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Doha-Schock scheint schnell verdaut

19.04.2016  |  Eugen Weinberg
Energie

Die Ölpreise haben erstaunlich schnell den Schock des gescheiterten Doha-Treffens verdaut. Brent handelt am Morgen bei 43,5 USD je Barrel wieder auf dem Niveau von Freitag. Ähnliches gilt für WTI mit gut 40 USD je Barrel. Von ihren gestern verzeichneten Tiefständen haben sich die Preis um mehr als 3 USD je Barrel erholt. Wie ist diese Preisreaktion zu erklären? Zum einen hätte eine Einigung auf Produktionsobergrenzen keinen wirklichen Unterschied für das aktuelle Ölangebot gemacht, da bis auf den Iran kein anderes Land kurzfristig seine Ölproduktion nennenswert hätte steigern können bzw. wollen.

Zum anderen gibt es derzeit einen Streik der Ölarbeiter in Kuwait. Dadurch liegt die kuwaitische Ölproduktion aktuell bei lediglich 1,1 Mio. Barrel pro Tag. Der daraus resultierende Produktionsausfall von ca. 1,7 Mio. Barrel pro Tag entspricht in etwa dem derzeitigen Überangebot. Momentan ist der globale Ölmarkt somit in etwa ausgeglichen. Allerdings dürfte der Streik kaum über mehrere Wochen andauern. Zu abhängig ist die kuwaitische Wirtschaft von den Einnahmen aus dem Ölgeschäft.

Kuwait will die Ölproduktion in den kommenden Tagen wieder auf das normale Niveau erhöhen und plant rechtliche Schritte gegen den Streik. Zunächst sollen die Lieferungen aus den Lagerbeständen bestritten werden. Der Fokus dürfte sich daher schnell wieder auf das Überangebot richten.

Wir sehen Korrekturpotenzial insbesondere seitens der spekulativen Finanzanleger. Diese haben im Vorfeld des Doha-Treffens ihre Wetten auf steigende Preise nochmals massiv ausgeweitet. Die spekulativen Netto-Long-Positionen bei Brent stiegen in der Woche zum 12. April um 41 Tsd. auf ein neues Rekordniveau von 392 Tsd. Kontrakten.

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Edelmetalle

Gold legt heute Vormittag um ca. 1% auf 1.245 USD je Feinunze zu. Silber verteuert sich im Schlepptau von Gold sogar um fast 3% auf 16,75 USD je Feinunze. Dies entspricht dem höchsten Niveau seit 10½-Monaten. Das Gold-Silber-Verhältnis fiel auf gut 74, den niedrigsten Stand seit mehr als vier Monaten. Ein schwächerer US-Dollar gibt den Preisen ebenso Auftrieb wie die steigenden Ölpreise. Denn dadurch verringern sich die Sorgen vor einem weiteren Rückgang der Inflationserwartungen.

Da die EZB kurzfristig keine weitere Zinssenkung beabsichtigt, würden fallende Inflationserwartungen zu einem Anstieg der Realzinsen führen und damit den Goldpreis belasten. Bei der Fed ist dagegen nur die Frage, wann die Zinsen weiter erhöht werden und nicht ob. Der stimmberechtigte Präsident der Boston Fed, Rosengren, hat davor gewarnt, dass die Fed die Zinsen schneller anheben würde als vom Markt erwartet.

Der derzeitige in den Fed Fund Futures implizierte sehr flache Pfad von Zinserhöhungen würde ein Überhitzen der US-Wirtschaft zur Folge haben und schnellere Zinserhöhungen erforderlich machen. Die nächste Sitzung der US-Notenbank findet in der kommenden Woche statt. Sendet sie von dort Signale für eine Zinserhöhung im Juni, dürfte der Goldpreis stark unter Druck geraten. Denn der Markt rechnet derzeit damit nicht. Auch die bereits sehr hohen spekulativen Netto-Long-Positionen deuten auf Korrekturpotenzial hin.


Industriemetalle

Das Treffen der Stahlproduzenten in Brüssel zum Problem der Überkapazitäten am Weltmarkt blieb ergebnislos. China, das einen Großteil der Überproduktion verantwortet, sieht die Schwäche der Weltwirtschaft bzw. der Nachfrage sowie geopolitische Spannungen als verantwortlich für die „globale Herausforderung“. Nur: Wie lässt sich die Tatsache interpretieren, dass die chinesischen Produzenten im Vorjahr mit 112 Mio. Tonnen so viele Stahprodukte exportiert haben wie nie zuvor?

Wenn die Weltnachfrage doch so schwach ist, legt dies den Verdacht nahe, dass es sich um eine gewollte Überproduktion handelt. Damit liegt das Problem der Überproduktion sehr wohl in China. Und obgleich die Nachfrage in China laut Weltstahlverband in diesem Jahr erneut um 4% zurückgehen soll, werden die Kapazitäten unzureichend gekürzt. Ganz im Gegenteil hat die chinesische Stahlproduktion mit 70,65 Mio. Tonnen im März einen neuen Rekord aufgestellt, ebenso die Produktion der Stahlprodukte mit 99,23 Mio. Tonnen. Damit lag die chinesische Stahlproduktion um 2,9% über Vorjahr, während sie außerhalb Chinas weiterhin stark fällt.

Daher erachten wir den jüngsten Preisanstieg - einige Stahlsorten haben sich seit Februar um bis zu 50% verteuert - als nicht nachhaltig. Der Produktionsanstieg Chinas ging mit steigenden Stahlexporten einher, die im März mit 10 Mio. Tonnen 30% über Vorjahr lagen. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Diskussion um eine massive Erhöhung der Importzölle auf chinesische Stahlimporte zunimmt.


Agrarrohstoffe

Gestern zogen sowohl der Rohzuckerpreis in New York als auch der Weißzuckerpreis in London nochmals um über 2% an und notieren nun im Vergleich zur Vorwoche rund 8% höher. Der weitere Anstieg nach dem bereits zuvor durch hohe Defizitschätzungen ausgelösten Preissprung dürfte den enttäuschenden Produktionszahlen aus Indien geschuldet sein. Wie die Indische Zuckermühlenvereinigung ISMA meldet, wurden seit Saisonbeginn im Oktober bis zum 15. April 24,3 Mio. Tonnen Zucker produziert, gut 8% weniger als im gleichen Zeitraum der Vorsaison.

Dies könnte bedeuten, dass selbst hohe Defizitschätzungen für 2015/16 durch die Realität noch übertroffen werden könnten. So hat etwa das Handelshaus Czarnikow, das wie gestern gemeldet ein Defizit von 11,4 Mio. Tonnen prognostiziert, für Indien noch 29 Mio. Tonnen eingestellt - eine angesichts der jüngsten ISMA-Daten möglicherweise zu optimistische Sicht. Umfragen zufolge wird die tatsächliche Produktion eher bei 25,5 Mio. Tonnen gesehen nach 28,3 Mio. Tonnen 2014/15. Auch wird für die Saison 2016/17 ein weiterer Rückgang der indischen Produktion befürchtet.

Der Generalsekretär der Zuckerhändlervereinigung in Mumbai erwartet dann nur maximal 23 Mio. Tonnen Zucker. So wichtig Indien als Produzent ist: Für die Weltmarktversorgung spielt Brasilien eine deutlich größere Rolle, und hier dürfte die chaotische politische und wirtschaftliche Lage bald die Währung wieder massiv schwächen und Druck auf die Zuckerpreise ausüben.



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