Die Gelddruckmaschinen leisten ganze Arbeit
16.07.2017 | Manfred Gburek
Gelddruckmaschinen - im übertragenen Sinn - sind komische Instrumente. Kaum jemand weiß so recht, wie sie wirklich funktionieren und welches Unheil sie anrichten können. Dennoch spielen die Hüter des Geldes, vorrangig Chefs der Zentralbanken, mit ihnen herum, als wäre so etwas das Normalste von der Welt. Eine Version, die EZB, steht in Europa, läuft seit Jahren auf vollen Touren und soll diese angeblich bald herunterfahren. Eine andere Spielart, die Fed, befindet sich in Amerika und unternimmt seit drei Jahren wiederholt Stotterbremsversuche. Eine weitere, die Bank of Japan, hat die Bremse ausgebaut und durch ein zweites Gaspedal ersetzt.
So geht es rund um den Globus zu, und man redet uns sogar ein, das sei normal, Geldpolitik eben. Die in der Schweiz beheimatete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Aufsicht für den ganzen Spielbetrieb, übt sich derweil in Empfehlungen und Warnungen an die Maschinisten, mehr ist nicht drin. Derweil werden die Maschinisten immer ratloser. Sie wissen, dass sie experimentieren müssen, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten - zulasten des Geldwerts, aber immer in der Hoffnung, dass sich alles irgendwie zum Guten wenden möge.
Die Abstimmung der Drehzahlen zwischen den Zentralbanken bleibt Illusion. Das hat Konsequenzen. Nehmen wir die Fed, deren Chefin Janet Yellen sich zuletzt bekanntlich viel Mühe gegeben hat, das Zinsniveau anzuheben, um Spielraum für eine spätere Zinssenkung zu haben, sobald Amerika in eine Rezession gerät, also in die milde Form einer Wirtschaftskrise. Eine Rezession in Amerika, werden Sie jetzt womöglich fragen, ist drüben nicht gerade ein Boom in Gang?
Ja, noch, aber nach acht Jahren Aufschwung droht der amerikanische Automarkt gerade einzubrechen, und der ist für die drüben allzu einseitig auf dem Konsum basierende Konjunktur entscheidend. Wer es nicht glauben mag, sei auf die zuletzt abwärts gerichteten Charts der Aktienkurse amerikanischer Autokonzerne und deren Zulieferer verwiesen.
Während Yellens Geldpolitik seit drei Jahren restriktiv ist, praktiziert die EZB unter ihrem Chef Mario Draghi - noch - das Gegenteil: eine Nullzinspolitik, flankiert durch massiven Aufkauf von Anleihen. Entscheidend für das Auseinandergehen von Fed und EZB ist, dass die Konjunktur in Amerika gebrummt hat, während sie im Euroraum – mit Ausnahme Deutschlands und weniger anderer Euroländer - einfach nicht anspringen wollte.
Wird der EZB-Rat in seiner nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag erste Signale aussenden, wonach bald mit der auf Hochtouren laufenden Gelddruckmaschine Schluss sein wird? Wahrscheinlich. Das könnte mit viel Glück auf den Beginn einer koordinierten Geldpolitik hinauslaufen. Doch wenn das so einfach wäre! Ist es aber nicht. Denn wie erwähnt, haben die Amerikaner eine Rezession vor sich, während sich die Konjunktur in Europa recht erfreulich entwickelt. Koordination bleibt also bis auf Weiteres ein Wunschtraum.
Was ist stattdessen realistisch? Zum Beispiel, dass Yellens im kommenden Februar auslaufender Vertrag als Fed-Chefin ausläuft und unter bestimmten Umständen nicht verlängert wird. Dazu passt, dass zuletzt von interessierter Seite gerüchteweise Gary Cohn als möglicher Nachfolger ins Gespräch gebracht wurde, seines Zeichens Leiter des National Economic Council und früher Vize der Investmentbank Goldman Sachs. Das entscheidende Wort in dieser Angelegenheit wird der unberechenbare US-Präsident Donald Trump haben, der die Fed laut Flüsterpropaganda in Washington am liebsten abschaffen würde.
Wie auch immer die Entscheidung ausfallen wird, für geldpolitische Unruhe ist allemal gesorgt. Sie könnte sich an der Inflation entzünden, für die Yellen vor dem amerikanischen Kongress am vergangenen Mittwoch eher warme Worte fand, statt konkrete Aussagen zu machen. So hielt sie es in einem Anfall von sprachlicher Verwirrung für voreilig, bereits jetzt zum Fazit zu kommen, das Inflationsziel von 2 Prozent sei in den nächsten Jahren nicht zu erreichen.
