"Erhöhen Sie den Goldanteil auf 30 Prozent"
09.10.2016 | Manfred Gburek
Dieses Zitat stammt von einem Banker der alten Schule (später mehr). Der Goldpreis ist nicht nur deshalb gerade jetzt, da scheinbar die wenigsten Leute noch etwas von dem Edelmetall wissen wollen, eine nüchterne Analyse wert: Er wechselte im Lauf des vergangenen Freitags gleich sechs Mal die Richtung - ein neuer Rekord - und schloss im späten New Yorker Handel, nachdem er kurzfristig unter 1250 Dollar je Feinunze gerutscht war, sogar minimal im Plus. Das bedeutet: Nach unten regt sich erheblicher Widerstand.
Wenden wir uns also dem Freitagsgeschehen unter einem weiteren Aspekt zu: Die Septemberdaten zum amerikanischen Arbeitsmarkt sollten bestätigen, was Volkswirte in mühevoller Kleinarbeit ausgetüftelt hatten: die Schaffung von 180.000 neuen Jobs. Doch daraus wurde nichts, nur 151.000 kamen zustande. Daraufhin bemühten sich die Volkswirte hurtig um allerhand Ausreden. Derweil gingen die Börsianer zur Tagesordnung über.
Das heißt, sie äußerten Zweifel daran, ob die seit längerer Zeit diskutierte Erhöhung des US-Leitzinses, wie allgemein erwartet, überhaupt noch im Dezember kommen werde. Und sie gaben dem Goldpreis zunächst einen kleinen Schub nach oben; zuvor hatten sie ihn noch mit der Begründung nach unten geschickt, die Daten zum Arbeitsmarkt würden die Zinserhöhung unausweichlich und damit Gold als zinsloses Metall uninteressant machen.
Noch mehr Unsinn geht wahrlich nicht. Da werden künstlich Zusammenhänge hergestellt, die jeglicher Logik entbehren. Die Medien schnappen sie auf und verbreiten sie in Windeseile, woraufhin viele Anleger darauf hereinfallen und in die falsche Richtung spekulieren. Das Ganze findet auch auf internationaler Bühne statt, dieses Mal aus Anlass des jährlichen Treffens beim Internationalen Währungsfonds in Washington.
Großes Rätselraten unter Börsianern: Was war wirklich die Ursache für den zwischenzeitlichen Rückgang des Goldpreises in der vergangenen Woche? Wie immer bei solchen Gelegenheiten gibt es verschiedene Antworten. Greifen wir zwei heraus: Eine, die in fast aller Munde war, aber am wenigsten zur Klärung beitrug, und eine andere, die kaum diskutiert wurde, aber deutlich sichtbar am Goldchart zu erkennen war. Fall Nummer eins: ein drohender Zinsanstieg. Fall Nummer zwei: ein Algorithmus, wie man einen besonders bei Managern von Hedgefonds beliebten schematischen Rechenvorgang nennt.
Der Zinsanstieg droht seit - ja seit wie vielen Jahren droht er eigentlich schon? Die einen behaupten, seit sich die Konjunktur nach dem tiefen Einbruch 2008/09 wieder schneller als allgemein erwartet berappelt hat. Die anderen setzen dagegen, bald gehe es mit dem Zinsanstieg los, weil - ja was denn, etwa weil die amerikanische Notenbank Fed nach monatelangem Zögern im Dezember den Leitzins endlich doch anheben werde? Seltsam, sonst behaupten Börsianer doch immer wieder, dies oder das sei bereits längst eingepreist, warum nun also nicht die drohende amerikanische Leitzinserhöhung im Goldpreis?
