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Der Euro-Irrsinn und die Folgen für Gold und Silber

26.02.2017  |  Manfred Gburek
Der vergangene Freitag bescherte uns an den europäischen Kapitalmärkten gleich drei Überraschungen auf einmal: Die Aktienkurse brachen entgegen den Erwartungen der meisten Anleger ein, die Kurse der Bundesanleihen schossen in die Höhe, und plötzlich kochte die Diskussion um einen Europäischen Währungsfonds hoch. Das Ganze war für die Kommentatoren in den Mainstream-Medien offenbar so unverständlich, dass sie lieber über die wundersamen Umfragewerte des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz und über neue absurde Pläne von US-Präsident Donald Trump berichteten als über Aktien, Anleihen oder den Euro.

Widmen wir uns also erst der Ursachenforschung in Sachen Kapitalmärkte. Denn sie fördert Erkenntnisse zutage, die mit Sicherheit auch Ihre Geldanlagen betreffen. So ist der Rückgang der Aktienkurse, nachdem der Dax kurzfristig über 12.000 Punkte stieg, scheinbar nichts Besonderes, gehören doch kurzfristige Kurskorrekturen während eines längeren Aufwärtstrends zu den üblichen Begleiterscheinungen. Aber in diesem Fall dürfte der Schein trügen, weil amerikanische Fonds jetzt mit dem Abräumen deutscher Aktien beginnen, wie aus glaubhafter Quelle zu erfahren ist.

Die Hausse der Bundesanleihen, die sich über mehr als drei Jahrzehnte erstreckte, schien im vergangenen Jahr endgültig beendet zu sein. Doch auch hier trog der Schein. Dazu nur dieses Beispiel: Am Freitag erreichte die Rendite einer zweijährigen Bundesanleihe 0,946 Prozent. Minus-Prozent! Dazu gibt es mannigfache Begründungen, an allen ist etwas dran. Beispielsweise die hohen Umfragewerte von Marine Le Pen in Frankreich, wo die April-Wahlen anstehen. Oder das immer maroder werdende Bankensystem in Italien.

Diese Ereignisse sorgen für eine immer stärkere Kapitalflucht aus beiden Ländern. Davon profitieren die Kurse der Bundesanleihen. Minus-Renditen stören da kaum, Hauptsache, das Geld ist sicher angelegt – Sicherheit ist hier natürlich ein relativer Begriff. Übrigens werden die Kurse der an dieser Stelle als Alternative zu Tagesgeldkonten mehrfach empfohlenen inflationsindexierten Bundesanleihen von der hier beschriebenen Entwicklung mit nach oben gezogen.

Die Idee vom Europäischen Währungsfonds ist neu, seine Ausgestaltung deshalb noch offen. Konzentrieren wir uns also auf das, was wir wissen: Die Forderungen der Bundesbank an das Euro-System zur Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungen - dieses wird bürokratisch verharmlosend meistens Target 2 genannt - beliefen sich zuletzt auf 754,3 Milliarden Euro. Die Bundesbank hat dafür nur 15,4 Milliarden Euro an Rückstellungen gebildet.

Ihren Forderungen stehen Verbindlichkeiten der anderen Euro-Nationalbanken gegenüber: Zum Beispiel bringt es die italienische auf 364, die spanische auf 330 Milliarden Euro. Das sind Schulden, für die auf dem Umweg über Target 2 letzten Endes deutsche Steuerzahler aufkommen müssten. Da klingt es wie Hohn, wenn EZB-Präsident Mario Draghi vollmundig verspricht: Falls ein Land den Euro verlassen wolle, müsse es vorher seine Target-Schulden begleichen.

Bezogen auf Italien, wirft das die Frage auf: Wie greift man einem nackten Mann in die Tasche? Oder auch: Falls Deutschland sich vom Euro verabschiedet, erhält die Bundesbank dann von den anderen Nationalbanken 754,3 Milliarden Euro erstattet? Beide Fragen beantworten sich von selbst: Weder Italien noch Deutschland wird Draghis Worten Taten folgen lassen.

