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"Helikopter-Euros" im Anflug

04.04.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 3 -
Im Februar 2016 belief sich die "breit definierte" Geldmenge M3 auf 10.968 Mrd. Euro - und wuchs mit einer Jahresrate von 5 Prozent. Das entsprach einem Zuwachs von mehr als 530 Mrd. Euro. (Zum Vergleich: Im vierten Quartal 2015 wuchs das nominale Bruttoinlandsprodukt gegenüber dem Vorjahr um knapp 187 Mrd. Euro.)

Sollte diese Geldexpansion mittels Helikopter-Geld fortgeführt werden, so müsste die Europäische Zentralbank (EZB) eben diesen Betrag in Form von neuem Euro-Geld "verschenken". Das aber würde ihr Eigenkapital bereits im ersten Jahr der Ausgabe von Helikopter-Geld mehr als aufzehren - denn das Helikopter-Geld wäre als Verbindlichkeit in der EZB-Bilanz zu buchen.

Ein fortgesetztes Ausgeben von Helikopter-Geld würde der EZB (und damit den Steuerzahlern im Euroraum) zusehends Verluste bescheren; es würde die Bilanz der EZB immer weiter in die Überschuldung treiben.


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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen



VI. Die Probleme

Wenn tatsächlich Helikopter-Geld ausgegeben werden soll, dann stellen sich zwangsläufig Probleme ein. Einige davon sollen im Folgenden kurz betrachtet werden.


Helikopter-Geld führt zur Überschuldung der EZB

Abbildung 1 zeigt eine vereinfachte Version der aktuellen EZB-Bilanz. Die von der EZB ausgegebene Euro-Basisgeldmenge (d. h. Banknoten und Guthaben der Geschäftsbanken bei der EZB) sind auf der Passivseite der Bilanz ausgewiesen (siehe Abb. 1).

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Quelle: EZB, 25. März 2016.


Auf der Aktivseite der EZB-Bilanz stehen Kredite und Wertpapiere (die an dieser Stelle nicht näher interessieren). Nun nehmen wir an, die EZB gibt Helikopter-Euro aus in Form von neuen Banknoten von, sagen wir, 500 Mrd. Euro. Der neue Euro-Betrag wird entsprechend auf der Passiv-Seite der EZB-Bilanz ausgewiesen (siehe Abb. 2).

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Quelle: EZB, 25. März 2016. Es wird angenommen, dass die Bewertungsreserven auf null abgesenkt werden, also vollständig zur Verlustdeckung zum Einsatz kommen.


Dadurch steigen die Verbindlichkeiten der EZB an, während ihre Aktivposten unverändert bleiben. Folglich schrumpft das Eigenkapital der EZB. Im betrachteten Fall, in dem neue Banknoten in Höhe von 500 Mrd. Euro ausgegeben werden, wird das Eigenkapital der Bank mehr als aufgezehrt. Es "springt" auf die Aktivseite, die Bank ist überschuldet.

Jedes andere Unternehmen müsste daraufhin Konkurs anmelden. Nicht jedoch eine Zentralbank. Sie ist der Zwangsmonopolist der Geldproduktion, und sie kann jederzeit ihre Verbindlichkeiten durch die Ausgabe ihres eigenen Geldes bezah-len. Sie muss nur sicherstellen, dass das von ihr ausgegebene Geld auch weiterhin von den Geldverwendern akzeptiert wird.

Die EZB könnte weitermachen, solange die Menschen keinen Anstoß daran neh-men, dass die EZB bilanzmäßig überschuldet ist, und sie weiterhin bereit sind, in Euro zu zahlen und zu sparen. Es kommt also darauf an, dass die Geldhalter ihr Vertrauen in das Geld nicht verlieren. Ob das bei einer (zusehends) überschuldeten Zentralbank der Fall sein wird, ist jedoch eine noch ungeklärte Frage.


Die (hohen) Kosten des Helikopter-Geldes

Wenn die EZB Helikopter-Euro ausgibt, macht sie Verluste. Sie erzielt also keinen Gewinn mehr, der bislang den öffentlichen Haushalten zugutekam. Bleiben die EZB-Gewinne aus, so müssen die Steuerzahler mit einer entsprechend höheren Besteuerung rechnen. Zudem sorgt die Ausgabe von Helikopter-Geld für steigende Güterpreise (im Vergleich zu einer Situation, in der kein Helikopter-Geld ausgegeben wird). Entsprechend sinkt die Kaufkraft der Geldverwender, und die (meisten) Menschen erleiden (zusätzlich auch noch) die Inflationssteuer.


Helikopter-Geld schafft Verteilungsprobleme

Ein Ausweiten der Geldmenge ist - und darauf wurde bereits hingewiesen - niemals "neutral". Vielmehr führt ein Ausweiten der Geldmenge immer zu einer Umverteilung von Einkommen und Vermögen zwischen Personen: Unterschiedli-che Personen werden dabei zu unterschiedlichen Zeiten und in unterschiedlichem Ausmaß betroffen.

Die Erstempfänger des neuen Geldes sind die Gewinner. Sie können mit dem neu geschaffenen Geld Güter zu noch unveränderten Preisen kaufen. Wenn dann jedoch die neue Geldmenge sich in der Volkswirtschaft verbreitet, steigen auch die Preise (beziehungsweise sie fallen höher aus im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht erhöht worden wäre). Folglich sind diejenigen, die die neue Geldmenge erst später empfangen (Spätempfänger), oder die gar nichts von ihr abbekommen (Nicht-Empfänger), die Geprellten. Sie können die Güter nur noch zu höheren Preisen kaufen.

Die Ausgabe von Helikopter-Geld sorgt folglich für eine (nicht-marktgerechte) Umverteilung von Einkommen und Vermögen zwischen den Menschen in einer Volkswirtschaft, aber eben auch zwischen den Nationen, die im Euroraum teilnehmen. Das wiederum birgt natürlich politischen Sprengstoff. Zudem stellt sich die Frage nach der politischen Legitimation einer solchen Politik.


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