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Inflation: Lassen Sie sich wachrütteln!

12.03.2017  |  Manfred Gburek
Ein Kessel Buntes zur Geldentwertung gefällig? Hier ein paar Kostproben:

"Die Inflation kommt nach Deutschland und Europa zurück." Das ist die nüchterne Erkenntnis von ifo-Präsident Clemens Fuest, der im selben Atemzug gleich die Begründung liefert: "Die Unternehmensbefragungen des ifo Instituts zeigen, dass immer mehr Firmen die Absicht haben, in den kommenden Monaten ihre Preise anzuheben. Die Wirtschaft sei zuletzt "schneller gewachsen als die Produktionskapazitäten", stellt Bundesbank-Präsidenat Jens Weidmann fest und zieht daraus den Schluss: "Mit dem robusten wirtschaftlichen Aufschwung und der steigenden Kapazitätsauslastung wird auch der Preisauftrieb zunehmen."

Der Feri-Anlagestratege Heinz-Werner Rapp gibt zusätzlich zu bedenken: "Neue politische Strömungen erzeugen neue Risiken." Derweil haben Verdi-Gewerkschafter den Berliner Flugbetrieb lahmgelegt, und weitere Streiks sind nur noch eine Frage der Zeit. Fazit aus alldem und vielem anderen: Wir müssen uns an mehr Inflation gewöhnen und rechtzeitig, nämlich jetzt, entsprechend vorsorgen.

Falls Sie - durchaus berechtigt - einwenden, in den vergangenen Tagen sei doch der Ölpreis gefallen, der im Februar stark zur Aufwärtsentwicklung der Inflationrate beigetragen habe und nun das Gegenteil bewirken könne, lautet die hier schon mehrfach gegebene Antwort: Geldentwertung ist ein dynamischer, von Fakten und Erwartungen getriebener Prozess. Zu den Fakten gehört zwar auch der Ölpreis, aber viel stärker schlägt, besonders in Deutschland, all das auf die Inflation durch, was mit dem Wohnen zu tun hat, wie horrende Mieten und deren Nebenkosten.

Zur richtigen Vorsorge gehört zunächst natürlich ein an den eigenen Anlagezielen ausgerichteter individueller Plan. Er sollte alle Anlagen umfassen, die einen gewissen Inflationsschutz bieten, wobei allerdings auch dem Timing eine wichtige Rolle zukommt. Dazu gehört das Quartett aus Tagesgeld, Gold, Aktien und Immobilien. Wobei gleich hinzugefügt sei: Das Timing spricht derzeit - trotz des immer noch extrem niedrigen Zinsniveaus - für das flexibel zu handhabende Tagesgeld und für das gerade wieder spottbillige Gold (einschließlich Silber), noch nicht dagegen für Aktien, und für Immobilien nur insoweit, als es sich um Objekte zur Eigennutzung oder um - aktuell kaum noch vorhandene – Schnäppchen handelt.

Zu Anlagen im Zeichen der Geldentwertung habe ich vor Kurzem ein 38-seitiges Büchlein mit dem Titel Besiege die Inflation und 88 dazu passenden Tipps veröffentlicht, das Ihnen bei der für Sie richtigen richtigen Geldanlage hoffentlich weiterhilft. Sie können es über die Internetseiten tichys-schaufenster.de und quell-shop.de sowohl als Print- wie auch als Online-Ausgabe für 5,95 bzw. 4,95 Euro beziehen.

Einen gewissen Schutz vor Geldentwertung bieten auch die hier bereits seit Monaten erwähnten inflationsindexierten Bundesanleihen, kurz Linker genannt. Zu betonen ist, dass es sich um eine spezifische Anlageklasse handelt, die nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten funktioniert, gewisse Kursschwankungen inbegriffen. Mit ihr haben sich seit längerer Zeit insbesondere die Anlageexperten von Metzler Private Banking in Frankfurt intensiv beschäftigt. Einer von ihnen ist Timo Schwietering, Leiter der Kapitalmarktanalyse der konservativen Bank. Er kommt aus aktueller Sicht zum folgenden Ergebnis:

"Inflationsindexierte Anleihen bilden weiterhin einen Baustein unseres Anleiheportfolios. Mit dem zuletzt zu beobachtenden Anstieg der Inflationsraten haben sich zwar auch die Inflationserwartungen etwas nach oben verschoben. Die Breakeven-Inflationsrate (also die Inflationsrate, bei deren Eintritt die Rendite einer konventionellen und inflationsindexierten Anleihe identisch wären) liegt auf Basis des im April 2020 fälligen deutschen Linkers jedoch nur bei etwa 0,8% p.a. Wir rechnen für diesen Zeitraum mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von etwa 1,5%, so dass die Allokation inflationsindexierter Papiere nach wie vor attraktiv erscheint."

