Was den Goldpreis wirklich bewegt
19.03.2017 | Manfred Gburek
Warum nur ist der Goldpreis unmittelbar nach der Entscheidung der amerikanischen Zentralbank Fed vom vergangenen Mittwoch, den Leitzins um einen vorab längst allgemein erwarteten Viertelprozentpunkt zu erhöhen, in einem Satz nach oben gesprungen? Zur Debatte stehen die folgenden Erklärungen:
Zugegeben, diese sechs Begründungen enthalten eine Menge Spekulation. Aber was ist nicht spekulativ, wenn es um die Börse geht? Lassen Sie uns also zur absehbaren Zukunft überleiten. Wie steht es diesbezüglich um den Goldpreis?
Dessen Eskapaden während der vergangenen fünf Jahre haben unter den Goldoptimisten ziemlich viel Enttäuschung, ja sogar Frust hinterlassen. Folglich ist es deshalb im vergangenen Sommer, nachdem der Goldpreis sich gerade ordentlich erholt hatte, zu erheblichen Gewinnmitnahmen gekommen. Das hat sich zuletzt nach nochmaliger - geringfügiger - Preiserholung in kleinerem Umfang wiederholt, sodass der Preis kurzfristig unter 1200 Dollar je Feinunze gerutscht ist, bevor er seit dem vergangenen Mittwoch zum Sprung in die Zone um 1230 Dollar ansetzte.
Ziehen Sie in Betracht, dass der Preisauftrieb zwar weiter gehen wird, aber nicht linear, sondern eher nach dem Prinzip: zwei Schritte vor, einen zurück und so weiter.
Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Teilnehmer am Goldmarkt nicht allein aus Investoren und Spekulanten bestehen, die für das Auf und Ab des Preises sorgen, sondern auch aus westlichen Zentralbanken, die den Preis nach jedem größeren Sprung aufwärts wieder abwärts zu drücken versuchen. Denn sie sind brennend daran interessiert, jegliches Misstrauen in das auf massiven Schulden und Geldentwertung beruhende Währungssystem zu unterdrücken - ein Misstrauen, das sich unter anderem und vor allem in einem langfristig steigenden Goldpreis äußert.
Dazu gibt es eine seit Jahrzehnten währende Vorgeschichte, aus der sich auch das aktuelle Wirken der Zentralbanken erklären lässt. Sie begann in den 60er Jahren des vorigen Jahrhundert mit dem Londoner Goldpool, einer von den damals führenden Zentralbanken getragenen Einrichtung zur Manipulation des Goldpreises nach unten. Die Sache ging, aus ihrer Sicht betrachtet, bekanntlich schief, sodass der Goldpreis in den 70er Jahren geradezu explodierte. In den 80er und 90er Jahren fiel er dagegen Schritt für Schritt, weil es den Zentralbanken gelang, ihn trickreich zu drücken, von der Spitze Anfang 1980 bis nach der Jahrtausendwende, gemessen in Dollar, um 70 Prozent.
Damit gerieten die Zentralbanken auf einmal in eine neue Bredouille: Nicht mehr der zu hohe Goldpreis als Indikator für das Misstrauen in das Währungssystem war ihr Problem, sondern der zu niedrige Goldpreis, durch dessen Verfall ihr Vermögen erheblich geschrumpft war - was wiederum Misstrauen schürte, nur halt unter umgekehrten Vorzeichen. Verschlimmert wurde das Ganze dadurch, dass verschiedene Zentralbanken - etwa die britische und portugiesische, die der Schweiz und der Niederlande - ihr Gold zu Spottpreisen verkauften.
Erst das sogenannte Washington Agreement vom September 1999, bei dem sich die führenden Zentralbanken des Westens zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds auf ein Moratorium einigten, stoppte diesen Ausverkauf. Schließlich, im Frühjahr 2001, setzte der Goldpreis zu einem zehnjährigen Höhenflug an, während dessen er sich versechsfachte.
Das wiederum passte den Währungshütern ganz offensichtlich nur so lange in ihren Kram, bis aus ihrer Sicht eine Reizschwelle erreicht war. Folglich sannen sie auf Abhilfe und übten zwischen 2012 und 2015 erneut Druck auf den Goldpreis aus. Welche Instrumente sie dazu einsetzten - oder treffender formuliert: einsetzen ließen -, darüber kann man trefflich spekulieren. Im Grunde stand und steht ihnen nach wie vor das ganze Manipulations-Arsenal zur Verfügung, von direkten Goldverkäufen bis zum Einsatz irgendwelcher komplexer Derivate.
