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Das Goldpreismanagement in Zeiten der Finanzrepression (Teil1/3)

24.08.2017  |  Lars Schall
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In einer 24-seitigen Informationsbroschüre aus dem Juni 2008 präsentierte "die Zentralbank der Zentralbanken" zudem ganz explizit folgenden Punkt: Gold & Forex Services - Interventions ("Gold- und Devisenmarkt-Dienstleistungen - Eingriffe"). (10)

Der BIZ-Jahresbericht 2013 besagte, dass die BIZ im Auftrag ihrer Kunden "Devisen- und Goldgeschäfte" tätige und "ihnen damit Zugang zu einer umfangreichen Liquiditätsbasis" böte, "beispielsweise im Zusammenhang mit der regelmäßigen Neuausrichtung des Reserveportfolios oder erheblichen Veränderungen der Währungsallokation. Zu den Devisendienstleistungen der BIZ gehören Kassageschäfte in den wichtigsten Währungen und in Sonderziehungsrechten (SZR) sowie Swaps, Termingeschäfte, Optionen und Doppelwährungseinlagen. Ferner bietet die Bank Golddienstleistungen wie An- und Verkauf, Sichtkonten, Termineinlagen, Sonderdepots, Legierungsabscheidung, Erhöhung des Feingehalts und Transportdienste an." (11)

Der irische Goldmarktanalyst Ronan Manly identifizierte gen Ende 2015 acht Zentralbanken, welche nicht offenlegen, wo sie ihre Goldreserven aufbewahren - darunter die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. (12)


Stärke und Schwäche zugleich: Das Stock-to-Flow-Verhältnis des Goldes

Verglichen mit anderen Anlagewerten besitzt Gold die Eigenschaft, dass der Goldpreis fällt, wenn die Aktienkurse steigen - oder umgekehrt. Eine strikte Regel ist das gleichwohl nicht. Im Herbst 2008 etwa fiel der Goldpreis bei dem herrschenden Umfeld fallender Aktienkurse, obwohl die Edelmetallhändler der physischen Nachfrage nach Gold, die stattfand, nicht nachkommen konnten. Was etwas seltsam anmutet: denn ja, einerseits lag eine Problemlage vor, in der Liquidität um jeden Preis das Gebot der Stunde darstellte; andererseits kommen "Verkäufe aufgrund krisenbedingten Liquiditätsbedarfs" für den Rückgang des Goldkurses "nicht in Frage, denn dann müsste dieses Gold auch verfügbar sein." Stattdessen gab es 2008 "sogar einen Mangel an Münzen und Barren." (13)

Tatsächlich vermag man geradezu von einer Entkoppelung zwischen dem Goldpreis und der physischen Nachfrage nach Gold zu sprechen. "Der Goldpreis wird im Terminmarkt über Papiergoldkontrakte gesetzt", erklärte mir der österreichische Goldmarktanalyst Ronald Stöferle im Sommer 2015, "und mittlerweile hat sich der Papiergoldmarkt zu einem der am stärksten gehebelten Märkte entwickelt. Gemäß einer hochinteressanten Studie von Thomson Reuters GFMS belief sich das globale Handelsvolumen im Vorjahr auf ca. 550.000 Tonnen. Dies entspricht dem dreifachen Allzeitgesamtbestand an Gold bzw. dem 188-fachen der jährlichen Minenförderung. Wertmäßig entspricht dieser Umsatz 22 Billionen US-Dollar und somit mehr als im Dow Jones, dem S&P500 oder am deutschen Anleihenmarkt gehandelt wird." (14)

Zwei Dokumente sind in diesem Zusammenhang von besonderem Interesse. In einem Jahresbericht (10-K Filing) von 2013 der CME Group, die große Terminbörsen in den Vereinigten Staaten betreibt, wurde offenbar, dass zu den Kunden der CME Group "Regierungen und Zentralbanken" gehören. (15) Das zweite Dokument ist ein Brief vom Januar 2014, der vom Geschäftsführer der CME Group, Christopher Bowen, an die U.S. Commodity Futures Trading Commission geschickt wurde. Dem Brief war zu entnehmen, dass die CME Group den Zentralbanken bei allen Future-Kontrakten Handelsmengenrabatte anbot - nicht nur bei Finanz-Future-Kontrakten, sondern auch bei jenen für Gold, Silber und Rohstoffe. (16)

Wenn Regierungen und Zentralbanken insgeheim Handel an der Börse treiben, sind die Konditionen gegeben, wie sie Peter Warburton in seinem Essay The Debasement of World Currency dargelegt hatte.

Über Goldderivate wird ein Gold-Angebot geschaffen, das nur auf Papier existiert. Fast nie wird das Gold, das an der Terminbörse COMEX in New York gehandelt wird, vom Verkäufer in physischer Form an den Käufer geliefert. Stattdessen kommt es zumeist zu einem reinen Barausgleich.