Vom Anlagestrategen Uwe Bergold stammt das folgende Zitat, das eine besonders schlimme Seite der Inflation offenbart und Sie spätestens jetzt wachrütteln sollte: "Seltsamerweise betrachten die meisten Leute die Inflation als eine Art Naturereignis. Keiner versteht so richtig, dass sie geldpolitisch gemacht und gewollt ist." Das lehrt uns die Geschichte seit Jahrhunderten.

Dennoch neigen die meisten Menschen dazu, alles durch die nominale statt durch die reale Brille zu betrachten. Und das ist sogar verständlich, tauschen wir doch täglich nominale Werte, etwa in Form von 1-Euro-Münzen oder 10-Euro-Scheinen, gegen reale Werte wie Brot oder Äpfel ein, die dann jedoch wieder nur einen nominalen Wert repräsentieren - ihre Preise weisen ja keinen Inflationsanteil aus, sondern sind nominal fixiert.

Insofern haben es die Geldpolitiker einfach, das Volk einzulullen. Naturereignisse, auch solche im falsch verstandenen Sinn, nimmt man halt hin, auch wenn sie in Wahrheit Enteignung bedeuten, jedenfalls für die Masse der Bevölkerung, die spart und spart, aber mit falschen Instrumenten, wie Sparbücher und Kapitallebensversicherungen. Exkurs: Das zum Anlagequartett gehörende Tagesgeld ist zwar mit den Sparbüchern verwandt, aber seine Funktion besteht, anders als die der Sparbücher, primär darin, bei Gelegenheit in reale Werte wie Gold, Aktien oder Immobilien investiert zu werden.

Wie funktioniert die Enteignung? Das lässt sich aktuell am besten anhand der EZB-Geldpolitik erklären: Die EZB bläht die Geldmenge auf, das ist Inflation im engeren Sinn. Dadurch können sich Staaten wie Europas Schuldenprimus Italien billig refinanzieren sowie die von der EZB und aus anderen Euroländern angemahnten Reformen einfach schlabbern. Das funktioniert ähnlich in Frankreich, Spanien, Griechenland und anderswo.

Derweil steigen die Preise realer Werte, wie Aktien und Immobilien, während die Kurse der Anleihen, also klassischer Geldwerte, bereits fallen. Gold als weiterer realer Wert spielt eine Sonderrolle: Noch enttäuscht seine Preisentwicklung, doch über kurz oder lang wird es als Inflationsschutz wiederentdeckt. Denn derzeit 2 Prozent Inflation und ein Nominalzins weit darunter oder sogar negativ sprechen eindeutig dafür.

Das Aufblähen der Geldmenge in Verbindung mit Null- oder Negativzinsen ist noch nicht alles, was die EZB im Schilde führt. Denn sie darf damit ja nicht das überwiegend auf Zinsmargen basierende Geschäft der Banken und Sparkassen kaputt machen. Folglich muss sie bemüht sein, die Geldmenge so lange aufzublähen, bis die Inflation einen kräftigen Sprung über 2 Prozent macht. Im Zuge dessen dürfte das Zinsniveau am langen Ende eine Höhe erreichen, die den Banken und Sparkassen wieder auskömmliche Zinsmargen gewährt, während die Zinsen am kurzen Ende vergleichsweise niedrig sein würden.

So weit die aktuell plausibelste Erklärung für das nicht immer durchschaubare Wirken der EZB. Sie orientiert sich daran, dass Banken und Sparkassen das Aus-kurz-mach-lang-Kreditgeschäft seit jeher praktizieren. Dass es schon mal schief gehen kann, steht auf einem anderen Blatt.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu


Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.



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