Silber und Inflation
17.09.2016 | Roland Watson
Wenn man einen Newsletter zum Thema Silber herausgibt und immer bemüht ist, neue Sichtweisen auf das Edelmetall zu eröffnen, muss man notwendigerweise zahlreiche verschiedene Datensätze pflegen. Manche von diesen Datensätzen aktualisiere ich wöchentlich oder monatlich für meine Abonnenten, doch meiner Ansicht nach ist es auch interessant, einmal einen Datensatz zu betrachten, der uns eine sehr langfristige Perspektive auf den Silberpreis gibt.
Werfen wir zuerst einen Blick auf den Chart des monatlichen Silberpreises seit 1792. Wie Sie sehen, war der Preis für eine Feinunze Silber während der ersten 175 Jahre erstaunlich konstant, da er von den westlichen Regierungen streng kontrolliert wurde, und das aus gutem Grund: Silber war als monetäres Metall anerkannt und war bei den meisten alltäglichen Geschäftstransaktionen das bevorzugte Zahlungsmittel.
Ein Morgan-Silberdollar wog beispielsweise 26,71 Gramm. Da er zu 90% aus Silber bestand, hatte er einen Silbergehalt von 24,04 Gramm. Eine Feinunze entspricht 31,1 Gramm, daher musste der Silberpreis mit 31,1/24,04 bzw. 1,29 Dollar je Feinunze berechnet und festgelegt werden. Genauer gesagt hat der U.S. Coinage Act, das diesbezügliche Gesetz aus dem Jahr 1792, einen Dollar als 371,25 Gran Silber bzw. 0,7734 Feinunzen definiert.
Die verbleiben 49 Jahre des obenstehenden Charts erwiesen sich dann als ziemlich volatil, da Silber weltweit aus den Münzwährungen verschwand. Heute entspricht ein Dollar nicht mehr 371 Gran, sondern nur 24 Gran Silber und war zwischenzeitlich bis auf 10 Gran gesunken. Ein einziger Morgan-Dollar ist heute, abgesehen von seinem numismatischem Wert, etwa 15 Dollar wert. Es ist offensichtlich, dass die kontinuierliche und exzessive Ausweitung des Geldangebots im Verhältnis zum tatsächlichen Wirtschaftswachstum schon vor langer Zeit dazu geführt hat, dass das Fiatgeld jeden Bezug zu seinem ursprünglichen Zweck verloren hat.
Der Silberpreis im obenstehenden Chart wird also an einem Maßstab gemessen, der sich selbst fortwährend ändert - dem US-Dollar. Um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie sich der Silberpreis tatsächlich entwickelt hat, stellt der folgende Chart ihn gemessen am Dollarwert des Jahres 2016 dar. Der nächste Preischart ist also inflationsbereinigt.
Beachten Sie die frühen Preisspitzen in den Jahren 1878 und 1890 bei etwa 33 Dollar je Unze. Diese fielen mit den Gesetzen Bland-Allison Act und Sherman Act in den Vereinigten Staaten zusammen, die der US-Regierung eine Vollmacht zur Erhöhung ihrer Silberkäufe gab, um die Farmer und die Bergbauindustrie zu unterstützen. Da Silber Geld war, vergrößerte sich dadurch die Geldmenge, was wiederum zu Inflation führte, durch die sich die Schuldenlast der Farmer verringerte. Es ist keine Überraschung, dass im Zuge dessen auch der Silberpreis fiel, als das Edelmetall den Markt überschwemmte.
Das macht deutlich, dass Geld auch abgewertet werden kann, ohne dass es sich um eine reine Fiatwährung handelt. Die Entscheidung zur Ausweitung der Silberkäufe hatte eine 40 Jahre währende Silberbaisse zur Folge und zur Zeit der Großen Depression sank der inflationsbereinigte Silberpreis bis auf 4,50 Dollar. Nebenbei bemerkt: Wenn Ihnen jemand sagt, dass Sie Silber kaufen sollten, weil die Regierung zu viel Geld druckt, dann ist dieser Chart keine Bekräftigung dieses Ratschlags. Die US-Regierung druckt schon seit einem Jahrhundert zu viel Geld, aber der Silberpreis hat nicht mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. Er stagnierte stattdessen entweder, schoss steil in die Höhe oder stürzte ab.
Die enormen Preisschwankungen am Silbermarkt haben andere Gründe, da die Silberreserven in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, die das Verhalten von Regierungen, Unternehmen und Investoren betreffen, im Wechsel aufgestockt und dann wieder abgebaut werden. Machen Sie sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass die enormen Reserven, die derzeit angelegt werden, weil zahlreiche Investoren Silber kaufen, die Grundlage für langjährige, kontinuierliche Silberverkäufe während einer kommenden Mega-Baisse bilden!
