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Gold bei Großinvestoren gefragt - Private bleiben zurückhaltend

11.07.2016  |  Thorsten Proettel
Neue Jahreshöchststände erreicht

Obwohl sich Gold und Silber im ersten Halbjahr 2016 bereits um 24% beziehungsweise um knapp 33% verteuerten, setzten die Notierungen zu Beginn des 3. Quartals ihre Klettertour fort. Der Silberpreis überschritt am Montag kurzzeitig die Marke von 21 USD, nachdem vor dem Brexit-Referendum noch weniger als 17,50 USD je Feinunze gezahlt wurden. Gold erreichte zwei Tage später mit 1.374 USD ein neues Jahreshoch.

Als Argumente hierfür wurde an den Börsen wie schon in der Vorwoche die Unsicherheit der Marktteilnehmer nach dem Brexit-Referendum genannt. Außerdem machen sich allmählich Sorgen über die Lage der italienischen Banken mit ihren großen Beständen an faulen Krediten breit. Der prozentual viel stärkere Anstieg des Silberpreises in den letzten Tagen lässt sich mit dem hohen spekulativen Aktivitäten auf diesem Markt erklären.


Anlegernachfrage in Europa niedrig

In den kommenden Monaten dürfte die Wertentwicklung der beiden Edelmetalle vermutlich etwas verhaltener ausfallen. Zwar wird die Unsicherheit nach dem Brexit-Entscheid wahrscheinlich hoch bleiben, zumal aus London bislang keine klare Richtung erkennbar ist, wie es nun weitergehen soll. Der Schock ist jedoch bereits weitgehend in den Notierungen verarbeitet.

Für einen zusätzlichen Preisanstieg wäre eine Verschlechterung der Lage notwendig, die über die bislang bekannten Szenarien hinausgeht. Die Aussetzung des Handels von mehreren britischen Immobilienfonds deutet zwar auf Probleme hin, doch der Aktienmarkt in London schlägt sich bislang besser als beispielsweise der deutsche. Das gilt nicht nur für den FTSE 100-Index mit den großen international tätigen Gesellschaften, sondern auch für die Small Caps, also kleinen Firmen (vgl. Chart).

Ein weiterer Anstieg des Goldpreises dürfte auch durch die schwache Nachfrage privater Haushalte gehemmt werden. Die Anleger in Europa halten sich angesichts des deutlich gestiegenen Preises derzeit mit Neuengagements zurück. Und in China und Indien kalkulieren die Juweliere derzeit sogar mit einem Abschlag auf den internationalen Goldpreis, um überhaupt noch Kunden in ihre Geschäfte zu locken.


Institutionelle Anleger kaufen weiterhin

Eine wichtige Stütze für den Goldmarkt bleiben bislang aber die Käufe institutioneller Anleger wie Pensionsfonds und Stiftungen, die sich in einem steigenden Goldbestand der physisch besicherten Fonds zeigen (siehe Chart). Im ersten Halbjahr 2016 erwarben die Emittenten der ETCs 490 Tonnen des Edelmetalls und in den ersten Julitagen weitere 50 Tonnen. Die bisherige Rekordmenge von 533 Tonnen im 1. Halbjahr 2009 wurde somit nur knapp verfehlt.

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Gold als Fluchtwährung vor Niedrigzins?

Der Grund für diese hohen Käufe ist möglicherweise weniger in der oft postulierte Suche nach einem "sicheren Hafen" zu suchen. Immerhin legen die ETC-Bestände schon seit einiger Zeit und unabhängig von dem Brexit-Referendum gleichmäßig zu. Vermutlich hängt die Hinwendung zu Gold deshalb eher mit der Niedrig-, Null- und Negativzinspolitik zusammen.

Dieses Problem und der damit zusammenhängende Anlagenotstand ist zwar nicht neu. Allerdings ist das Zinsniveau in den letzten Monaten nochmals deutlich abgesunken, wie die Verschiebung der Zinsstruktur in der nebenstehenden Grafik dokumentiert. Die drei Kurven zeigen an, welche Renditen Anleihen der Emittentin Bundesrepublik Deutschland in Abhängigkeit von der Restlaufzeit im Juli 2014, im Juli 2015 und in dieser Woche einbrachten.

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Renditen stark im negativen Bereich

Im vergangenen Juli warfen deutsche Staatsanleihen ab einer Restlaufzeit von 5 Jahren positive Renditen ab. Nur der kurz- bis mittelfristige Laufzeitenbereich sorgte für Negativzinsen. Ein Jahr zuvor, im Juli 2014, befand sich das "kurze Ende" der Zinsstrukturkurve sogar noch auf der Nulllinie. Und 10jährige Anleihen rentierten damals immerhin bei 1,26%. Bedingt durch die starken Anleihekäufe der Europäischen Zentralbank kosten derzeit aber alle Anleihen bis hin zu einer Laufzeit von 15 Jahren Negativzinsen.

Im Bereich der mittelfristigen Laufzeiten sind sogar bis zu -0,7% p.a. von den Anlegern hinzunehmen. Das gleiche gilt für andere Staaten mit guter Bonität. Beispielsweise fiel die Rendite 50jähriger Schweizer Staatsanleihen in dieser Woche erstmals unter null. Lediglich in den USA sind leicht positive Renditen über alle Laufzeiten hinweg möglich. 10jährige Treasurys werfen derzeit 1,39% p.a. ab. Für institutionelle Anleger wie Versicherungen, die ihren Kunden einen Garantiezins versprochen haben, ist die Lage dennoch verheerend. Es ist deshalb gut möglich, dass die hohen ETC-Käufe auch im zweiten Halbjahr anhalten und eine wichtige Stütze für den Goldpreis darstellen.


© Thorsten Proettel
Commodity Analyst

Quelle: Landesbank Baden-Württemberg, Stuttgart



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