Aus dieser Bemerkung könnte man zum einen entnehmen, es werde bei dem 2-Prozent-Ziel bleiben, koste es, was es wolle. Eine solche Denkweise entspräche etwa dem sturen Festhalten der EZB an ihrem Ziel von nahezu 2 Prozent. Beiden Zielen gemeinsam ist, dass ihnen jegliche vernünftige Begründung fehlt. Das ist ähnlich wie bei Kurszielen von Finanzanalysten – allerdings mit dem Unterschied, dass von denen keiner auf die Idee kommt, jahrelang daran festzuhalten.
Zum anderen könnte man jedoch argumentieren, am 2- und am nahezu 2-Prozent-Ziel werde zur Wahrung der Scheingenauigkeit nur so lange festgehalten, bis die Zentralbanker sich eine Alternative einfallen lassen. Und siehe da, sie arbeiten tatsächlich schon daran. So ist die Verdoppelung auf 4 Prozent nicht erst seit gestern im Gespräch; nun wird sie entscheidungsreif. Sie soll auf höhere Inflationserwartungen hinauslaufen.
Dass dabei die Eigendynamik der Inflation außer Acht gelassen wird, sei nur am Rande erwähnt. Dass der Wert des Papiergeldes dann bedenklich abwärts tendieren dürfte, wird wohl vor allem die Besitzer von Sachwerten freuen, die zum Beispiel rechtzeitig Gold und Silber gehortet haben.
Ist ein solches Szenario absehbar, sei es beim 2-Prozent-, sei es beim 4-Prozent-Ziel? Ja, denn die Gelddruckmaschinen haben bereits ganze Arbeit geleistet und werden sich nicht stoppen lassen. Es sei denn, ein Wunder geschieht, indem die amerikanische Rezession ausbleibt und die Konjunktur in den anderen großen Volkswirtschaften an Schwung gewinnt. Ein solches Wunder ist nicht zu erwarten. Also werden die Zentralbanken in ihrer ganzen Verzweiflung wieder auf die seit acht Jahren praktizierten Methoden der Gelddruckerei zurückgreifen.
Die Folgen sind im Einzelnen nicht absehbar. Immerhin ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Bilanzen der Zentralbanken aufgebläht werden. Yellen (sofern dann noch im Amt), Draghi & Co. werden besonders als Psychologen gefragt sein Und was wird mit der Inflation geschehen, wird sie sich wie bisher nur zäh entwickeln, oder droht ein breiter Inflationsschub (man braucht ja nicht gleich an den jüngsten Sprung des Butterpreises zu denken)? Sie wird auf jeden Fall steigen, egal, mit welchem Inflationsziel.
Neu bei gburek.eu: Risiko muss sein
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
So geht es rund um den Globus zu, und man redet uns sogar ein, das sei normal, Geldpolitik eben. Die in der Schweiz beheimatete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, Aufsicht für den ganzen Spielbetrieb, übt sich derweil in Empfehlungen und Warnungen an die Maschinisten, mehr ist nicht drin. Derweil werden die Maschinisten immer ratloser. Sie wissen, dass sie experimentieren müssen, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten - zulasten des Geldwerts, aber immer in der Hoffnung, dass sich alles irgendwie zum Guten wenden möge.
Die Abstimmung der Drehzahlen zwischen den Zentralbanken bleibt Illusion. Das hat Konsequenzen. Nehmen wir die Fed, deren Chefin Janet Yellen sich zuletzt bekanntlich viel Mühe gegeben hat, das Zinsniveau anzuheben, um Spielraum für eine spätere Zinssenkung zu haben, sobald Amerika in eine Rezession gerät, also in die milde Form einer Wirtschaftskrise. Eine Rezession in Amerika, werden Sie jetzt womöglich fragen, ist drüben nicht gerade ein Boom in Gang?
Ja, noch, aber nach acht Jahren Aufschwung droht der amerikanische Automarkt gerade einzubrechen, und der ist für die drüben allzu einseitig auf dem Konsum basierende Konjunktur entscheidend. Wer es nicht glauben mag, sei auf die zuletzt abwärts gerichteten Charts der Aktienkurse amerikanischer Autokonzerne und deren Zulieferer verwiesen.
Während Yellens Geldpolitik seit drei Jahren restriktiv ist, praktiziert die EZB unter ihrem Chef Mario Draghi - noch - das Gegenteil: eine Nullzinspolitik, flankiert durch massiven Aufkauf von Anleihen. Entscheidend für das Auseinandergehen von Fed und EZB ist, dass die Konjunktur in Amerika gebrummt hat, während sie im Euroraum – mit Ausnahme Deutschlands und weniger anderer Euroländer - einfach nicht anspringen wollte.