Vielleicht fragen Sie sich, was es mit der schwarzen Linie auf sich hat, die sich bei 15,70 Dollar durch den Chart zieht. Das ist der durchschnittliche inflationsbereinigte Silberpreis in der Zeitspanne von 1792 bis 2016. Man könnte argumentieren, dass das der "angemessene" Marktpreis für Silber ist. Dafür gibt es allerdings keinen wirklich objektiven Maßstab. Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass zu der Zeit, als Silber Geld war und die Silberreserven in einem Verhältnis von 16:1 zu den Goldreserven standen, der durchschnittliche inflationsbereinigte Silberpreis bei etwa 30 Dollar je Unze lag.
Die Mutter aller Bullenmärkte war jedoch das Jahr 1980, als der Silberkurs im inflationsbereinigten Chart, d. h. gemessen am heutigen Dollarwert, bis auf 118 Dollar stieg. Basierend auf den Intraday-Preisen verschiedener Börsen an diesem Handelstag werden Sie wahrscheinlich auch andere inflationsbereinigte Höchstkurse finden (ich habe zum Beispiel irgendwo 136 Dollar gelesen). Doch wie dem auch sei - die Hausse von 1980 ist nach wie vor der Maßstab für den höchsten Silberkurs in der Geschichte, während sich der neue Bullenmarkt Schritt für Schritt entwickelt.
Wird der historische Rekordpreis von 118 Dollar (oder mehr) für eine Unze Silber im Laufe dieser Hausse übertroffen werden? Angesichts des aktuellen Kursniveaus bei etwa 20 Dollar scheint das weit hergeholt. Ich glaube dennoch, dass wir neue Höchstpreise sehen werden. Die Frage, die sich für Investoren dann stellt, ist allerdings Folgende: Welche Kaufkraft wird ein Dollar noch haben, wenn man 118 davon braucht um eine einzige Unze Silber zu kaufen?
© Roland Watson
Weiter Analysen finden Sie bei Interesse auf unseren Silber-Blog. Leser können hier zudem weitere Informationen zum Abonnement des Silber Analyst Newsletter erhalten. Falls Sie Kommentare und Fragen haben, schreiben Sie bitte an silveranalysis@yahoo.co.uk.
Dieser Artikel wurde am 09. August 2016 auf www.silverseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Werfen wir zuerst einen Blick auf den Chart des monatlichen Silberpreises seit 1792. Wie Sie sehen, war der Preis für eine Feinunze Silber während der ersten 175 Jahre erstaunlich konstant, da er von den westlichen Regierungen streng kontrolliert wurde, und das aus gutem Grund: Silber war als monetäres Metall anerkannt und war bei den meisten alltäglichen Geschäftstransaktionen das bevorzugte Zahlungsmittel.
Ein Morgan-Silberdollar wog beispielsweise 26,71 Gramm. Da er zu 90% aus Silber bestand, hatte er einen Silbergehalt von 24,04 Gramm. Eine Feinunze entspricht 31,1 Gramm, daher musste der Silberpreis mit 31,1/24,04 bzw. 1,29 Dollar je Feinunze berechnet und festgelegt werden. Genauer gesagt hat der U.S. Coinage Act, das diesbezügliche Gesetz aus dem Jahr 1792, einen Dollar als 371,25 Gran Silber bzw. 0,7734 Feinunzen definiert.
Die verbleiben 49 Jahre des obenstehenden Charts erwiesen sich dann als ziemlich volatil, da Silber weltweit aus den Münzwährungen verschwand. Heute entspricht ein Dollar nicht mehr 371 Gran, sondern nur 24 Gran Silber und war zwischenzeitlich bis auf 10 Gran gesunken. Ein einziger Morgan-Dollar ist heute, abgesehen von seinem numismatischem Wert, etwa 15 Dollar wert. Es ist offensichtlich, dass die kontinuierliche und exzessive Ausweitung des Geldangebots im Verhältnis zum tatsächlichen Wirtschaftswachstum schon vor langer Zeit dazu geführt hat, dass das Fiatgeld jeden Bezug zu seinem ursprünglichen Zweck verloren hat.
Der Silberpreis im obenstehenden Chart wird also an einem Maßstab gemessen, der sich selbst fortwährend ändert - dem US-Dollar. Um eine bessere Vorstellung davon zu bekommen, wie sich der Silberpreis tatsächlich entwickelt hat, stellt der folgende Chart ihn gemessen am Dollarwert des Jahres 2016 dar. Der nächste Preischart ist also inflationsbereinigt.
