Das Goldpreismanagement in Zeiten der Finanzrepression (Teil 2/3)
31.08.2017 | Lars Schall
Teil Zwei: Die Vermehrung des Goldes auf dem Papier
Das Plunge Protection Team und offene Fragen
Die U.S. Federal Reserve kann nicht ohne Weiteres unmittelbar direkt an den Interventionen, die wir im Goldmarkt betrachten, beteiligt sein. Gesetzt, die Eingriffe fänden über den Verkauf und/oder den Verleih des US-Staatsgoldes statt, so wäre zu berücksichtigen, dass der Treuhänder des (zuletzt in den 1950er Jahren ordnungsgemäß auditierten) US-Goldhorts das US-Schatzamt ist. (1) Außerdem fehlt ihr das rechtliche Mandat zu einer solchen Handlung. Der Exchange Stabilization Fund (ESF) des Schatzamtes besäße ein solches Mandat dagegen schon eher. Es ist ihm qua des Gold Reserve Acts von 1934 gegeben, der den ESF innerhalb des Finanzministeriums begründete.
Das Gesetz, das in den 1970er Jahren erweitert wurde, besagt: "Im Einklang mit den Verpflichtungen der Regierung im Internationalen Währungsfonds bezogen auf geordnete Geldwechsel-Arrangements und einem geordneten Wechselkurs-System kann der Minister … mit Zustimmung des Präsidenten in Gold, Devisen und anderen Instrumenten von Kredit- und Wertpapieren handeln." (2)
Zudem unterliegt der ESF kaum einer Kontrolle des Kongresses und Protokolle werden nicht veröffentlicht. (3)
"Für seine tatsächliche Involvierung gibt es ein starkes Indiz“, auf das Reginald Howe, der Anwalt der US-Bürgerrechtsgruppe Gold Anti-Trust Action Committee (GATA), im Jahre 2000 in der Bilanz der Federal Reserve stieß. (4) "Zu der Zeit wies der Monatsbericht der Fed an einer Stelle (1.18) den Goldbestand des Schatzamtes aus, an anderer Stelle aber den des Schatzamtes und des ESF (3.12).
Die Differenz der Zahlen weist also zwingend auf den Bestand des ESF. (…) Von 1974 bis 1995 waren die Werte in den meisten Jahren identisch. Später gab es häufig Differenzen. Da Gold im Zentralbankensystem der USA immer zum gleichen Kurs bilanziert wird, muss der Grund für die Differenzen in Goldhandelsaktivitäten liegen. Wiederholte Fehler in der Bilanz kann man wohl ausschließen (sie sollten außerdem allenfalls bei einem sehr aktiven Bestand vorkommen).
Überaus auffällig hat die Fed dann reagiert, nachdem Howe diese Anomalie publiziert hatte und dies in einer Klage unterstrich: In der Folge wurde der ESF aus den Monatsberichten der Fed einfach herausgenommen und die Werte wurden korrigiert! Bereits in den Fed-Bulletins aus den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts findet das Gold des ESF Erwähnung. Eine über fünfzigjährige Bilanztradition findet so ihr jähes Ende. Wenn bei einer Notenbank zwei Bilanzzahlen nicht zusammenpassen, möchte man eigentlich doch eine schlüssige Erklärung erwarten." (5)
In Frage kommt außerdem an der Heimspielstätte USA die Arbeitsgruppe für Finanzmärkte des USPräsidenten, auch Plunge Protection Team genannt.
Erstmals offen in Erscheinung trat das Plunge Protection Team, als es 1998 galt, den ins Wanken geratenen Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) zu retten. Zum damaligen Zeitpunkt zählten fünfzehn der größten Wall Street-Banken zu den Handelspartnern von LTCM.
Während das Eigenkapital von LTCM weit unter zehn Milliarden US-Dollar lag, schwoll die gehaltene Position im OTC-Derivatemarkt auf über eine Billion US-Dollar an. (6)
OTC steht für Over the Counter. Der OTC-Markt bezeichnet den Finanzhandel, der nicht innerhalb des Verantwortungsbereichs der Börse vonstattengeht, sondern vielmehr einen Freiverkehrsmarkt im Interbankenhandel darstellt. OTC-Geschäfte weisen eine extrem geringe Transparenz auf, weswegen diese Art des Geschäfts bevorzugt wird, wenn die Teilnehmer weitestgehend unerkannt bleiben möchten (beispielsweise gegenüber den Aufsichtsbehörden). Im wesentlichen Maße sind die beteiligten Akteure so genannte Dark Pools (bzw. Dark Pools of liquidity), was letztlich versteckte Handelsplattformen sind, die anonyme Transaktionen großer Wertpapier-Pakete unter "dem Deckmantel der Dunkelheit" erlauben.