Wie geht es weiter? Fest steht, dass die westlichen Zentralbanken weder an einer neuen Explosion des Goldpreises interessiert sein können, weil dadurch erneut Misstrauen in das heutige Währungssystem aufkäme, noch an einem Preisverfall wie in den 80er und 90er Jahren, weil dann ihr in Gold angelegtes Vermögen schrumpfen würde. So weit, so schlüssig. Doch mittlerweile sind die ehemals führenden Zentralbanken des Westens nicht mehr allein: Auch die Zentralbanken Chinas und weiterer Schwellenländer nehmen am großen Spiel ums Gold teil - und sei es nur, indem die Chinesen einen Teil ihrer umfangreichen Dollaranleihen verkaufen und so mittelbar den prozentualen Goldanteil in ihrer Bilanz erhöhen.
Fazit: Der zwischenzeitliche Rückgang des Goldpreises in den Jahren von 2012 bis 2015 hat einer in Schüben vonstatten gehenden Preiserholung Platz gemacht. Deren Fortsetzung steht nichts im Weg, weil derzeit nur wenig für weiteren Preisdruck vonseiten der westlichen Zentralbanken spricht und weil China wie auch andere Schwellenländer im Zweifel Gold als Währungsreserve dem Dollar weiterhin vorziehen dürften.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
- 1. Die Spekulanten wurden auf dem falschen Fuß erwischt, sie mussten ihre Shortpositionen also schlagartig eindecken.
- 2. Potenzielle Goldkäufer wollten von der Fed signalisiert bekommen, dass der Leitzins 2017 in ruhigen Schritten nur noch weitere zwei Mal erhöht werde, bevor sie das Edelmetall massiv kauften.
- 3. Im Zuge des über drei Jahrzehnte lang rückläufigen Zinsniveaus hat der Leitzins 2017 als Börsenindikator an Bedeutung verloren, sodass andere Faktoren, wie die Konjunktur und die sie begleitende steigende Inflationsrate, ihre volle Wirkung entfalten können - besonders die Inflationsrate, mit welcher der Goldpreis korreliert.
- 4. Um den US-Konjunkturaufschwung steht es gar nicht so toll, wie der eine oder andere Indikator uns vorgaukelt, und das lässt Zweifel an seiner Nachhaltigkeit aufkommen. Mit der Folge, dass Stagflation droht, also Stagnation der Wirtschaft bei gleichzeitiger Inflation.
- 5. Das passt US-Präsident Donald Trump ganz und gar nicht, denn er möchte die Konjunktur nach gusto so schnell wie möglich in Schwung bringen, und sei es, indem er sich zunehmend in Yellens Geldpolitik einmischt, was unter anderem Unruhe an den Kapitalmärkten auslösen würde.
- 6. Die Fed-Chefin dürfte sich keinerlei Einmischung in ihr Metier bieten lassen. Damit wäre dann der Krach zwischen beiden programmiert, was sich zumindest mittelbar positiv auf den Goldpreis auswirken kann.
Zugegeben, diese sechs Begründungen enthalten eine Menge Spekulation. Aber was ist nicht spekulativ, wenn es um die Börse geht? Lassen Sie uns also zur absehbaren Zukunft überleiten. Wie steht es diesbezüglich um den Goldpreis?
Dessen Eskapaden während der vergangenen fünf Jahre haben unter den Goldoptimisten ziemlich viel Enttäuschung, ja sogar Frust hinterlassen. Folglich ist es deshalb im vergangenen Sommer, nachdem der Goldpreis sich gerade ordentlich erholt hatte, zu erheblichen Gewinnmitnahmen gekommen. Das hat sich zuletzt nach nochmaliger - geringfügiger - Preiserholung in kleinerem Umfang wiederholt, sodass der Preis kurzfristig unter 1200 Dollar je Feinunze gerutscht ist, bevor er seit dem vergangenen Mittwoch zum Sprung in die Zone um 1230 Dollar ansetzte.
Ziehen Sie in Betracht, dass der Preisauftrieb zwar weiter gehen wird, aber nicht linear, sondern eher nach dem Prinzip: zwei Schritte vor, einen zurück und so weiter.
