Ein paar frische Gedanken zu Gold, Aktien und Immobilien
07.05.2017 | Manfred Gburek
Ein genauer Blick hinter die jeweils jüngste Statistik des World Gold Council (Lobby der Goldbranche) lohnt sich immer. So auch dieses Mal mit den Daten zum Ende des erstens Quartals 2017. In diesem Quartal stieg die Anlage in Goldbarren und -münzen weltweit um 9 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2016 auf annähernd 290 Tonnen. Vor Jahresfrist hatte es eine außergewöhnlich hohe Rekordnachfrage gegeben, die höchste aller Zeiten.
Von daher gesehen ist der jüngste Anstieg um 9 Prozent wahrlich ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Und was hat der Goldpreis als Reaktion darauf getan? Er ist drei Tage lang gefallen. Das zu erklären, fällt allerdings nicht schwer. Denn neben dem Kauf und Verkauf von Barren und Münzen bestimmen auch - ganz besonders aktuell - Fonds und Termingeschäfte den Goldpreis. Wenn von daher Preisdruck ausgeübt wird, kann es also immer wieder zu solchen Entwicklungen wie zuletzt kommen.
Die Masse der Anleger folgt dem Herdentrott. Ist Gold, wie jetzt, nicht gerade in Mode, stürzt man sich halt auf Aktien und Immobilien. "Macron verleiht den Märkten Flügel", war zuletzt in der Börsen-Zeitung zu lesen. Was so viel heißen soll wie: Der charmante französische Präsidentschaftskandidat sorgt für steigende Aktienkurse, und zwar in ganz Europa. Die vermeintliche Logik dahinter: Er werde die Wahl am Sonntag schon irgendwie gewinnen, woraus zu schließen sei, dass der Euro nicht auseinanderbreche, weil Macron ihn verteidigen will. Erkenntniswert: Gering, weil die Aktienkurse den Macron-Sieg längst vorweggenommen haben.
Man sollte sich bei dieser Gelegenheit wiederholt fragen, ob die Aktienkurse nicht längst von Hoffnungen und Erwartungen statt von Umsätzen und Gewinnen der Unternehmen nach oben getrieben werden, und zwar weltweit, weil die Zentralbanken überall massiv Geldspritzen einsetzen. Wenn Aktien wie Amazon oder Alphabet (Google) steigen und steigen, werden damit die erfolgreichen Geschäftsmodelle beider Konzerne honoriert, obwohl nach Maßgabe bewährter Kennzahlen zu üppig.
Wenn jedoch die Elektroauto-Aktie Tesla weiterhin wie eine Rakete nach oben schießen sollte, muss man sich ernsthaft fragen, ob die Börsianer da nicht stark übertreiben. Oder auf die deutsche Börse bezogen: Der SDax, ein Sammelbecken überwiegend mittelständischer Aktien, bricht alle Rekorde. Die Kurse solcher Aktien drehen nach aller Erfahrung dann besonders auf, wenn der Börsenzyklus sich einem Rekord nähert.
Während Kursübertreibungen an der Börse täglich sichtbar werden, sind sie an den Immobilienmärkten bestenfalls anhand von Studien renommierter Institute und Makler zu ermitteln – und selbst die sind sich nicht einig, wie die gerade in diesem Jahr ausgearteten Kämpfe um die Meinungshoheit belegen. Kurzum, der Wert einer Immobilie steht erst dann fest, wenn Käufer und Verkäufer sich notariell auf einen Preis geeinigt haben.
Das schließt indes nicht aus, dass es immer wieder zu Meinungsäußerungen kommt, die man besonders ernst nehmen sollte. So wie die jüngste von Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret, der die deutsche Immobilienampel bereits auf Gelb stehen sieht und befürchtet, deutsche Immobilien und ihre Finanzierung könnten für Banken und Sparkassen "zu einem gefährlichen Cocktail werden".
Die Finanzierung droht in der Tat zu einem wichtigen Knackpunkt auszuarten. Versetzen wir uns doch mal in die Lage eines Bank- oder Sparkassendirektors, dem die Kunden böse sind, weil er von ihnen wegen der durch die EZB-Geldpolitik bedingten extrem niedrigen Zinsen auf einmal Gebühren kassiert. Soll er etwa riskieren, dass ihm jahrzehntelang treue Kunden weiter verloren gehen? Viele von ihnen sind eh schon zu Direktbanken abgesprungen.