Wobei noch zu erwähnen ist, dass - zumindest gerüchteweise - die EZB angeblich bald von ihrer ultralockeren Geldpolitik ablassen werde. Verfolgen Sie deshalb unbedingt den Bund Future, den Terminkontrakt auf eine langlaufende fiktive Bundesanleihe. Er ist in der vergangenen Woche wegen der Gerüchte gefallen. Fiele er weiter, würde dies als Bestätigung vom nahenden Ende der EZB-Geldpolitik gelten. Bliebe er dagegen um 165 Punkte herum stehen, wäre der Rückfall des Bund Future als Fehlalarm zu interpretieren. Übrigens lag sein in diesem Jahr erreichtes absolutes Hoch bei über 168 Punkten.
Erwartungen und Gerüchte, so etwas mag gerade noch dazu taugen, Börsenanfänger hinters Licht zu führen, wohingegen Profis längst eine andere Rechnung aufmachen: Falls die Anleiherenditen in den USA, in Europa und Japan stiegen, käme es zu einem internationalen Abverkauf der Anleihen, deren Kurse dann kräftig sinken und die Aktienkurse mit sich nach unten ziehen würden. Dieser Aspekt wird bei der ganzen Diskussion über die vermeintlich negative Wirkung steigender Zinsen auf den Goldpreis meistens unter den Tisch fallen gelassen. Als wenn ein steigender Zins dem zinslosen Gold den Garaus machen könnte.
Dabei ist - leicht zeitversetzt - das Gegenteil der Fall: Die Welt ertrinkt nicht etwa in Tages- oder Festgeldkonten, die einen Zinsanstieg mitmachen würden, sondern in Anleihen, sprich Schulden. Und die verlieren bei fallenden Kursen an Wert. Daraus folgt, dass Anleger über kurz oder lang sichere Häfen anstreben dürften (wie an dieser Stelle schon einige Male betont), also Gold und Aktien, diese jedoch erst nach dem Ende des dann zu erwartenden Kursrückgangs.
Anders als zum viel diskutierten Zinsanstieg gibt es zum erwähnten Algorithmus nur wenig zu sagen. Konkret geht es hier um die Kurve des viel beachteten gleitenden 100-Tage-Goldpreisindex. Er hat Mitte der vergangenen Woche die Kurve des realen Goldpreises wie ein scharfes Messer von unten nach oben geschnitten. Daraufhin sind an den Derivatemärkten algorithmisch programmierte Verkaufsaufträge für Gold ausgelöst worden. Das haben die Mainstream-Medien zum Anlass genommen, das Argument von den angeblich bald steigenden Zinsen wiederzukäuen.
Das Zusammentreffen vom gleitenden 100-Tage-Durchschnitt mit dem Goldpreis hat dieses Mal noch vor den bekannten Chartisten das World Gold Council besonders schnell aufgegriffen, in dem die Interessen der Goldminen gebündelt sind. Sieht man von der üblichen Stimmungsmache für Gold im jüngsten "Market Update" des Councils ab, sind darin auch handfeste Argumente pro Gold genannt. Besonders eines ist hervorzuheben: die geplante Aufstockung der Goldreserven durch Notenbanken.
Dazu hat das Council 19 Notenbanken befragt und die Antwort erhalten, dass mehr als die Hälfte von ihnen die Goldreserven in den nächsten drei Jahren aufstocken will. Berücksichtigt man dazu auch solche Notenbanken, die ihre Reserven unverändert lassen wollen, ergeben sich fast 90 Prozent. Das heißt umgekehrt, dass etwa nur jede zehnte Notenbank sich vom Gold trennen will.
Falls Sie kein Abonnent des Manager Magazins sind, möchte ich Ihnen zum Schluss nicht vorenthalten, was für eine Anlagestrategie der gestandene Ex-Banker Oswald Grübel, einst Chef von Credit Suisse und UBS, Ihnen für die kommenden Jahre im aktuellen Sonderheft der Zeitschrift mit auf den Weg gibt:
"Es ist denkbar, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Währung und die Zentralbanken und deren Nullzinspolitik verliert und als Folge die Zinsen rasant steigen werden. Dann werden zunächst die professionellen Investoren ihre Anleihen verkaufen wollen, aber es wird keine Käufer mehr geben." Noch spannender ist, was Grübel zum Gold zu sagen hat: "Erhöhen Sie den Goldanteil bei Ihren Anlagen auf 30 Prozent! Gold ist immer noch relativ günstig angesichts der Geldschwemme, die die Zentralbanken seit Jahren verursachen."
