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Das Goldpreismanagement in Zeiten der Finanzrepression (Teil 2/3)

31.08.2017  |  Lars Schall
- Seite 5 -
GATA hat stets die beste Arbeit geleistet. Sie wurden als Witzbolde und finanzielle Quacksalber behandelt, als sie anfingen, ihre Erkenntnisse aufzudecken, aber jetzt, obwohl nur wenige Menschen es wagen, ihnen Tribut zu zollen, ist es offensichtlich, dass GATA den Großteil des geistigen Fundaments für ein wirkliches Verständnis des Goldmarkts erbracht hat. Ich habe Bill Murphys Arbeit immer als sehr glaubwürdig empfunden. Die Zentralbanken haben seit Jahren an den Devisenmärkten interveniert, den Anleihemärkten, und es gibt reichlich Spekulationen, dass sie es an den Aktienmärkten genauso tun. Warum sollte da ausgerechnet Gold anders sein?

Wenn überhaupt, dann ist das der einfachste Markt, um manipuliert zu werden, angesichts der erheblichen oberirdischen Bestände, die die Zentralbanken an Goldlagerbeständen haben, und der relativ geringen Größe dieses Marktes (im Vergleich zu, sagen wir, den Devisenmärkten). Und doch wurde das Werk von GATA für Jahre als Ketzerei abgetan. Warum? Ich kann nur schlussfolgern, dass die lautstarke Art, mit der Menschen sie seit Jahren zu diskreditieren versuchten, zeigt, dass sie uns die Wahrheit gaben und dass sich einige sehr mächtige Leute davon bedroht fühlten. Aber sie machten mutig weiter, und ich denke, sie werden mittlerweile von den meisten ernsthaften Beobachtern des Goldmarkt als grundsätzlich richtig liegend anerkannt.
(38)

Für die These, dass ein Eingriff ins Goldmarktgeschehen zunächst vor allem über das Gold der Zentralbanken organisiert gewesen sein dürfte, gilt es folgender Tatsache Beachtung zu schenken: Zentralbanken ist es erlaubt, Gold, das sie in ihren Beständen halten, und Gold, das sie aus ihren Beständen an Dritte entliehen haben, in ihren Bilanzbüchern als eine Position zu führen. Selbstredend entspricht das nicht den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und eine Mehrfacherfassung des gleichen Golds wäre Betrug.

Wo solche Intransparenz herrschen darf, kann Betrug aber nicht ausgeschlossen werden. Fakt ist, dass die Zentralbanken, die die Mengen des von ihnen verliehenen Goldes in ihren Bilanzen offenlegen, an einer Hand abgezählt werden können. "Damit gibt es über die weltweit verliehene Menge Gold keine auch nur halbwegs genauen Angaben im Unterschied etwa zu den Devisenreserven oder auch zum Goldbestand, obwohl diese Zahl grundsätzlich von entscheidender Bedeutung für den Goldmarkt ist." (39)

Auffällig ist nicht minder, dass bei den Goldbeständen der Zentralbanken keine ordentlichen Inventuren stattfinden. "Generell gibt es bezüglich der Goldlager der Zentralbanken und anderer staatlicher Stellen im Wesentlichen keine unabhängigen Überprüfungen, und es werden auch nur wenige Mengenangaben infolge interner Überprüfungen publiziert. Es gibt somit auch keine Angaben über den Tresorbestand, aus dem sich fundierte Rückschlüsse auf die genaue Menge des verliehenen Goldes ziehen ließen." (40)

Das mutet insofern etwas befremdlich an, da der Internationale Währungsfonds physisch vorhandenes Gold als das höchste Reserve-Asset von Zentralbanken einstuft, höher noch als seine eigenen Sonderziehungsrechte. Der IWF schreibt: "Der Goldbarren-Anteil des monetären Goldes ist der einzige Fall einer Finanzanlage ohne Ausfallrisiko." (41) Will heißen: Der Teil des monetären Goldes, der in Form von Goldbarren vorliegt, ist die einzige Finanzanlage ohne jedes Risiko, dass ein Vertragspartner seiner Verpflichtung nicht nachkommt.