Nein, er lässt bei der Immobilienfinanzierung die Fünf gerade sein. Stellschrauben dafür gibt es ja, neben dem flexiblen Umgang mit der Kundenbonität vor allem die Bewertung von Immobilien: Lässt sich durch eine der erwähnten Studien belegen, dass Eigentumswohnungen in Berlin-Charlottenburg oder Studentenzimmer in Heidelberg derzeit in einer Bandbreite von niedrig x bis hoch y Euro je Quadratmeter bewertet werden, erscheint es legitim, für die Finanzierung y statt x anzusetzen - fertig ist das Kreditpaket.
Solche Geldspiele sind nicht neu; es gibt sie, seit Menschen mit Immobilien umgehen, also immer schon. In Japan lebten bis 1990 sogar ganze Konzerne von der exorbitant hohen Bewertung der dortigen Immobilien; das führte erst auch zu einem Höhenflug der Aktienkurse, danach zu deren über ein Viertel Jahrhundert andauerndem Absturz.
Der 1995 abrupt zu Ende gegangene, zuvor staatlich geförderte Bauboom in den neuen Bundesländern, die amerikanische und die spanische Immobilienblase ein Jahrzehnt später, und was kommt demnächst? Zumindest so viel steht fest: Die Warnung von Bundesbanker Dombret ist ernst zu nehmen; und sobald der von ihm befürchtete gefährliche Cocktail seine Wirkung entfaltet, wird er sich auch schädlich auf die Aktienkurse auswirken.
Das Beispiel mit der Immobilienbewertung zeigt besonders deutlich, wie einfach Werte in der Backstein- und Betonbrache willkürlich verändert werden können. Aber ist die Aktienbewertung solider, bloß weil sie uns täglich Werte vorgaukelt? Keineswegs, denn diese sind in der Regel von heute auf morgen überholt, ablesbar am Kurszettel des folgenden Tages. Letztlich ähnelt das Geschäft mit allen Geldanlagen einem überdimensionierten Basar.
Ein Sprichwort besagt: Kunst entsteht mit den Augen des Betrachters. Daraus lässt sich schließen: Je mehr Betrachter den Eindruck haben, ein Gemälde oder eine Skulptur sei mit ihren Augen gesehen Kunst, desto wertvoller wird es - woran man allerdings beim Besuch der Abteilung für moderne Kunst im Frankfurter Städel-Museum auch schon mal zweifeln kann. Dort drängt sich eher der Eindruck auf, clevere Kunsthändler hätten bestimmt, was aus ihrer Sicht Kunst zu sein hat.
Mit Geldanlagen verhält es sich nicht besser: Aktienanalysen bekommen das Etikett "Buy" für eine Kaufempfehlung nicht etwa allein deshalb, weil die betreffende Aktie Zukunftspotenzial hat, sondern auch und manchmal sogar in erster Linie, weil ein Sponsor das so haben möchte. Und Wohnungen mögen noch so ungünstig in Richtung Norden ausgerichtet oder innen schlecht geschnitten sein, immer werden sich Argumente wie "Geheimtipp: lebendiges Viertel" oder "hohe Steuerersparnis durch Denkmalsanierung" finden lassen.
Materielle Werte, so lautet die Quintessenz, sind ebenso sensibel wie ideelle Werte. Absolute Werte gibt es nicht; bei jeglicher Bewertung findet immer ein Vergleich statt. Oder um das Anfangsbeispiel vom Gold aufzugreifen: Das Edelmetall kennt zwar schwankende Preise, aber es wird immer einen Wert haben, der sich überwiegend an seiner Kaufkraft orientiert. Andere Geldanlagen können diese Eigenschaft nur zum Teil oder nur zeitlich begrenzt vorweisen. Insofern dürfen sich Anleger, die einen erheblichen Teil ihres Geldes in Gold angelegt haben, erst mal entspannt zurücklehnen.
Zum Schluss noch die Reaktion eines Lesers, der meine vorwöchigen Kommentare zu Hartz IV und zur Flüchtlingsproblematik wie folgt kommentiert: "Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund (deutsche, ausländische Pässe und papierlose zusammengenommen) an den Leistungen der sozialen Mindestsicherung im weitesten Sinne (also nicht nur Hartz IV) dürfte zwischen 40 und 45 Prozent liegen. Beispielsweise hat von den erwerbsfähigen Hartz IV-Empfängern die Hälfte einen Migrationshintergrund (1.644.000 = 50 Prozent). Ende 2015 bezogen knapp 8 Millionen Leistungen der sozialen Mindestsicherung im weitesten Sinne. Quelle: 'zuerst'/jan. 2017, Seite 32."