Beachten Sie die frühen Preisspitzen in den Jahren 1878 und 1890 bei etwa 33 Dollar je Unze. Diese fielen mit den Gesetzen Bland-Allison Act und Sherman Act in den Vereinigten Staaten zusammen, die der US-Regierung eine Vollmacht zur Erhöhung ihrer Silberkäufe gab, um die Farmer und die Bergbauindustrie zu unterstützen. Da Silber Geld war, vergrößerte sich dadurch die Geldmenge, was wiederum zu Inflation führte, durch die sich die Schuldenlast der Farmer verringerte. Es ist keine Überraschung, dass im Zuge dessen auch der Silberpreis fiel, als das Edelmetall den Markt überschwemmte.
Das macht deutlich, dass Geld auch abgewertet werden kann, ohne dass es sich um eine reine Fiatwährung handelt. Die Entscheidung zur Ausweitung der Silberkäufe hatte eine 40 Jahre währende Silberbaisse zur Folge und zur Zeit der Großen Depression sank der inflationsbereinigte Silberpreis bis auf 4,50 Dollar. Nebenbei bemerkt: Wenn Ihnen jemand sagt, dass Sie Silber kaufen sollten, weil die Regierung zu viel Geld druckt, dann ist dieser Chart keine Bekräftigung dieses Ratschlags. Die US-Regierung druckt schon seit einem Jahrhundert zu viel Geld, aber der Silberpreis hat nicht mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten. Er stagnierte stattdessen entweder, schoss steil in die Höhe oder stürzte ab.
Die enormen Preisschwankungen am Silbermarkt haben andere Gründe, da die Silberreserven in Abhängigkeit von verschiedenen Faktoren, die das Verhalten von Regierungen, Unternehmen und Investoren betreffen, im Wechsel aufgestockt und dann wieder abgebaut werden. Machen Sie sich in diesem Zusammenhang bewusst, dass die enormen Reserven, die derzeit angelegt werden, weil zahlreiche Investoren Silber kaufen, die Grundlage für langjährige, kontinuierliche Silberverkäufe während einer kommenden Mega-Baisse bilden!
Vielleicht fragen Sie sich, was es mit der schwarzen Linie auf sich hat, die sich bei 15,70 Dollar durch den Chart zieht. Das ist der durchschnittliche inflationsbereinigte Silberpreis in der Zeitspanne von 1792 bis 2016. Man könnte argumentieren, dass das der "angemessene" Marktpreis für Silber ist. Dafür gibt es allerdings keinen wirklich objektiven Maßstab. Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass zu der Zeit, als Silber Geld war und die Silberreserven in einem Verhältnis von 16:1 zu den Goldreserven standen, der durchschnittliche inflationsbereinigte Silberpreis bei etwa 30 Dollar je Unze lag.
Die Mutter aller Bullenmärkte war jedoch das Jahr 1980, als der Silberkurs im inflationsbereinigten Chart, d. h. gemessen am heutigen Dollarwert, bis auf 118 Dollar stieg. Basierend auf den Intraday-Preisen verschiedener Börsen an diesem Handelstag werden Sie wahrscheinlich auch andere inflationsbereinigte Höchstkurse finden (ich habe zum Beispiel irgendwo 136 Dollar gelesen). Doch wie dem auch sei - die Hausse von 1980 ist nach wie vor der Maßstab für den höchsten Silberkurs in der Geschichte, während sich der neue Bullenmarkt Schritt für Schritt entwickelt.
Wird der historische Rekordpreis von 118 Dollar (oder mehr) für eine Unze Silber im Laufe dieser Hausse übertroffen werden? Angesichts des aktuellen Kursniveaus bei etwa 20 Dollar scheint das weit hergeholt. Ich glaube dennoch, dass wir neue Höchstpreise sehen werden. Die Frage, die sich für Investoren dann stellt, ist allerdings Folgende: Welche Kaufkraft wird ein Dollar noch haben, wenn man 118 davon braucht um eine einzige Unze Silber zu kaufen?
© Roland Watson
Weiter Analysen finden Sie bei Interesse auf unseren Silber-Blog. Leser können hier zudem weitere Informationen zum Abonnement des Silber Analyst Newsletter erhalten. Falls Sie Kommentare und Fragen haben, schreiben Sie bitte an silveranalysis@yahoo.co.uk.
Dieser Artikel wurde am 09. August 2016 auf www.silverseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.