Ob sich alle Teilnehmer an den Kapitalmärkten der Risiken aus dem hier aufgezeigten Szenario wirklich bewusst sind? Da kommen wahrlich Zweifel auf. Auch bei der Idee von einem Europäischen Währungsfonds handelt es sich um Worte, nicht um Taten. Immer häufiger gewinnt man den Eindruck, da werde mit einem neuen Begriff nur wieder mal von den harten Fakten abgelenkt. Niemand weiß, wie lange das gut gehen wird.

Geradezu lächerlich wird es, wenn - wie in den vergangenen Tagen geschehen - Ratingagenturen Deutschland die höchste Bonitätsnote AAA bestätigen und Griechenland die Ramschnote CCC verpassen. Also zwei Länder bewerten, deren Bonität geradezu um Lichtjahre auseinander liegt und die dennoch eine gemeinsame Währung haben. Daran wird der ganze Euro-Irrsinn erkennbar.

Bisher haben sich Europas Börsianer trotzdem auffallend ruhig verhalten. Das ist vor allem darauf zurückzuführen, dass sie von Draghi die Fortsetzung der extrem expansiven Geldpolitik erwarten.

Die Erfahrung lehrt indes, dass bereits die erstbeste Überraschung an den Börsen zu erheblichen Turbulenzen führen kann, Kettenreaktionen inbegriffen. Als potenzielle Auslöser bieten sich an: der Wahlausgang in den Niederlanden und in Frankreich, ein Konjunktureinbruch, enttäuschende Unternehmensdaten während der jetzt anstehenden Bilanzsaison, das Ende des Immobilienbooms, das Hochschnellen der Inflation in Europa und in Amerika weit über 2 Prozent hinaus, das eine oder andere Überraschungsei von Donald Trump, eine kontraktive Geldpolitik der amerikanischen Zentralbank Fed u.v.a.m.

Wahrscheinlich fragen Sie sich längst, welche Rolle Gold und Silber in Zukunft spielen werden, sobald es zu Turbulenzen kommt. Nächstliegende Antwort: Viel spricht dafür, dass die Preise beider Edelmetalle kurzfristig steigen werden. Aber auch nachhaltig? Die Antworten fallen äußerst differenziert aus. Gehen wir also mal die einzelnen Punkte durch:

Die Wahlen in den Niederlanden und in Frankreich dürften sich eher nur marginal auf die Kapitalmärkte auswirken; erst von der Wahl zum Deutschen Bundestag im September sind größere Effekte zu erwarten. Gold und Silber: neutral. Ein Konjunktureinbruch und enttäuschende Unternehmensdaten würden den Aktien schaden, den Anleihen nützen und eher dem Gold als sicherem Hafen statt Silber auf die Sprünge helfen.

Die Folgen aus dem Ende des Immobilienbooms dürften erst viel später erkennbar sein. Gold und Silber: neutral. Das Hochschnellen der Inflation würde die Kurse der Anleihen nach unten schicken, sich auf die Kurse einzelner Aktien unterschiedlich auswirken und die Preise von Gold wie auch Silber nach oben treiben. Die Folgen von Trumps Überraschungen sind nicht vorhersehbar, und falls er der Fed - wie zu erwarten - ins Handwerk pfuscht, dürfte dies für Gold und Silber eher positiv sein.

Zum Schluss noch eine Anmerkung zu den Minenaktien. Ihre Kurse haben auf den jüngsten Preisanstieg der beiden Edelmetalle im Großen und Ganzen eher schleppend reagiert. Das dürfte sich im Zuge weiter steigender Preise zwar ändern, aber bei sehr differenzierter Kursentwicklung. Da hilft Anlegern nur eines: Mindestens mithilfe der jeweiligen Daten aus den Internetseiten der Minen auf dem Laufenden bleiben und wichtige Kennzahlen zur Gewinnentwicklung, zu den Gesamtkosten, zur Hebelwirkung u.a. vergleichen. Der zeitliche Aufwand dafür wird sich auszahlen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.



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