Alles in allem darf man den OTC-Bereich mit Fug und Recht eine besondere Art des Insider-Handels nennen. Der Markt für OTC-Transaktionen macht es ob seiner Intransparenz unmöglich, "ein aggregiertes Angebot und eine aggregierte Nachfrage zu bilden", erklärt der Finanzwissenschaftler Marc Chesney. "Im Fall von derivativen Produkten, die meistens OTC gehandelt werden, gibt es ein grundlegendes Problem. Ihre Preise resultieren hauptsächlich aus mathematischen Formeln und nur teilweise aus Angebot und Nachfrage.
Des Weiteren wird mit der Entwicklung der unregulierten OTC-Transaktionen auf derivativen Produkten das Risiko immer unbekannter und diffuser, was für die Realwirtschaft und die Gesellschaft gefährlich ist." Und so sehen wir uns heute zunehmend "mit dem Paradox einer Wirtschaft konfrontiert, die den Unternehmergeist und das damit verbundene Eingehen von Risiken hochhält und parallel dazu so viele derivative Produkte als sogenannte Absicherung einsetzt wie noch nie. Diese Produkte nehmen in einem solchen Ausmaß zu, dass sie ein systemisches Risiko für die Wirtschaft darstellen." (7)
Ein systemisches Risiko stellte 1998 plötzlich der Hedgefonds LTCM dar. Als es in Russland zu einer Krise des Rubels kam, drohte LTCM eine Pleite. Durch eine Pleite von LTCM wären aber Kreditausfallversicherungen fällig geworden, wodurch andere Marktteilnehmer ebenfalls in Schieflage geraten wären. Um die Krise abzuwenden, wurde die Working Group on Financial Markets des US-Präsidenten alarmiert.
Diese Gruppe, bisweilen umgangssprachlich Plunge Protection Team betitelt, verdankte ihre Entstehung dem Crash vom 19. Oktober 1987, dem größten Verlust, der je an einem einzigen Tag an der New Yorker Börse verzeichnet wurde. Im Zeitalter der sogenannten "Junk Bonds", womit "Anleihen mit hohen Ausfallrisiken und entsprechend hohen Zinskupons" gemeint sind, hatte es im Vorfeld eine "zu große spekulative Spielfreude am Finanzmarkt" gegeben. "Der Aufwärtstrend, der dann ein abruptes Ende fand, begann 1982. In der Phase vor dem Crash waren die Aktienmärkte getrieben von feindlichen Übernahmen, die zu größten Teilen mit 'Junk Bonds' finanziert wurden." (8)
Im Vorfeld des Crashs zeigte der Autor des Klassikers The Great Crash 1929, der Ökonom John Kenneth Galbraith, mehrfach die Parallelen auf, die zwischen den Jahren 1929 und 1987 bestanden. Neun Monate vor dem Crash schrieb er beispielsweise in dem Artikel The Omnious 1929 Parallel, der in The Atlantic Monthly erschien:
"1. Parallele: Die spekulative Übertreibung. 'Wir wissen, dass spekulative Episoden nie harmlos enden. Die weise, wenn auch für die meisten unwahrscheinlichste Haltung ist, das Schlimmste zu befürchten.'
2. Parallele: Die Gewinnmultiplikation mit finanziellen Hebelinstrumenten. 'Ein Rückgang der Gewinne (wegen höherer Zinsen) wird die Schuldenlast unerträglich machen.' (Rekordwelle von Firmenübernahmen, Fusionen, Aufkäufen, 'Leveraged Buyouts', 'Junk Bonds')
3. Parallele: Der Personenkult um die Geldmächtigen und Wunderknaben. 'Die älteste Regel von Wall Street wird wiederentdeckt werden: Finanzielles Genie kommt vor dem Fall.' (siehe Michael Milken & Co.)
4. Parallele: Die Fehleinschätzung von (Reagans) Steuergeschenken. '… ein grosser Teil der höheren persönlichen Einkommen geht an die Börse und nicht in produktives Kapital und wenig in Konsum.'" (9)
In den Wochen, die dem Crash vorangingen, verdunkelte sich das konjunkturelle Bild zunehmend.