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Wenden wir uns also dem Freitagsgeschehen unter einem weiteren Aspekt zu: Die Septemberdaten zum amerikanischen Arbeitsmarkt sollten bestätigen, was Volkswirte in mühevoller Kleinarbeit ausgetüftelt hatten: die Schaffung von 180.000 neuen Jobs. Doch daraus wurde nichts, nur 151.000 kamen zustande. Daraufhin bemühten sich die Volkswirte hurtig um allerhand Ausreden. Derweil gingen die Börsianer zur Tagesordnung über.
Das heißt, sie äußerten Zweifel daran, ob die seit längerer Zeit diskutierte Erhöhung des US-Leitzinses, wie allgemein erwartet, überhaupt noch im Dezember kommen werde. Und sie gaben dem Goldpreis zunächst einen kleinen Schub nach oben; zuvor hatten sie ihn noch mit der Begründung nach unten geschickt, die Daten zum Arbeitsmarkt würden die Zinserhöhung unausweichlich und damit Gold als zinsloses Metall uninteressant machen.
Noch mehr Unsinn geht wahrlich nicht. Da werden künstlich Zusammenhänge hergestellt, die jeglicher Logik entbehren. Die Medien schnappen sie auf und verbreiten sie in Windeseile, woraufhin viele Anleger darauf hereinfallen und in die falsche Richtung spekulieren. Das Ganze findet auch auf internationaler Bühne statt, dieses Mal aus Anlass des jährlichen Treffens beim Internationalen Währungsfonds in Washington.
Großes Rätselraten unter Börsianern: Was war wirklich die Ursache für den zwischenzeitlichen Rückgang des Goldpreises in der vergangenen Woche? Wie immer bei solchen Gelegenheiten gibt es verschiedene Antworten. Greifen wir zwei heraus: Eine, die in fast aller Munde war, aber am wenigsten zur Klärung beitrug, und eine andere, die kaum diskutiert wurde, aber deutlich sichtbar am Goldchart zu erkennen war. Fall Nummer eins: ein drohender Zinsanstieg. Fall Nummer zwei: ein Algorithmus, wie man einen besonders bei Managern von Hedgefonds beliebten schematischen Rechenvorgang nennt.
Der Zinsanstieg droht seit - ja seit wie vielen Jahren droht er eigentlich schon? Die einen behaupten, seit sich die Konjunktur nach dem tiefen Einbruch 2008/09 wieder schneller als allgemein erwartet berappelt hat. Die anderen setzen dagegen, bald gehe es mit dem Zinsanstieg los, weil - ja was denn, etwa weil die amerikanische Notenbank Fed nach monatelangem Zögern im Dezember den Leitzins endlich doch anheben werde? Seltsam, sonst behaupten Börsianer doch immer wieder, dies oder das sei bereits längst eingepreist, warum nun also nicht die drohende amerikanische Leitzinserhöhung im Goldpreis?
Wobei noch zu erwähnen ist, dass - zumindest gerüchteweise - die EZB angeblich bald von ihrer ultralockeren Geldpolitik ablassen werde. Verfolgen Sie deshalb unbedingt den Bund Future, den Terminkontrakt auf eine langlaufende fiktive Bundesanleihe. Er ist in der vergangenen Woche wegen der Gerüchte gefallen. Fiele er weiter, würde dies als Bestätigung vom nahenden Ende der EZB-Geldpolitik gelten. Bliebe er dagegen um 165 Punkte herum stehen, wäre der Rückfall des Bund Future als Fehlalarm zu interpretieren. Übrigens lag sein in diesem Jahr erreichtes absolutes Hoch bei über 168 Punkten.