Gold unterscheidet sich von anderen Rohstoffen, die ebenfalls an Terminbörsen gehandelt werden, an einem Punkt ganz wesentlich: Rohstoffe werden verarbeitet und verbraucht; Gold dagegen wird gehortet, wenn es den Zweck eines Wertaufbewahrungsmittels erfüllen soll. Als ein Wertaufbewahrungsmittel bietet sich Gold an, da zwischen dem Goldbestand, der in der Vergangenheit bisher gefördert wurde (Stock), und der jährlichen Produktion an Gold (Flow) ein sehr günstiges Verhältnis (Stock-to-Flow-Ratio) besteht. Die gängigsten Schätzungen besagen, dass bisher rund 170.000 Tonnen Gold gefördert wurden. (17) Zentralbanken halten davon offiziell etwa 31.000 Tonnen in ihren Tresoren vor. Die jährliche Minenproduktion beträgt etwa 2800 Tonnen; der jährliche Verbrauch rangiert bei circa 2400 Tonnen. (18)

Dieses Stock-to-Flow-Verhältnis, bei dem der Allzeitbestand den pro Jahr anfallenden Verbrauch signifikant übersteigt, trennt Gold von anderen Rohstoffen und Waren. Allenfalls beim Silber lässt sich ein annähernd ähnlich günstiges Verhältnis vorfinden. Günstig, weil: "Während bei anderen Waren der Bestand allenfalls für Monate reicht, könnte man bei Gold die Produktion für viele Jahre einstellen und dennoch den Verbrauch decken. Von den beiden wichtigsten Geldfunktionen hat Gold eben nur die Tauschmittelfunktion verloren, die Wertaufbewahrungsfunktion hat es weiterhin inne." (19)

Rohstoffe wie Öl und Kupfer, die primär dem Verbrauch dienen, gewinnen ihren ökonomischen Nutzen, indem sie verwendet bzw. zerstört werden. Drum haben Industrierohstoffe ein niedriges Stock-to-Flow-Verhältnis, das die Verbrauchernachfrage für nur jeweils wenige Monate abdeckt. Gold dagegen wird als Investment gekauft, um gehalten und später weiterverkauft zu werden; im Aufbewahren besteht sein wirtschaftlicher Nutzen. Diesbezüglich rechnete mir der bereits erwähnte Ronald Stöferle in einem Interview vor:

Das Gesamtvolumen allen Goldes, das jemals produziert wurde, kommt offiziell auf etwa 170.000 Tonnen. Dies ist der Stock. Die jährliche Produktion war 2010 laut Angaben des World Gold Council 2.586 Tonnen. Dies ist der Flow. Das erste durch das letztere dividierend, erhalten wir das Stock-to-Flow-Verhältnis von 65 Jahren.

Lars Schall: Was bedeutet das nun?

Ronald Stöferle: Nun, die globalen Goldreserven wachsen jährlich um 1,5% und damit zu einer sehr viel langsameren Rate als alle anderen Geldmengenaggregate rund um den Globus. Die Wachstumsrate ist vage im Einklang mit dem Bevölkerungswachstum. Das Vertrauen in die aktuelle und zukünftige Kaufkraft des Geldes oder irgendeines Zahlungsmittels hängt nicht nur davon ab, wie viel jetzt verfügbar ist, sondern auch davon, wie sich die Menge im Laufe der Zeit ändern wird. Wenn sich die Minenproduktion um 50% erhöhte (was höchst unwahrscheinlich ist), würde sich dies nur in einer jährlichen Steigerung von 3% übersetzen. Diese Tatsache schafft ein Gefühl der Sicherheit, soweit es die Verfügbarkeit betrifft, und verhindert eine natürliche Inflation. Wenn die Produktion für ein Jahr fiele, würde dies auch nur geringe Auswirkungen auf die allgemeine Situation haben.

Würde auf der anderen Seite die Kupfer-Produktion für längere Zeit unterbrochen werden, würden die Lagerbestände nach etwa 30 Tagen erschöpft sein. Zum Beispiel, wenn eine große neue Mine in Betrieb geht und das Angebot sich verdoppelte, wäre dies mit enormen Folgen für den Kupferpreis verbunden, aber kaum für Gold. Diese Stabilität und Sicherheit ist eine entscheidende Voraussetzung für die Schaffung von Vertrauen. Und es ist das, was Gold und Silber als Geld-Metalle deutlich von Rohstoffen und anderen Edelmetallen unterscheidet. Rohstoffe werden verbraucht, während Gold gehortet wird. Dies erklärt auch, warum traditionelle Angebot-und-Nachfrage-Modelle nur von begrenztem Nutzen für den Goldmarkt sind.

Deshalb wird Gold als wertvoll erachtet, weil die jährliche Produktion so gering bezogen auf den Bestand ist. Dieses Merkmal wurde im Laufe der Jahrhunderte erworben und kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.
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