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Das Goldpreismanagement in Zeiten der Finanzrepression (Teil 2/3)

31.08.2017  |  Lars Schall
- Seite 6 -
Zum Ursprung des Gold-Carry-Trade befragte ich Bill Murphy, den GATA-Vorsitzenden.

Lars Schall: Eine Person, die Sie "mögen", ist der ehemalige US-Finanzminister Robert Rubin. In der Vergangenheit haben Sie geäußert, das ganze abgekartete Spiel sei von ihm entwickelt worden, als er zehn Jahre zuvor bei Goldman Sachs in London tätig war. Was war die grundlegende Neuerung, mit der Rubin aufwartete, und wie genau haben Sie davon erfahren?

Bill Murphy: Bevor er CEO von Goldman Sachs und dann US-Finanzminister wurde, arbeitete Robert Rubin in London für Goldman Sachs. Eine seiner Aufgaben war die Beaufsichtigung der Goldhandelsgeschäfte des Unternehmens. Das wissen wir, weil der CEO des GATA-Unterstützers Kirkland Lake Gold, Brian Hinchcliffe, damals in London für Goldman Sachs gearbeitet und direkt an Robert Rubin berichtet hat.

Das ist viele Jahre her, und die Zinsen in den USA waren sehr hoch, so zwischen 8 und 12%. Rubin ließ Goldman Sachs Gold von den Zentralbanken leihen, am physischen Markt verkaufen und die Erlöse zur Finanzierung der eigentlichen Geschäftsaktivitäten von Goldman Sachs einsetzen. Das konnte das Unternehmen zu einem Zinssatz von 1 % tun. Es war wie KOSTENLOSES Kapital, solange der Goldpreis nicht für eine beliebige Zeit auf ein nachhaltiges Niveau stieg. Bald erkannten andere große Finanzinstitute, was GS da trieb und machten es nach. Rubin führte diese Geschäfte als Goldman Sachs CEO fort und übertrug sie dann als US-Finanzminister auf eine neue Ebene. Die Goldpreismanipulation wurde Dreh- und Angelpunkt seiner gefeierten "Politik des starken Dollar."
(45)

Im August 2017 schickte ich eine Presseanfrage an das kanadische Bergbauunternehmen Rupert Resources Ltd., wo Brian Hinchcliffe inzwischen den Vorsitz innehat. In meinem Schreiben fragte ich Herrn Hinchcliffe, ob er die Aussagen von Bill Murphy bezüglich Goldman Sachs bestätigen könne. Außerdem zeigte ich Herrn Hinchcliffe ein Statement von William Hamilton, dem Gründer der US-Softwarefirma Inslaw. Hamiltons Unternehmen hatte eine Software namens PROMIS entwickelt, die von 1981 an durch die National Security Agency (NSA) eingesetzt wurde, um das westliche Bankensystem in Echtzeit zu überwachen. (46)

Im Zusammenhang mit diesem NSAProgramm, "Follow the Money" genannt, erzählte mir Hamilton, dass eine seiner Geheimdienstquellen ihm gegenüber einst gesagt habe, dass das Londoner Büro von Goldman Sachs zu den Privatfirmen gehörte, die die NSA-Banküberwachungsversion von PROMIS verwendet haben sollen. In meiner Anfrage wollte ich von Herrn Hinchcliffe erfahren, ob er irgendetwas dazu wisse.

Meine Fragen blieben unbeantwortet.


Verschiedene Phasen des Goldpreismanagements

Die Goldpositionen, die private Banken durch Leihgeschäfte aufgebaut hatten, wurden ab dem Jahre 2001 zunehmend zurückgeführt. Das Goldangebot, das dem Markt aus Zentralbankbeständen zur Verfügung gestellt worden war, um zunächst einen Goldpreisanstieg zu verhindern (1993-1996) und danach sogar einen fallenden Kurs zu bewirken (1996-2001), nahm real ab. Der Preis begann nun allmählich emporzuklettern, im Gegensatz zu den Jahren zuvor, als "nämlich viel Gold durch Verleihungen auf den Markt" gelangt war, während nunmehr "dem Markt durch die Rückabwicklung von Verleihgeschäften Gold entzogen" wurde.