Das hängt unter anderem damit zusammen, dass die Teilnehmer am Goldmarkt nicht allein aus Investoren und Spekulanten bestehen, die für das Auf und Ab des Preises sorgen, sondern auch aus westlichen Zentralbanken, die den Preis nach jedem größeren Sprung aufwärts wieder abwärts zu drücken versuchen. Denn sie sind brennend daran interessiert, jegliches Misstrauen in das auf massiven Schulden und Geldentwertung beruhende Währungssystem zu unterdrücken - ein Misstrauen, das sich unter anderem und vor allem in einem langfristig steigenden Goldpreis äußert.
Dazu gibt es eine seit Jahrzehnten währende Vorgeschichte, aus der sich auch das aktuelle Wirken der Zentralbanken erklären lässt. Sie begann in den 60er Jahren des vorigen Jahrhundert mit dem Londoner Goldpool, einer von den damals führenden Zentralbanken getragenen Einrichtung zur Manipulation des Goldpreises nach unten. Die Sache ging, aus ihrer Sicht betrachtet, bekanntlich schief, sodass der Goldpreis in den 70er Jahren geradezu explodierte. In den 80er und 90er Jahren fiel er dagegen Schritt für Schritt, weil es den Zentralbanken gelang, ihn trickreich zu drücken, von der Spitze Anfang 1980 bis nach der Jahrtausendwende, gemessen in Dollar, um 70 Prozent.
Damit gerieten die Zentralbanken auf einmal in eine neue Bredouille: Nicht mehr der zu hohe Goldpreis als Indikator für das Misstrauen in das Währungssystem war ihr Problem, sondern der zu niedrige Goldpreis, durch dessen Verfall ihr Vermögen erheblich geschrumpft war - was wiederum Misstrauen schürte, nur halt unter umgekehrten Vorzeichen. Verschlimmert wurde das Ganze dadurch, dass verschiedene Zentralbanken - etwa die britische und portugiesische, die der Schweiz und der Niederlande - ihr Gold zu Spottpreisen verkauften.
Erst das sogenannte Washington Agreement vom September 1999, bei dem sich die führenden Zentralbanken des Westens zusammen mit dem Internationalen Währungsfonds auf ein Moratorium einigten, stoppte diesen Ausverkauf. Schließlich, im Frühjahr 2001, setzte der Goldpreis zu einem zehnjährigen Höhenflug an, während dessen er sich versechsfachte.
Das wiederum passte den Währungshütern ganz offensichtlich nur so lange in ihren Kram, bis aus ihrer Sicht eine Reizschwelle erreicht war. Folglich sannen sie auf Abhilfe und übten zwischen 2012 und 2015 erneut Druck auf den Goldpreis aus. Welche Instrumente sie dazu einsetzten - oder treffender formuliert: einsetzen ließen -, darüber kann man trefflich spekulieren. Im Grunde stand und steht ihnen nach wie vor das ganze Manipulations-Arsenal zur Verfügung, von direkten Goldverkäufen bis zum Einsatz irgendwelcher komplexer Derivate.
Wie geht es weiter? Fest steht, dass die westlichen Zentralbanken weder an einer neuen Explosion des Goldpreises interessiert sein können, weil dadurch erneut Misstrauen in das heutige Währungssystem aufkäme, noch an einem Preisverfall wie in den 80er und 90er Jahren, weil dann ihr in Gold angelegtes Vermögen schrumpfen würde. So weit, so schlüssig. Doch mittlerweile sind die ehemals führenden Zentralbanken des Westens nicht mehr allein: Auch die Zentralbanken Chinas und weiterer Schwellenländer nehmen am großen Spiel ums Gold teil - und sei es nur, indem die Chinesen einen Teil ihrer umfangreichen Dollaranleihen verkaufen und so mittelbar den prozentualen Goldanteil in ihrer Bilanz erhöhen.
Fazit: Der zwischenzeitliche Rückgang des Goldpreises in den Jahren von 2012 bis 2015 hat einer in Schüben vonstatten gehenden Preiserholung Platz gemacht. Deren Fortsetzung steht nichts im Weg, weil derzeit nur wenig für weiteren Preisdruck vonseiten der westlichen Zentralbanken spricht und weil China wie auch andere Schwellenländer im Zweifel Gold als Währungsreserve dem Dollar weiterhin vorziehen dürften.
© Manfred Gburek
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.