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Dramatische Knappheit - wie der Welt das billige Öl ausgeht!

11.10.2016  |  Uli Pfauntsch
- Seite 2 -
Warum die globale Öl-Welt nicht in Texas endet!

Selbst dann, wenn die beabsichtigte Kürzung strikt umgesetzt wird und die Ölpreise steigen, erwarten Goldman Sachs und andere Investment-Analysten, dass sich die Rallye vor dem Hintergrund einer Wiederauferstehung der U.S. Shale-Industrie als "selbstzerstörend" erweisen wird.

Viele Amerikaner sind fest davon überzeugt, dass Saudi Arabien im Kampf um die globalen Marktanteile nun das Handtuch geworfen hat und die Vereinigten Staaten künftig die Rolle des "Swing-Producers" einnehmen werden. Schließlich hatten U.S. Öl-Lobby, Wallstreet, Finanzmedien und Politik jahrelang die These verbreitet, wonach die USA dank ihrer Shale-Vorkommen auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit sind und künftig eine mächtige Rolle auf dem globalen Ölmarkt spielen werden.

Als "Swing Producer" gilt, wer in der Lage ist, seine Produktion flexibel und gezielt zu erhöhen oder abzusenken, um den Markt ins Gleichgewicht zu bringen - sei es, um kurzfristige Preisvorteile zu nutzen, die Nachfrage anzukurbeln oder um sich langfristig Preisvorteile und Marktanteile zu sichern.

Doch es ist absurd zu glauben, dass der weltgrößte Öl-Importeur gleichzeitig Swing Producer sein kann. Ein Produzent kann dieser Rolle nur als Netto-Exporteur von Öl gerecht werden, der über hohe Reserven, ausreichend freie Kapazitäten, finanzielle Flexibilität und koordinierte Organisationsstruktur verfügt. Nichts von all dem trifft auf die Vereinigten Staaten zu.

In diesen Tagen herrscht in den US-Medien viel Lärm um eine ansteigende Anzahl von Bohrtürmen, wie die "Fracker" wieder enthusiastisch werden und wie der Rückgang der Produktion gestoppt werden kann. Jeden Freitag, wenn Baker Hughes den aktuellen Rig-Count veröffentlicht, brechen die US-Kommentatoren in kindliche Begeisterung aus, übersehen dabei allerdings die lächerliche Bedeutung von 5 oder 10 Bohrtürmen, die gegenüber der Vorwoche neu in Betrieb genommen wurden. Um die Bedeutungslosigkeit der US-Shale-Produktion zu verdeutlichen, genügen zwei Zahlen:

Laut dem jüngsten Report der IEA, beläuft sich die globale Ölnachfrage im vierten Quartal 2016 auf 96,9 Millionen Barrel pro Tag.

Zum Vergleich: Die U.S. Shale-Produktion, die in 2015 bei 4,9 Millionen Barrel pro Tag ihren Höhepunkt erreichte, wird laut EIA bis Ende des nächsten Jahres auf 4,2 Millionen Barrel pro Tag zurückgehen.

Das bedeutet, dass die U.S. Shale-Produktion Ende 2017 nur etwa lächerliche 4 Prozent des globalen Ölbedarfs abdecken wird. Und auch in ferner Zukunft, werden die USA im globalen Ölmarkt ein Leichtgewicht bleiben. So erwartet selbst die überoptimistische US-Energiebehörde EIA, dass die Shale-Oil-Produktion bis 2020 erneut auf rund 5 Millionen Barrel pro Tag ansteigen wird und über die nächsten 20 Jahre maximal in Richtung 7 Millionen Barrel pro Tag klettert.


Öl-Discoveries auf 70-Jahres-Tief: Preisanstieg unvermeidlich!

Die Welt verbrennt täglich knapp 97 Millionen Barrel pro Tag oder rund 35 Milliarden Barrel pro Jahr. Zum Vergleich: In 2015 entdeckte die Ölindustrie gerade einmal 2,7 Milliarden Barrel an neuem Angebot, ein winziger Anteil des jährlichen Durchschnitts über die letzten 50 Jahre. Laut Wood Mackenzie, entsprechen die neuen Discoveries vom letzten Jahr, rückblickend bis 1960, nur etwa einem Zehntel des jährlichen Durchschnitts.

Noch schockierender ist die Tatsache, dass in 2015 die geringsten Ölvorkommen seit 1947 entdeckt wurden. Und angesichts der massiven Kapitalkürzungen ist die Ölindustrie auf bestem Weg, in 2016 noch weniger zu entdecken. Per Ende Juli, beliefen sich die neuen Discoveries der globalen Ölindustrie auf gerade einmal 736 Millionen Barrel.

Aus einer weiteren Studie der norwegischen Beratungsfirma Rystad Energy geht hervor, dass die Ölindustrie weit davon entfernt ist, die produzierten Barrels durch neue Reserven zu ersetzen. Demnach wird in 2016 von 20 produzierten Barrel Öl, allenfalls nur eines durch neue Entdeckungen ersetzt.

Wie Wood Mackenzie vor ein paar Monaten herausfand, belaufen sich die Kürzungen der Ölindustrie für die Zeitspanne zwischen 2015 und 2020 auf rund 1 Billion Dollar. Noch zeigt sich kein allzu großer Effekt auf der Angebotsseite, doch die unvermeidlichen Konsequenzen sind nur eine Frage der Zeit. Laut Rystad Energy, werden bestehende Ölfelder in diesem Jahr um circa 3,3 Millionen Barrel/Tag schrumpfen, während neue Ölfelder, die ans Netz gehen, immerhin noch 3 Millionen Barrel/Tag in 2016 hinzufügen.

Der springende Punkt: Diese 3 Millionen Barrel kommen zum Großteil aus großen Offshore-Projekten, die bereits finanziert wurden, bevor die Ölpreise einbrachen. Ab 2017 wird die Summe zwischen Angebot und dem Rückgang aus der Produktion immer stärker ins Negative fallen. Die Schrumpfung der bestehenden Ölfelder wird neue Produktionsquellen im nächsten Jahr bereits um circa 1,2 mmbbl/d übersteigen, ehe sich die Angebotslücke über 2018/2019 ausweitet.


Angebotslücke mit drastischen Folgen für die Ölpreise

Der weltgrößte Ölservice-Dienstleister Schlumberger hat fast 60 neue Öl-Projektentwicklungen analysiert, die seit 2015 verschoben oder gecancelt wurden und schätzt, dass dies in einem Verlust von mehr als 3 Millionen bbl/d bis 2020 resultieren wird. Andere Schätzungen gehen von einem Angebotsdefizit von circa 4 Millionen bbl/d in der Zeitspanne 2018 bis 2020 aus. Die Folgen dieser Angebotslücke auf die Ölpreise sollten nicht unterschätzt werden:

Während des Ölpreisniedergangs über 2015/2016, belief sich die globale Überversorgung in der Spitze auf 2,5 Millionen Barrel Öl pro Tag. Dieses Volumen reichte aus, um die Ölpreise seit 2014 von über 100 Dollar auf unter 30 Dollar einbrechen zu lassen. Wenn wir also im umgekehrten Fall von einem Angebotsdefizit von 2,5 Millionen bbl/d ausgehen, könnten die Ölpreise durchaus wieder ein Niveau von 100 Dollar pro Barrel erreichen, ehe die Schmerzgrenze erreicht ist und die hohen Preise auf die globale Nachfrage durchschlagen.


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