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Bretton Woods, das Gold und der Petrodollar

18.09.2023  |  Lars Schall
1. Der Niedergang des Systems von Bretton Woods

Bis zum August 1971 war es Zentralbanken möglich, bei den Vereinigten Staaten von Amerika Dollarreserven gegen Gold einzutauschen. So sah es das Abkommen vor, welches am Ende des Zweiten Weltkriegs in Bretton Woods, New Hampshire, USA ausgehandelt worden war und am 17. Dezember 1945 in Kraft trat. Der Führungsanspruch, den sich die USA zuvor militärisch erworben hatten, wurde durch das internationale Festkurssystem flankiert, das fortan den US-Dollar als Leitwährung mehr denn je in den Fokus des weltweiten Finanzsystems rückte.

Grundlage hierfür war die Verpflichtung der Federal Reserve und des US-Schatzamtes, den Dollar international an einen Goldstandard zu binden, was hieß, dass die amerikanische Währung – partiell – durch Gold gedeckt war. Fortan war das Finanzministerium, der Treuhänder des Goldhortes, angewiesen, das Gold anderer Zentralbanken zu einem Wert von 35 Dollar pro Feinunze anzukaufen bzw. Gold zum besagten Preis an diese Zentralbanken zu verkaufen. Die anderen beteiligten Industrienationen fixierten ihren Wechselkurs an den Dollar, womit ihre Währungen ebenfalls an den Goldstandard gebunden waren.

Für die USA, die während des Zweiten Weltkriegs – wie schon im Laufe des Ersten Weltkriegs – beträchtliche Goldbestände aus aller Herren Länder angezogen hatten, bedeutete das einen gewaltigen Vorteil: Indem andere Nationen zum Beispiel zukünftige Außenhandelsdefizite in einer Fremdwährung ausgleichen mussten, waren sie befähigt, etwaige Gläubiger in Dollar zu bezahlen, die diese bei sich behielten.

Die institutionalisierte Zuständigkeit für die Gelder des Westens fiel insbesondere drei supranationalen Finanzentitäten zu: der 1930 gegründeten, in der Schweiz ansässigen Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) sowie dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington DC, welche in Bretton Woods eingerichtet worden waren. (1) Beide Gründungen gingen aus Überlegungen hervor, die im Zuge der War Peace Studies vom Council on Foreign Relations (CFR) und dem US-Außenministerium während des Zweiten Weltkriegs angestellt wurden.

Das Bretton-Wood-System eines indirekten Devisen-Goldstandards, zu dem die USA die größten Goldreserven der Welt beisteuerten, funktionierte nur so lange, wie es die beteiligten Staaten de facto unterließen, Dollar in Gold umzutauschen. Während der 1950er und 60er-Jahre bauten die USA jedoch immer größere Außenhandelsbilanzdefizite auf.

Resultat war, dass zunehmend Gold aus den USA abfloss, wie es dem Goldstandard-Mechanismus entsprach: Wenn nämlich ein Land eine negative Zahlungsbilanz aufwies, da es mehr importiert als exportiert hatte, wurde dieses Ungleichgewicht dadurch korrigiert, dass es zwischen den betreffenden Ländern zum Transfer von Goldreserven kam. Diese Entwicklung ging einher mit einem zunehmendem Kapitalexport von den USA nach Europa, wo der industrielle Wiederaufbau und die niedrigeren Lohnkosten größere Profite versprachen.

Der Dollar-Abfluss begünstigte indes die Abschmelze der Goldbestände. Mit der Rezession im Jahr 1958 verloren die Vereinigten Staaten allein 2000 Tonnen Gold ans Ausland – der größte je verzeichnete Verlust in der Geschichte.

Als zu Anfang der 1960er Jahre John F. Kennedy Präsident der USA wurde, konnte der Trend gestoppt werden, wie wir einem kürzlich erschienen Buch entnehmen können, "Die Politik des tiefen Staats der USA – Teil 1" von Peter Dale Scott. Dort lesen wir:


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"Ende 1963, während sich wegen seiner Vietnam-Politik Sturmwolken zusammenbrauten, schien Kennedy mit seinen allgemeinen Bemühungen, die Staatsausgaben und die Zahlungsbilanz zu stabilisieren, erfolgreich zu sein, um seine wichtigste Wirtschaftsreform, eine Steuersenkung zur Stärkung der heimischen Wirtschaft, zu verwirklichen. Eine Steuersenkung war auch das von ihm beabsichtigte Heilmittel für die Zahlungsbilanzkrise, da sie sowohl amerikanisches als auch internationales Kapital ermutigen würde, in den stimulierten Markt der Vereinigten Staaten, statt in Übersee zu investieren.