Wird der EZB-Rat in seiner nächsten Sitzung am kommenden Donnerstag erste Signale aussenden, wonach bald mit der auf Hochtouren laufenden Gelddruckmaschine Schluss sein wird? Wahrscheinlich. Das könnte mit viel Glück auf den Beginn einer koordinierten Geldpolitik hinauslaufen. Doch wenn das so einfach wäre! Ist es aber nicht. Denn wie erwähnt, haben die Amerikaner eine Rezession vor sich, während sich die Konjunktur in Europa recht erfreulich entwickelt. Koordination bleibt also bis auf Weiteres ein Wunschtraum.
Was ist stattdessen realistisch? Zum Beispiel, dass Yellens im kommenden Februar auslaufender Vertrag als Fed-Chefin ausläuft und unter bestimmten Umständen nicht verlängert wird. Dazu passt, dass zuletzt von interessierter Seite gerüchteweise Gary Cohn als möglicher Nachfolger ins Gespräch gebracht wurde, seines Zeichens Leiter des National Economic Council und früher Vize der Investmentbank Goldman Sachs. Das entscheidende Wort in dieser Angelegenheit wird der unberechenbare US-Präsident Donald Trump haben, der die Fed laut Flüsterpropaganda in Washington am liebsten abschaffen würde.
Wie auch immer die Entscheidung ausfallen wird, für geldpolitische Unruhe ist allemal gesorgt. Sie könnte sich an der Inflation entzünden, für die Yellen vor dem amerikanischen Kongress am vergangenen Mittwoch eher warme Worte fand, statt konkrete Aussagen zu machen. So hielt sie es in einem Anfall von sprachlicher Verwirrung für voreilig, bereits jetzt zum Fazit zu kommen, das Inflationsziel von 2 Prozent sei in den nächsten Jahren nicht zu erreichen.
Aus dieser Bemerkung könnte man zum einen entnehmen, es werde bei dem 2-Prozent-Ziel bleiben, koste es, was es wolle. Eine solche Denkweise entspräche etwa dem sturen Festhalten der EZB an ihrem Ziel von nahezu 2 Prozent. Beiden Zielen gemeinsam ist, dass ihnen jegliche vernünftige Begründung fehlt. Das ist ähnlich wie bei Kurszielen von Finanzanalysten – allerdings mit dem Unterschied, dass von denen keiner auf die Idee kommt, jahrelang daran festzuhalten.
Zum anderen könnte man jedoch argumentieren, am 2- und am nahezu 2-Prozent-Ziel werde zur Wahrung der Scheingenauigkeit nur so lange festgehalten, bis die Zentralbanker sich eine Alternative einfallen lassen. Und siehe da, sie arbeiten tatsächlich schon daran. So ist die Verdoppelung auf 4 Prozent nicht erst seit gestern im Gespräch; nun wird sie entscheidungsreif. Sie soll auf höhere Inflationserwartungen hinauslaufen.
Dass dabei die Eigendynamik der Inflation außer Acht gelassen wird, sei nur am Rande erwähnt. Dass der Wert des Papiergeldes dann bedenklich abwärts tendieren dürfte, wird wohl vor allem die Besitzer von Sachwerten freuen, die zum Beispiel rechtzeitig Gold und Silber gehortet haben.
Ist ein solches Szenario absehbar, sei es beim 2-Prozent-, sei es beim 4-Prozent-Ziel? Ja, denn die Gelddruckmaschinen haben bereits ganze Arbeit geleistet und werden sich nicht stoppen lassen. Es sei denn, ein Wunder geschieht, indem die amerikanische Rezession ausbleibt und die Konjunktur in den anderen großen Volkswirtschaften an Schwung gewinnt. Ein solches Wunder ist nicht zu erwarten. Also werden die Zentralbanken in ihrer ganzen Verzweiflung wieder auf die seit acht Jahren praktizierten Methoden der Gelddruckerei zurückgreifen.
Die Folgen sind im Einzelnen nicht absehbar. Immerhin ist mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass die Bilanzen der Zentralbanken aufgebläht werden. Yellen (sofern dann noch im Amt), Draghi & Co. werden besonders als Psychologen gefragt sein Und was wird mit der Inflation geschehen, wird sie sich wie bisher nur zäh entwickeln, oder droht ein breiter Inflationsschub (man braucht ja nicht gleich an den jüngsten Sprung des Butterpreises zu denken)? Sie wird auf jeden Fall steigen, egal, mit welchem Inflationsziel.
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.