Erwartungen und Gerüchte, so etwas mag gerade noch dazu taugen, Börsenanfänger hinters Licht zu führen, wohingegen Profis längst eine andere Rechnung aufmachen: Falls die Anleiherenditen in den USA, in Europa und Japan stiegen, käme es zu einem internationalen Abverkauf der Anleihen, deren Kurse dann kräftig sinken und die Aktienkurse mit sich nach unten ziehen würden. Dieser Aspekt wird bei der ganzen Diskussion über die vermeintlich negative Wirkung steigender Zinsen auf den Goldpreis meistens unter den Tisch fallen gelassen. Als wenn ein steigender Zins dem zinslosen Gold den Garaus machen könnte.
Dabei ist - leicht zeitversetzt - das Gegenteil der Fall: Die Welt ertrinkt nicht etwa in Tages- oder Festgeldkonten, die einen Zinsanstieg mitmachen würden, sondern in Anleihen, sprich Schulden. Und die verlieren bei fallenden Kursen an Wert. Daraus folgt, dass Anleger über kurz oder lang sichere Häfen anstreben dürften (wie an dieser Stelle schon einige Male betont), also Gold und Aktien, diese jedoch erst nach dem Ende des dann zu erwartenden Kursrückgangs.
Anders als zum viel diskutierten Zinsanstieg gibt es zum erwähnten Algorithmus nur wenig zu sagen. Konkret geht es hier um die Kurve des viel beachteten gleitenden 100-Tage-Goldpreisindex. Er hat Mitte der vergangenen Woche die Kurve des realen Goldpreises wie ein scharfes Messer von unten nach oben geschnitten. Daraufhin sind an den Derivatemärkten algorithmisch programmierte Verkaufsaufträge für Gold ausgelöst worden. Das haben die Mainstream-Medien zum Anlass genommen, das Argument von den angeblich bald steigenden Zinsen wiederzukäuen.
Das Zusammentreffen vom gleitenden 100-Tage-Durchschnitt mit dem Goldpreis hat dieses Mal noch vor den bekannten Chartisten das World Gold Council besonders schnell aufgegriffen, in dem die Interessen der Goldminen gebündelt sind. Sieht man von der üblichen Stimmungsmache für Gold im jüngsten "Market Update" des Councils ab, sind darin auch handfeste Argumente pro Gold genannt. Besonders eines ist hervorzuheben: die geplante Aufstockung der Goldreserven durch Notenbanken.
Dazu hat das Council 19 Notenbanken befragt und die Antwort erhalten, dass mehr als die Hälfte von ihnen die Goldreserven in den nächsten drei Jahren aufstocken will. Berücksichtigt man dazu auch solche Notenbanken, die ihre Reserven unverändert lassen wollen, ergeben sich fast 90 Prozent. Das heißt umgekehrt, dass etwa nur jede zehnte Notenbank sich vom Gold trennen will.
Falls Sie kein Abonnent des Manager Magazins sind, möchte ich Ihnen zum Schluss nicht vorenthalten, was für eine Anlagestrategie der gestandene Ex-Banker Oswald Grübel, einst Chef von Credit Suisse und UBS, Ihnen für die kommenden Jahre im aktuellen Sonderheft der Zeitschrift mit auf den Weg gibt:
"Es ist denkbar, dass die Bevölkerung das Vertrauen in die Währung und die Zentralbanken und deren Nullzinspolitik verliert und als Folge die Zinsen rasant steigen werden. Dann werden zunächst die professionellen Investoren ihre Anleihen verkaufen wollen, aber es wird keine Käufer mehr geben." Noch spannender ist, was Grübel zum Gold zu sagen hat: "Erhöhen Sie den Goldanteil bei Ihren Anlagen auf 30 Prozent! Gold ist immer noch relativ günstig angesichts der Geldschwemme, die die Zentralbanken seit Jahren verursachen."
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www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.