Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Gold und Aktien gegen "Helikopter-Euro"

21.03.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Dass die EZB demnächst "Helikopter-Euro" ausgibt, ist nicht mehr von der Hand zu weisen. Für die Euro-Kaufkraft verspricht das nichts Gutes. Die Europäische Zentralbank (EZB) unter Führung von Mario Draghi hat hinreichend bewiesen, dass sie vor nichts zurückschreckt, wenn es gilt, den Euro zu erhalten, beziehungsweise den Euroraum zusammenzuhalten.

Diese EZB-Geldpolitik läuft darauf hinaus, strauchelnde Euro-Staaten und -Banken mit Tiefstzinsen und vor allem mit neu geschaffenem Geld zahlungsfähig zu halten. Mittlerweile liegt der EZB-Leitzins bei null Prozent. Doch damit nicht genug: Die EZB wird bald Kredite mit Negativzinsen an Euro-Banken vergeben. Das heißt, Banken machen Gewinne, wenn sie sich bei der EZB verschulden! Die EZB will dadurch die Bankkreditvergabe und Geldschöpfung im Euroraum "ankurbeln". Auf diese Weise soll die Konjunktur belebt, vor allem aber die Inflation in die Höhe getrieben werden.

Open in new window
Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. Serien sind indexiert: Q1 1995 = 100.


Dass die Inflation der Konsumentenpreise - sie liegt derzeit bei 0,3 Prozent - mit allen Mitteln wieder in Richtung des Inflationsziels in Höhe von 2 Prozent (oder darüber hinaus) gehoben werden soll, kommt nicht von ungefähr.


Preise sollen steigen

Damit das Schuldgeldsystem nicht in sich zusammensackt, müssen die Preise der Güter im Zeitablauf immer weiter ansteigen - und zwar nicht zu stark, aber vor allem nicht mit zu geringen Raten. Das aber macht es erforderlich, dass die Banken die Geldmenge per Kredit immer weiter ausweiten. Im Euroraum ist genau das jedoch ins Stocken geraten, weil viele Banken mittlerweile ernste Probleme haben.

Angesichts angeschlagener Bilanzen sind viele Euro-Banken nicht mehr in der Lage oder willens, neue Kredite zu vergeben und dadurch neues Geld, das preistreibend wirkt, in Umlauf zu bringen. Die EZB will sich nun dem Verlangsamen des Preisauftriebs beziehungsweise möglicherweise fallenden Preisen entgegenstemmen. Etwa indem sie Banken Kredite, die Negativzinsen tragen, verabreichen will. Das ist nichts anderes als ein Schritt, um die Euro-Geldmenge dauerhaft zu erhöhen. Es könnte allerdings noch schlimmer kommen. Das Stichwort heißt an dieser Stelle "Helikopter-Geld".


Achtung: Helikopter-Geld

Mit Helikopter-Geld wird in "Fachkreisen" eine besondere Form der Vermehrung und Verteilung der Geldmenge bezeichnet: Die Zentralbank bringt neues Geld in Umlauf und verteilt es nach eigenem Gutdünken. Im plakativsten Fall ordnet die Zentralbank an, neu gedruckte Banknoten aus dem Hubschrauber über der Volkswirtschaft abzuwerfen. Wer die meisten Geldscheine einsammelt, wird reicher. Wer nichts von den neuen Geldscheinen erhält, wird ärmer. Diese Einsicht lenkt den Blick auf eine wichtige Erkenntnis: Das Ausweiten der Geldmenge ist niemals neutral. Stets gewinnen einige auf Kosten anderer.

Wenn eine Zentralbank zu Helikopter-Geld greift, stellt sich aber nicht nur die Verteilungsfrage (also: Wer bekommt wann und warum neues Geld?) Es stellt sich auch die Frage: Wieviel Helikopter-Geld soll ausgegeben werden?

Es ist vor allem die Frage, wieviel neues Helikopter-Geld ausgegeben werden soll, die jedem, der sein Geld in Euro hält, (spätestens jetzt) die Sorgenfalten auf die Stirn bringen muss. Denn bei der Ausgabe von Helikopter-Geld ist der politischen Willkür Tür und Tor geöffnet. Das wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, wie derzeit die Geldmenge ausgeweitet wird.


Willkür-Verteilung von Helikopter-Geld

Der Kreditnehmer nimmt einen Kredit auf, wenn er der Meinung ist, dass die Rendite, die er mit der kreditfinanzierten Investition erzielen kann, den Kreditzins (beziehungsweise seine Kapitalkosten) übersteigt. Gleichsam ist die Bank nur dann bereit, einen Kredit zu vergeben, wenn sie der Meinung ist, dass der Kreditnehmer in der Lage ist, seinen Schuldendienst vollumfänglich zu leisten.

So gesehen ist das Zustandekommen des Kreditgeschäftes und der damit verbundenen Geldmengenvermehrung immerhin verbunden mit der Erwartung, dass der Kredit eine produktive Leistung finanziert. Das Helikopter-Geld hat hingegen keinerlei Verbindung mehr zu einer produktiven Leistung. Seine Ausgabe beruht allein auf politischer Willkür: Die Zentralbank entscheidet, wer wann wieviel Geld bekommt.

Es fällt nicht schwer zu erkennen, wie Helikopter-Geld in der Praxis eingesetzt würde. Die Zentralbank würde (1) den Banken so viel neues Geld verabreichen, um einen Systemzusammenbruch abzuwenden. Sie würde (2) neues Geld vor allem auch an politisch wichtige Industrien ausgeben (müssen), d. h. also insbesondere an beschäftigungsintensive Industrien, die ohne derartige Subventionen im freien Markt nicht bestehen können.

Open in new window
Abbildung links: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen.
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. *Serien sind indexiert (Januar 2007 = 100)



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"