Neu bei gburek.eu: Welche Geldanlage ist schon sicher?
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Von daher gesehen ist der jüngste Anstieg um 9 Prozent wahrlich ein Ergebnis, das sich sehen lassen kann. Und was hat der Goldpreis als Reaktion darauf getan? Er ist drei Tage lang gefallen. Das zu erklären, fällt allerdings nicht schwer. Denn neben dem Kauf und Verkauf von Barren und Münzen bestimmen auch - ganz besonders aktuell - Fonds und Termingeschäfte den Goldpreis. Wenn von daher Preisdruck ausgeübt wird, kann es also immer wieder zu solchen Entwicklungen wie zuletzt kommen.
Die Masse der Anleger folgt dem Herdentrott. Ist Gold, wie jetzt, nicht gerade in Mode, stürzt man sich halt auf Aktien und Immobilien. "Macron verleiht den Märkten Flügel", war zuletzt in der Börsen-Zeitung zu lesen. Was so viel heißen soll wie: Der charmante französische Präsidentschaftskandidat sorgt für steigende Aktienkurse, und zwar in ganz Europa. Die vermeintliche Logik dahinter: Er werde die Wahl am Sonntag schon irgendwie gewinnen, woraus zu schließen sei, dass der Euro nicht auseinanderbreche, weil Macron ihn verteidigen will. Erkenntniswert: Gering, weil die Aktienkurse den Macron-Sieg längst vorweggenommen haben.
Man sollte sich bei dieser Gelegenheit wiederholt fragen, ob die Aktienkurse nicht längst von Hoffnungen und Erwartungen statt von Umsätzen und Gewinnen der Unternehmen nach oben getrieben werden, und zwar weltweit, weil die Zentralbanken überall massiv Geldspritzen einsetzen. Wenn Aktien wie Amazon oder Alphabet (Google) steigen und steigen, werden damit die erfolgreichen Geschäftsmodelle beider Konzerne honoriert, obwohl nach Maßgabe bewährter Kennzahlen zu üppig.
Wenn jedoch die Elektroauto-Aktie Tesla weiterhin wie eine Rakete nach oben schießen sollte, muss man sich ernsthaft fragen, ob die Börsianer da nicht stark übertreiben. Oder auf die deutsche Börse bezogen: Der SDax, ein Sammelbecken überwiegend mittelständischer Aktien, bricht alle Rekorde. Die Kurse solcher Aktien drehen nach aller Erfahrung dann besonders auf, wenn der Börsenzyklus sich einem Rekord nähert.
Während Kursübertreibungen an der Börse täglich sichtbar werden, sind sie an den Immobilienmärkten bestenfalls anhand von Studien renommierter Institute und Makler zu ermitteln – und selbst die sind sich nicht einig, wie die gerade in diesem Jahr ausgearteten Kämpfe um die Meinungshoheit belegen. Kurzum, der Wert einer Immobilie steht erst dann fest, wenn Käufer und Verkäufer sich notariell auf einen Preis geeinigt haben.
Das schließt indes nicht aus, dass es immer wieder zu Meinungsäußerungen kommt, die man besonders ernst nehmen sollte. So wie die jüngste von Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret, der die deutsche Immobilienampel bereits auf Gelb stehen sieht und befürchtet, deutsche Immobilien und ihre Finanzierung könnten für Banken und Sparkassen "zu einem gefährlichen Cocktail werden".
Die Finanzierung droht in der Tat zu einem wichtigen Knackpunkt auszuarten. Versetzen wir uns doch mal in die Lage eines Bank- oder Sparkassendirektors, dem die Kunden böse sind, weil er von ihnen wegen der durch die EZB-Geldpolitik bedingten extrem niedrigen Zinsen auf einmal Gebühren kassiert. Soll er etwa riskieren, dass ihm jahrzehntelang treue Kunden weiter verloren gehen? Viele von ihnen sind eh schon zu Direktbanken abgesprungen.