"Das Bewertungsniveau der Aktien des S&P lag bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 und war ambitioniert. Inflation zog an. Zinserhöhungen standen im Raum. Steuervergünstigungen für Fusionen wurden gestrichen. Mithin wurde das Spielfeld für diesen Katalysator Übernahme via 'Junk Bonds' des Aktienanstiegs von allen Seiten unterminiert. Im Zuge des Ausverkaufs an den Börsen sind die technischen Handelssysteme überfordert worden. Mithin führte die technische Ineffizienz zu einer Eskalation der Krise." (10)
Das Plunge Protection Team und offene Fragen
Die U.S. Federal Reserve kann nicht ohne Weiteres unmittelbar direkt an den Interventionen, die wir im Goldmarkt betrachten, beteiligt sein. Gesetzt, die Eingriffe fänden über den Verkauf und/oder den Verleih des US-Staatsgoldes statt, so wäre zu berücksichtigen, dass der Treuhänder des (zuletzt in den 1950er Jahren ordnungsgemäß auditierten) US-Goldhorts das US-Schatzamt ist. (1) Außerdem fehlt ihr das rechtliche Mandat zu einer solchen Handlung. Der Exchange Stabilization Fund (ESF) des Schatzamtes besäße ein solches Mandat dagegen schon eher. Es ist ihm qua des Gold Reserve Acts von 1934 gegeben, der den ESF innerhalb des Finanzministeriums begründete.
Das Gesetz, das in den 1970er Jahren erweitert wurde, besagt: "Im Einklang mit den Verpflichtungen der Regierung im Internationalen Währungsfonds bezogen auf geordnete Geldwechsel-Arrangements und einem geordneten Wechselkurs-System kann der Minister … mit Zustimmung des Präsidenten in Gold, Devisen und anderen Instrumenten von Kredit- und Wertpapieren handeln." (2)
Zudem unterliegt der ESF kaum einer Kontrolle des Kongresses und Protokolle werden nicht veröffentlicht. (3)
"Für seine tatsächliche Involvierung gibt es ein starkes Indiz“, auf das Reginald Howe, der Anwalt der US-Bürgerrechtsgruppe Gold Anti-Trust Action Committee (GATA), im Jahre 2000 in der Bilanz der Federal Reserve stieß. (4) "Zu der Zeit wies der Monatsbericht der Fed an einer Stelle (1.18) den Goldbestand des Schatzamtes aus, an anderer Stelle aber den des Schatzamtes und des ESF (3.12).
Die Differenz der Zahlen weist also zwingend auf den Bestand des ESF. (…) Von 1974 bis 1995 waren die Werte in den meisten Jahren identisch. Später gab es häufig Differenzen. Da Gold im Zentralbankensystem der USA immer zum gleichen Kurs bilanziert wird, muss der Grund für die Differenzen in Goldhandelsaktivitäten liegen. Wiederholte Fehler in der Bilanz kann man wohl ausschließen (sie sollten außerdem allenfalls bei einem sehr aktiven Bestand vorkommen).
Überaus auffällig hat die Fed dann reagiert, nachdem Howe diese Anomalie publiziert hatte und dies in einer Klage unterstrich: In der Folge wurde der ESF aus den Monatsberichten der Fed einfach herausgenommen und die Werte wurden korrigiert! Bereits in den Fed-Bulletins aus den Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts findet das Gold des ESF Erwähnung. Eine über fünfzigjährige Bilanztradition findet so ihr jähes Ende. Wenn bei einer Notenbank zwei Bilanzzahlen nicht zusammenpassen, möchte man eigentlich doch eine schlüssige Erklärung erwarten." (5)
In Frage kommt außerdem an der Heimspielstätte USA die Arbeitsgruppe für Finanzmärkte des USPräsidenten, auch Plunge Protection Team genannt.
Erstmals offen in Erscheinung trat das Plunge Protection Team, als es 1998 galt, den ins Wanken geratenen Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) zu retten. Zum damaligen Zeitpunkt zählten fünfzehn der größten Wall Street-Banken zu den Handelspartnern von LTCM.
Während das Eigenkapital von LTCM weit unter zehn Milliarden US-Dollar lag, schwoll die gehaltene Position im OTC-Derivatemarkt auf über eine Billion US-Dollar an. (6)
OTC steht für Over the Counter. Der OTC-Markt bezeichnet den Finanzhandel, der nicht innerhalb des Verantwortungsbereichs der Börse vonstattengeht, sondern vielmehr einen Freiverkehrsmarkt im Interbankenhandel darstellt. OTC-Geschäfte weisen eine extrem geringe Transparenz auf, weswegen diese Art des Geschäfts bevorzugt wird, wenn die Teilnehmer weitestgehend unerkannt bleiben möchten (beispielsweise gegenüber den Aufsichtsbehörden). Im wesentlichen Maße sind die beteiligten Akteure so genannte Dark Pools (bzw. Dark Pools of liquidity), was letztlich versteckte Handelsplattformen sind, die anonyme Transaktionen großer Wertpapier-Pakete unter "dem Deckmantel der Dunkelheit" erlauben.
