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Fed: Zögern mit System

07.08.2016  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Das fortgesetzte Inflationieren der Kredit- und Geldmengen scheint wahrscheinlicher zu sein als ein deflationärer Crash.

Die US-Zentralbank (Fed) hat auf ihrer Sitzung am 27. Juli ein weiteres Mal davor zurückgescheut, den Leitzins anzuheben. Und das, obwohl er nach gängigen Maßstäben viel zu niedrig ist. Warum ist die Fed so zögerlich, die Zinsen anzuheben?

Zum einen ist die laufende US-Inflation nach wie vor relativ niedrig. Das verleitet die Geldpolitiker dazu, die Zinserhöhungen zu vertagen. Zum anderen scheint man auch die Folgewirkungen zu scheuen, die von steigenden Kredit-kosten ausgehen. Höhere US-Zinsen hätten nämlich nicht nur bremsende Wirkung für die heimische Wirtschaft. Beispielsweise würde der US-Dollar weiter aufwerten und die Exporte der amerikanischen Unternehmen erschweren.

Auch international hätte eine US-Zinsanhebung Folgen. Die Abwertung des Renminbi-Außenwertes würde beispielsweise weitergehen. Das wiederum würde Preisanpassungen in den westlichen Volkswirtschaften erforderlich machen und, zumindest kurzfristig, Wachstum kosten.

Der zentrale Grund für das Zögern der Fed dürfte jedoch im ungedeckten Papiergeldsystem zu finden sein. Sein "Funktionieren" hängt davon ab, dass die Zinsen niedrig bleiben, beziehungsweise dass sie auf immer niedrigere Niveaus fallen. Die Fed drückt daher die Zinsen extrem herab. Gleichzeitig hält sie aber die Erwartung künftig steigender Zinsen wach, um die Kreditmarktakteure bei Laune zu halten. Diese Politik erinnert stark an das Theaterstück "Warten auf Godot". (1)

Je länger allerdings die Fed die Zinserhöhungen hinauszögert, desto unwahrscheinlicher werden sie - weil natürlich die Wahrscheinlichkeit steigt, dass sich die amerikanische Konjunkturlage wieder eintrübt, und Zinserhöhungen dann nicht mehr möglich sind. Mittlerweile mehren sich die Zeichen, dass die amerikanische Preisinflation zunehmen wird. Sie zeigt sich bereits in den steigenden Aktien- und Häusermärkten, und es wäre verwunderlich, wenn sie früher oder später nicht auch ver-stärkt die Endverbraucherstufe erreicht.

Die viel beklagte Produktivitätsschwäche der US-Wirtschaft geht seit etwa Mitte 2015 einher mit einem merklichen Anziehen des US-Geldmengenwachstums, befördert von einem nach wie vor recht hohen Bankkreditwachstum. Eine Konstellation, die für künftigen Preisauftrieb spricht.

Das "Deflationsgespenst", das im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 umhergeisterte, ist längst vertrieben. Für Anleger ist die entscheidende Frage, ob es der Fed - und auch allen anderen großen Zentralbanken in der Welt - überhaupt noch gelingen kann, ihre Politik der "monetären Überdosis" zu beenden. Die Aussichten stehen schlecht. Die Volkswirtschaften sind längst zu Gefangenen früherer Zentralbankentscheidungen geworden. Im Bestreben, die Schäden - wie Kapitalfehllenkungen und hohe Schulden - zu überdecken, wird das Fortführen der Tiefzins- und die Geldmengenvermehrungspolitik als das vergleichbar kleinste Übel angesehen.

Und genau das ebnet der Inflation den Weg. Inflation ist nämlich ein monetäres Phänomen: Steigt die Geldmenge, steigen auch die Preise - beziehungsweise sie fallen höher aus im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre.

Wie kann man dem Kaufkraftverlust der Ersparnisse, der in einem andauernden Umfeld niedriger Zinsen und ansteigender Geldmenge absehbar ist, entkommen? Ein Teil des liquiden Vermögens hält man in der Währung Gold. Gold ist ein seit Jahrtausenden erprobtes Geld. Es ist zudem eine Impfung gegen die Widrigkeiten des ungedeckten Papiergeldsystems, das immer wieder, wie die Geschichte leidvoll zeigt, zu Inflation geführt hat.

Man braucht aber vor allem eine Rendite auf sein Kapital, die nach Abzug der Inflation positiv ist. Nur so lässt sich das Kapital erhalten beziehungsweise mehren. Erzielen lässt sich das, indem man in Unternehmensaktien investiert, die sich durch inflationsresistente Geschäftsmodelle auszeichnen, die auch bei Inflation profitabel wirtschaften können.

Für das langfristig orientierte Investieren in Aktien spricht auch das Folgende: Es ist wahrscheinlicher, dass das internationale ungedeckte Papiergeldsystem inflationiert wird - quasi im Gleichschritt der Zentralbankpolitiken -, als dass es in einem "Crash" untergeht. Eine Inflationierung wird in der wohlfahrtsstaatsverwöhnten Öffentlichkeit eher Zustimmung finden als ein deflationärer Crash, und letzterer kann bekanntlich durch die Zentralbanken - die Monopolisten der Geldproduktion - bis auf weiteres auch abgewehrt werden.

Solange also die Zentralbanken dafür sorgen, dass der Kredit- und Geldmengenzustrom nicht abreißt - und danach sieht es aus -, werden Aktienkursrückschläge zeitlich begrenzt bleiben - wie 2000/2001 und 2008/2009 -, und der Trend der Kurse bleibt weiter aufwärts gerichtet.

(1) In Samuel Becketts (1906 - 1989) Theaterstück "Warten auf Godot" warten zwei Landstreicher auf die Ankunft eines gewissen Herrn Godot - der aber nie erscheint. Dennoch lösen sich die beiden Landstreicher nicht aus ihrer sinnlosen Wartehaltung, nehmen nicht Abschied von ihrer vergeblichen Hoffnung.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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