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Edelmetalle: Schuldenstreit mit Griechenland könnte in eine neue Runde gehen

11.04.2016  |  Thorsten Proettel
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Während politisch eher links orientierte Volkswirte hierfür die Sparauflagen und die Folgen in Form einer ökonomischen Abwärtsspirale verantwortlich machen, sehen konservative Beobachter die Korruption, den Klientelismus und den fehlenden Gemeinsinn als Hauptursache an. Vermutlich steckt die Wahrheit wie so oft in der Mitte.


Befürworter und Gegner eines Schuldenschnitts

Aber ganz gleich, was der Grund für die bestehende Misere ist: Im Kern lässt sich der aktuell hinter den Kulissen schwelende Konflikt auf die Frage nach einem neuen Schuldenschnitt verdichten. Der IWF sieht ihn als Voraussetzung für die Tragfähigkeit der verbleibenden Schulden an. Er vermeidet dabei öffentlich auszusprechen, dass es ihm vor allem darum geht, dass andere Gläubiger wie die europäischen Staaten auf die Rückzahlung ihrer Kredite verzichten sollen, damit die IWFKredite problemlos bedient werden können.

Dass Griechenland selbst ein Interesse an einem Schuldenschnitt hat, muss nicht weiter betont werden. Dem entgegen steht allerdings, dass die deutsche Bundesregierung einen Schuldenschnitt kategorisch ausgeschlossen hat und vermutlich mit Blick auf die Bundestagswahl im Herbst 2017 auch wenig geneigt sein dürfte, dieses Fass aufzumachen.


Geräuschloser Schuldenschnitt?

Eine Lösung für das Problem wäre eine Art "geräuschloser Schuldenschnitt", wie er schon 2013/14 diskutiert und letztlich durchgeführt wurde. Damals wurde die Laufzeit der öffentlichen Kredite an Griechenland von 30 auf 50 Jahre gestreckt und die zu zahlenden Zinsen wurden sehr stark gesenkt. Finanztechnisch entspricht dies einem nominalen Schuldenschnitt, da hierdurch die Kreditraten sanken.

Ließe sich dieses Kunststück 2016 wiederholen, dann ist mit keinen größeren Auswirkungen auf den Goldpreis zu rechnen. Krisen, die nur im Hintergrund schwelen, verleiten nur wenige Anleger zu Goldkäufen.


Pro und Kontra Schuldenschnitt

Allerdings besteht angesichts der ohnehin schon sehr niedrigen Kreditzinsen und der langen Laufzeiten das Problem, dass weitere Verbesserungen der Konditionen kaum möglich sind. Auch hinsichtlich der Kredittilgung ist kein geräuschloser Schuldenschnitt möglich. Der Beginn der Tilgungen ist nämlich erst für das Jahr 2023 eingeplant. Und ob die EZB der griechischen Notenbank eine Erhöhung des ELA-Notkreditrahmens gestatten würde, ist angesichts der harschen Kritik an dieser Staatsfinanzierung durch die Notenpresse durchaus fraglich. Damit bliebe eigentlich nur ein regulärer Schuldenschnitt.

Da die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise auf das Wohlwollen Griechenlands angewiesen ist, hätte sie ein gutes Argument, über den eigenen Schatten zu springen. Außerdem sind die Kredite an Griechenland ohnehin so gut wie uneinbringbar. Auf der anderen Seite würde damit natürlich ein ungewolltes Signal an andere Krisenstaaten in der Eurolandperipherie ausgesendet werden.


Goldpreis würde vermutlich nur in Extremsituation profitieren

Doch selbst eine Zuspitzung der Lage, in der sich die Troika-Mitglieder öffentlich über die weitere Vorgehensweise streiten, während Griechenland auf eine Zahlungsunfähigkeit zusteuert, müsste nicht unbedingt einen Run auf Gold auslösen. Viele Anleger sind der griechischen Tragödie überdrüssig und ein erneuter "Hair Cut" würde kaum noch private Gläubiger treffen. Für einen deutlichen Effekt auf die Goldnotierungen wäre vielmehr das Szenario eines Auseinanderbrechens der Eurozone notwendig.

Dies sehen wir momentan jedoch nicht als sehr wahrscheinlich an, da der Wille der Politik zum Zusammenhalt der Währungsunion weiterhin überwiegt. Außerdem wurde bislang noch immer eine Möglichkeit zum Weitermachen gefunden - wenn auch oftmals erst in letzter Minute. Ganz auszuschließen ist ein Extremszenario allerdings nicht, zumal der Rückhalt der Wähler bröckelt. Zu beobachten war dies am jüngsten Referendum in den Niederlanden über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine. Folgenreicher könnte das Referendum über einen "Brexit" am 23. Juni werden.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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