Nein, er lässt bei der Immobilienfinanzierung die Fünf gerade sein. Stellschrauben dafür gibt es ja, neben dem flexiblen Umgang mit der Kundenbonität vor allem die Bewertung von Immobilien: Lässt sich durch eine der erwähnten Studien belegen, dass Eigentumswohnungen in Berlin-Charlottenburg oder Studentenzimmer in Heidelberg derzeit in einer Bandbreite von niedrig x bis hoch y Euro je Quadratmeter bewertet werden, erscheint es legitim, für die Finanzierung y statt x anzusetzen - fertig ist das Kreditpaket.
Solche Geldspiele sind nicht neu; es gibt sie, seit Menschen mit Immobilien umgehen, also immer schon. In Japan lebten bis 1990 sogar ganze Konzerne von der exorbitant hohen Bewertung der dortigen Immobilien; das führte erst auch zu einem Höhenflug der Aktienkurse, danach zu deren über ein Viertel Jahrhundert andauerndem Absturz.
Der 1995 abrupt zu Ende gegangene, zuvor staatlich geförderte Bauboom in den neuen Bundesländern, die amerikanische und die spanische Immobilienblase ein Jahrzehnt später, und was kommt demnächst? Zumindest so viel steht fest: Die Warnung von Bundesbanker Dombret ist ernst zu nehmen; und sobald der von ihm befürchtete gefährliche Cocktail seine Wirkung entfaltet, wird er sich auch schädlich auf die Aktienkurse auswirken.
Das Beispiel mit der Immobilienbewertung zeigt besonders deutlich, wie einfach Werte in der Backstein- und Betonbrache willkürlich verändert werden können. Aber ist die Aktienbewertung solider, bloß weil sie uns täglich Werte vorgaukelt? Keineswegs, denn diese sind in der Regel von heute auf morgen überholt, ablesbar am Kurszettel des folgenden Tages. Letztlich ähnelt das Geschäft mit allen Geldanlagen einem überdimensionierten Basar.
Ein Sprichwort besagt: Kunst entsteht mit den Augen des Betrachters. Daraus lässt sich schließen: Je mehr Betrachter den Eindruck haben, ein Gemälde oder eine Skulptur sei mit ihren Augen gesehen Kunst, desto wertvoller wird es - woran man allerdings beim Besuch der Abteilung für moderne Kunst im Frankfurter Städel-Museum auch schon mal zweifeln kann. Dort drängt sich eher der Eindruck auf, clevere Kunsthändler hätten bestimmt, was aus ihrer Sicht Kunst zu sein hat.
Mit Geldanlagen verhält es sich nicht besser: Aktienanalysen bekommen das Etikett "Buy" für eine Kaufempfehlung nicht etwa allein deshalb, weil die betreffende Aktie Zukunftspotenzial hat, sondern auch und manchmal sogar in erster Linie, weil ein Sponsor das so haben möchte. Und Wohnungen mögen noch so ungünstig in Richtung Norden ausgerichtet oder innen schlecht geschnitten sein, immer werden sich Argumente wie "Geheimtipp: lebendiges Viertel" oder "hohe Steuerersparnis durch Denkmalsanierung" finden lassen.
Materielle Werte, so lautet die Quintessenz, sind ebenso sensibel wie ideelle Werte. Absolute Werte gibt es nicht; bei jeglicher Bewertung findet immer ein Vergleich statt. Oder um das Anfangsbeispiel vom Gold aufzugreifen: Das Edelmetall kennt zwar schwankende Preise, aber es wird immer einen Wert haben, der sich überwiegend an seiner Kaufkraft orientiert. Andere Geldanlagen können diese Eigenschaft nur zum Teil oder nur zeitlich begrenzt vorweisen. Insofern dürfen sich Anleger, die einen erheblichen Teil ihres Geldes in Gold angelegt haben, erst mal entspannt zurücklehnen.
Zum Schluss noch die Reaktion eines Lesers, der meine vorwöchigen Kommentare zu Hartz IV und zur Flüchtlingsproblematik wie folgt kommentiert: "Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund (deutsche, ausländische Pässe und papierlose zusammengenommen) an den Leistungen der sozialen Mindestsicherung im weitesten Sinne (also nicht nur Hartz IV) dürfte zwischen 40 und 45 Prozent liegen. Beispielsweise hat von den erwerbsfähigen Hartz IV-Empfängern die Hälfte einen Migrationshintergrund (1.644.000 = 50 Prozent). Ende 2015 bezogen knapp 8 Millionen Leistungen der sozialen Mindestsicherung im weitesten Sinne. Quelle: 'zuerst'/jan. 2017, Seite 32."
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.