Alles in allem darf man den OTC-Bereich mit Fug und Recht eine besondere Art des Insider-Handels nennen. Der Markt für OTC-Transaktionen macht es ob seiner Intransparenz unmöglich, "ein aggregiertes Angebot und eine aggregierte Nachfrage zu bilden", erklärt der Finanzwissenschaftler Marc Chesney. "Im Fall von derivativen Produkten, die meistens OTC gehandelt werden, gibt es ein grundlegendes Problem. Ihre Preise resultieren hauptsächlich aus mathematischen Formeln und nur teilweise aus Angebot und Nachfrage.
Des Weiteren wird mit der Entwicklung der unregulierten OTC-Transaktionen auf derivativen Produkten das Risiko immer unbekannter und diffuser, was für die Realwirtschaft und die Gesellschaft gefährlich ist." Und so sehen wir uns heute zunehmend "mit dem Paradox einer Wirtschaft konfrontiert, die den Unternehmergeist und das damit verbundene Eingehen von Risiken hochhält und parallel dazu so viele derivative Produkte als sogenannte Absicherung einsetzt wie noch nie. Diese Produkte nehmen in einem solchen Ausmaß zu, dass sie ein systemisches Risiko für die Wirtschaft darstellen." (7)
Ein systemisches Risiko stellte 1998 plötzlich der Hedgefonds LTCM dar. Als es in Russland zu einer Krise des Rubels kam, drohte LTCM eine Pleite. Durch eine Pleite von LTCM wären aber Kreditausfallversicherungen fällig geworden, wodurch andere Marktteilnehmer ebenfalls in Schieflage geraten wären. Um die Krise abzuwenden, wurde die Working Group on Financial Markets des US-Präsidenten alarmiert.
Diese Gruppe, bisweilen umgangssprachlich Plunge Protection Team betitelt, verdankte ihre Entstehung dem Crash vom 19. Oktober 1987, dem größten Verlust, der je an einem einzigen Tag an der New Yorker Börse verzeichnet wurde. Im Zeitalter der sogenannten "Junk Bonds", womit "Anleihen mit hohen Ausfallrisiken und entsprechend hohen Zinskupons" gemeint sind, hatte es im Vorfeld eine "zu große spekulative Spielfreude am Finanzmarkt" gegeben. "Der Aufwärtstrend, der dann ein abruptes Ende fand, begann 1982. In der Phase vor dem Crash waren die Aktienmärkte getrieben von feindlichen Übernahmen, die zu größten Teilen mit 'Junk Bonds' finanziert wurden." (8)
Im Vorfeld des Crashs zeigte der Autor des Klassikers The Great Crash 1929, der Ökonom John Kenneth Galbraith, mehrfach die Parallelen auf, die zwischen den Jahren 1929 und 1987 bestanden. Neun Monate vor dem Crash schrieb er beispielsweise in dem Artikel The Omnious 1929 Parallel, der in The Atlantic Monthly erschien:
"1. Parallele: Die spekulative Übertreibung. 'Wir wissen, dass spekulative Episoden nie harmlos enden. Die weise, wenn auch für die meisten unwahrscheinlichste Haltung ist, das Schlimmste zu befürchten.'
2. Parallele: Die Gewinnmultiplikation mit finanziellen Hebelinstrumenten. 'Ein Rückgang der Gewinne (wegen höherer Zinsen) wird die Schuldenlast unerträglich machen.' (Rekordwelle von Firmenübernahmen, Fusionen, Aufkäufen, 'Leveraged Buyouts', 'Junk Bonds')
3. Parallele: Der Personenkult um die Geldmächtigen und Wunderknaben. 'Die älteste Regel von Wall Street wird wiederentdeckt werden: Finanzielles Genie kommt vor dem Fall.' (siehe Michael Milken & Co.)
4. Parallele: Die Fehleinschätzung von (Reagans) Steuergeschenken. '… ein grosser Teil der höheren persönlichen Einkommen geht an die Börse und nicht in produktives Kapital und wenig in Konsum.'" (9)
In den Wochen, die dem Crash vorangingen, verdunkelte sich das konjunkturelle Bild zunehmend.
"Das Bewertungsniveau der Aktien des S&P lag bei einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 und war ambitioniert. Inflation zog an. Zinserhöhungen standen im Raum. Steuervergünstigungen für Fusionen wurden gestrichen. Mithin wurde das Spielfeld für diesen Katalysator Übernahme via 'Junk Bonds' des Aktienanstiegs von allen Seiten unterminiert. Im Zuge des Ausverkaufs an den Börsen sind die technischen Handelssysteme überfordert worden. Mithin führte die technische Ineffizienz zu einer Eskalation der Krise." (10)