge per Bankkreditvergabe senkt die Marktzinsen künstlich ab. Dadurch wird ein Aufschwung ("Boom") in Gang gesetzt, der aber nachfolgend platzen und in einen Abschwung ("Bust") umschlagen muss. Wirtschafts- und Finanzkrisen sind im Fiatgeldsystem folglich keine Zufälle, sie sind vielmehr systematisch angelegt.

Weiterhin treibt das Fiatgeld die Volkswirtschaften in die Überschuldung: Die Schulden steigen stärker als die Einkommen zunehmen. Irgendwann droht dann die große Pleite. Und nicht zuletzt erweist sich das Fiat-Geld als ein Wachstumselixier für den Staat – auf Kosten der individuellen Freiheiten von Bürgern und Unternehmern. Fiat-Geld macht aus einem Minimalstaat früher oder später einen Maximalstaat, es ebnet den Weg in die unfreie Gesellschaft, womöglich sogar in eine neuzeitliche Tyrannei. Eine wahrlich teuflische Folge der Fiatgeldverwendung.

All diese Erkenntnisse sind bereits vor langer Zeit von den Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie ausbuchstabiert worden. Hierzu zählen insbesondere Ludwig von Mises (1881–1973), Friedrich August von Hayek (1899–1992) und Murray N. Rothbard (1926–1995). Sie erkannten, dass das friedvolle, kooperative und produktive Zusammenleben der Menschen, national wie international, nicht voraussetzungslos ist.

Gutes Geld ist vielmehr eine unverzichtbare Zutat dazu. Und zu gutem Geld gelangen die Menschen, wenn jeder die Freiheit hat, das Geld nachzufragen, das seinen Zwecken am besten entspricht; und wenn es auch allen freisteht, ihren Mitmenschen ein Gut anzubieten, das diese freiwillig als Geld nachzufragen wünschen.

Kurzum: Für gutes Geld braucht es einen freien Markt für Geld. Zu einem freien Markt für Geld gelangt man, wenn man das staatliche Geldmonopol beendet und alle steuerlichen und regulatorischen Hürden (wie Kapitalertragssteuern und Zahlkraftgesetze) aufhebt.

Was sich dann als Geld durchsetzt, lässt sich vorab nicht mit Gewissheit sagen – schließlich ist ein freier Markt ein Entdeckungsverfahren. Denkbar ist, dass die Menschen sich für Gold und oder Silber als Grundgeld entscheiden, möglicherweise auch für eine Kryptoeinheit (Bitcoin).

Wie immer aber auch die Wahl ausfallen wird, die Menschen werden sich für gutes, nicht für schlechtes Geld entscheiden (genauso wie sie gute Autos und gute Sportschuhe erwerben und keine schlechten). Ein freier Markt für Geld ist vor allem auch die Lösung, um die unheilvollen volkswirtschaftlichen Folgen des staatlichen Fiatgeldes wirkungsvoll zu verhindern – und mit gutem Geld einen Beitrag zu einer besseren Welt zu schaffen.

Fiatgeld ist des Teufels Geld, und die große Herausforderung der Menschen ist es, sich von ihm zu loszusagen und den Weg zu gutem Geld zurückzufinden.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit


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