Doch auch ohne diese Maßnahme konnten die Vereinigten Staaten eine Woche vor der Ermordung Kennedys verkünden, dass es dreizehn Wochen in Folge keine Goldverluste gegeben hatte, ,wahrscheinlich die längste stabile Periode in der Geschichte der Vereinigten Staaten‘." (2)


Als Kennedy im November 1963 umgebracht worden war und sein Nachfolger Lyndon B. Johnson den Krieg in Vietnam eskalierte, erwies sich letzteres für die US-Wirtschaft keineswegs als Konjunkturbelebung. Im Gegenteil, zuerst bremste der Krieg den Boom, der seit 1963 eingesetzt hatte, nachhaltig aus und führte dann sukzessive zu einer schlechteren Außenhandelsbilanz und einer erhöhten Staatsverschuldung, die in der Aufhebung des Goldstandards mündete, was den weiteren Verfall des Dollars einleitete.

Der US-Dollar verlor "die Gloriole, Maßstab jeder anderen Valuta zu sein", wie der Spiegel am 8. April 1968 schrieb, da die USA der Eintauschverpflichtung Gold für Dollar "praktisch … schon seit Jahren nicht mehr nachkommen" konnten. (3) Der Schuldsumme stand nur ein Bruchteil an vorrätigem Gold gegenüber.


2. London Gold Pool

Zum Schutz des Systems hatten die zehn führenden Zentralbanken-Mitglieder der BIZ inzwischen begonnen, den "London Gold Pool" zu bilden. Der Mechanismus dahinter: Die Zentralbanken belieferten die Bank von England mit Teilen ihrer Goldbestände, damit diese das Gold auf den Markt warf, um so Einfluss auf die Goldpreisfindung in London zu nehmen. Zudem erhielten die USA eine Art von Hilfe aus Westdeutschland, zur damaligen Zeit der größte Besitzer von Dollarbeständen.

Am 30. März 1967 setzte Bundesbankpräsident Karl Blessing einen Brief an William M. Martin auf, den Vorstandsvorsitzenden des Federal Reserve Systems der USA. Deutschland, so schrieb er, habe schon seit einigen Jahren keine Dollar mehr in Gold umgetauscht. Dadurch beabsichtige die Bundesbank zur "internationalen monetären Kooperation beizutragen und störende Effekte für die Devisen- und Goldmärkte zu vermeiden". (4) Diese Politik wolle man fortsetzen.

Was hatte das zu bedeuten? Dimitri Speck, Autor des Buches "Geheime Goldpolitik", mit dessen Unterstützung ich den Blessing-Brief in der Präsidentenbibliothek von Lyndon B. Johnson ausfindig machen und veröffentlichen konnte, schildert die Hintergründe:


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"Die Amerikaner und Briten drohten 1967, wegen der Kosten ihre Stationierungen in Westdeutschland zu reduzieren. Wegen des Kalten Krieges wollten die Deutschen eine Reduktion vermeiden, ohne allerdings selbst mehr zu zahlen. Teil des Abkommens war dann der Blessing-Brief, der den Verzicht auf Konvertierungen von Dollar in Gold bekräftigte. Deutschland hat sich also (wie andere Länder) Sicherheit gekauft, indem es Dollarforderungen als Devisenreserven anhäufte.

Zwar wurde die Verpflichtung zum Goldeintausch dann erst 1971 endgültig aufgekündigt. Der Blessing-Brief bekräftigte aber formal den Verzicht des größten Dollarhalters, Deutschlands, auf Konvertierungen von Dollars in Gold. Der Brief war somit ein wesentlicher Schritt zum weltweiten Dollarstandard, was die Berater der US-Regierung bereits erkannten und in internen Papieren auch so benannten." (5)



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