Beim verliehenen Gold handelt es sich aber nicht mehr länger um ein Sachvermögen, über das man jederzeit und uneingeschränkt verfügt, sondern lediglich um eine Forderung; der Nimbus, der dem Gold vom IWF zugeschrieben wird, geht also verloren. Überdies vermag sich das Gold bilanztechnisch zu vermehren.

Wenn eine Zentralbank 100 Tonnen Gold an eine Privatbank verleiht und diese Privatbank verkauft die 100 Tonnen an eine andere Zentralbank weiter, geschieht in den Bilanzen der beiden Zentralbanken dieses: die Zentralbank, die das Gold verliehen hat, führt die 100 Tonnen nach wie vor als Aktivposten unter der Rubrik "Gold und Goldforderungen", während die Zentralbank, die das verliehene Gold von der Privatbank gekauft hat, ebenfalls 100 Tonnen in ihrer Bilanz stehen hat. "Aus 100 Tonnen wurden 200 Tonnen. In den Bilanzen beider Notenbanken stehen jetzt unter Aktiva je 100 Tonnen, das macht zusammen 200 Tonnen." (42)

Das Verschleiern der Verleihmengen entspricht nicht den Gepflogenheiten internationaler Bilanzierungsrichtlinien - darf aber als indirektes Eingeständnis der Notenbanker gewertet werden, "dass es eine - und sei es in Teilen stillschweigende - Übereinkunft der Zentralbanken gibt, die Mengen nicht zu nennen, damit nicht bekannt wird, wie viel Gold von den Zentralbanken weltweit verliehen wurde." (43)

Warum ist das ein Problem? Nun, der Goldpreis kann von Zentralbanken durch Goldverkäufe und Goldverleihgeschäfte beeinflusst werden. Und in der Tat brachten die westlichen Zentralbanken zwischen 1993 und 2001 einen stattlichen Betrag an Gold auf beiderlei Weise auf den Markt, um den Goldpreis und damit die Inflationserwartung niedrig zu halten. Hierzu griffen sie auf ihre eigenen Goldreserven zurück. Beim Verleihgeschäft wanderte das Gold von den Zentralbanken an die Bullionbanken - das sind jene Privatbanken, die mit Goldbarren Handel treiben. Das Gold tauchte also im Markt auf - was letztlich den gleichen Effekt hat wie ein direkter Verkauf: der Preis geht nach unten. Von dem fallenden Preis profitierten die Bullionbanken durch das Zinsdifferenzgeschäft des sogenannten Gold-Carry-Trades.


Graphik: "Funktionsweise des Gold-Carry-Trades"

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(Graphik: "Funktionsweise des Gold-Carry-Trades", aus Dimitri Speck: "Geheime Goldpolitik", München, 2013, Seite 61. Abdruck der Graphik erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Autors.)


Hierbei leiht man sich "Gold von einer Zentralbank und legt es besser verzinslich an, um die Differenz als Gewinn zu erzielen. Das Gold muss allerdings zuvor verkauft werden, um den Erlös beispielsweise in festverzinsliche Anleihen investieren zu können. (…) Die Bullionbank (…) leiht sich Gold zu sehr günstigen Zinsen, verkauft es im Markt und legt den Erlös höher rentierlich an. Da die Zinsdifferenz zwischen Goldleihezins und Anleihezins meist viel höher ist, ist es auch der daraus resultierende Gewinn.

Wie bei jedem Carry-Trade haben die Bullionbanken nun aber ein eigenes Interesse, dass der Goldpreis fällt. Denn sie sind das Gold schuldig, und je niedriger sie es im Markt zurückkaufen können, desto mehr verdienen sie. Wenn es steigt, verlieren sie hingegen. Der Gold-Carry-Trade ist somit eine besondere Geschäftsart, da es bei ihm nur ein Interesse an fallenden Preisen gibt." (44)


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