"Die Zentralbanken hatten also erkannt, dass diese es regulär nicht mehr zurückliefern konnten." Um die Bullionbanken und sich selbst aus dem Dilemma hinauszumanövrieren, waren die Zentralbanken gezwungen, das Gold selber zu beschaffen: "Sie mussten aus ihren eigenen Beständen Gold verkaufen, damit die Bullionbanken den Zentralbanken das geliehene Gold zurückzahlen konnten." So geschah es auch: „sie erhöhten insgesamt die Verkäufe", die eigentlich nach dem Washington Agreement on Gold (WAG) hätten begrenzt werden sollen, "und führten die Verleihungen zurück. Damit machten sie vorherige Verleihungen zu vorgezogenen Verkäufen." (47)

Einher ging dies mit einer Verlagerung der Preismanagementpraxis: "Die Interventionen sind seitdem nicht mehr durch physisches Angebot durch die Goldleihe dominiert, sondern haben ihren Schwerpunkt an den Terminmärkten. Wegen des fehlenden zusätzlichen Zentralbankgold-Angebots steigt zudem der Goldpreis. Der Preis wird seitdem nicht mehr gehalten, lediglich der Anstieg gebremst." (48)

Datieren lässt sich diese Trendumkehr mit Mai 2001. (49) Seither besteht das "pragmatische Ziel" lediglich darin, "den Goldpreis nicht zu schnell steigen zu lassen. Man lässt den Anstieg zu, weil man nicht noch mehr Gold verlieren möchte. Der Preisanstieg bedeutet somit nicht, dass keine Interventionen mehr stattfinden. Es handelt sich vielmehr um ein Abbremsen, in Verbindung mit einem geordneten Rückzug." Bestimmte Preismarken, an denen man sich orientiert, werden nun weniger, sie sind temporärer Art: "so sollte der Goldpreis in der Finanzmarktkrise nicht über die psychologisch wichtige runde Zahl 1000 und in der Eurokrise 2011 nicht über 2000 steigen". (50)

Insgesamt änderte sich die Welt mit dem Platzen der Dotcom-Blase im Jahre 2000 und erst recht mit dem 11. September 2001. Die Staatsschulden haben seither überall auf der Welt zugenommen; in den USA allein gab es bis 2014 einen Schuldenzuwachs von über 12 Billionen US-Dollar. Die U.S. Federal Reserve führte zunehmend geldpolitische Stimuli ein, die Zinsen wurden hinuntergesetzt, die Aktienmärkte mussten gestützt werden, und Gold, Silber, Rohöl und andere Rohstoffe stiegen eine Dekade lang im Kurs.

Der Verdacht, dass es beim Goldpreis nicht immerzu mit rechten Dingen zugeht, besteht seit langem. Erstmals war es wohl der Investmentberater Frank Veneroso, der die systematischen Goldinterventionen gegenüber einem größeren Publikum thematisierte. Unter der fragenden Überschrift What’s holding gold down? schrieb der Gründer von Veneroso Associates am 5. Juni 1995 im Forbes Magazine: "Erneut traf der Goldpreis bei 400 Dollar je Unze auf Widerstand. Die Märkte sind erfüllt mit Gerüchten, dass die Zentralbanken den Preis gedeckelt haben." (51)

1998 trug Veneroso seine Forschungsergebnisse zum Goldmarkt zusammen, als Bill Murphy für ihn als Rohstoffmakler in New Hampshire arbeitete. Zu dieser Zeit arbeitete auch Marshall Auerback für Veneroso. Ein Kernbefund, den Veneroso 1998 in The Gold Book publik machte, bestand in der damals erstaunlichen Aussage, dass die Zentralbanken weit mehr Gold verliehen hatten, als sie öffentlich zugaben. Diese Information, so teilte mir Bill Murphy mit, stammte von der Bank of England. (52) Ebenfalls 1998 gründete Bill Murphy zusammen mit dem Journalisten Chris Powell das Gold Anti-Trust Action Commitee (GATA), um die Goldpreisintervention öffentlich zu machen.

Den Einfluss von Frank Veneroso verdeutlichte mir Marshall Auerback, als ich ihn in einem Interview danach befragte, ob die Wirtschaftswissenschaften und die Finanzpresse ein gutes Verständnis beim Gold besäßen.

Marshall Auerback: Ich denke, nur wenige Leute verstehen es tatsächlich gut. Ich bin durch eine Reihe von Leuten beeinflusst worden, die es gut verstanden, insbesondere durch jemanden wie Frank Veneroso, der in der Goldwelt sehr bekannt ist. Frank half mir wirklich, die Rohstoff-Dynamiken dahinter zu verstehen. Schauen Sie, die beteiligten Ökonomen und Finanzleute sind bisweilen etwas theologisch bei der Sache, sie betrachten es immer noch als eine Form von Geld und sie denken, wir werden zu einer Welt des Goldstandards zurückkehren.

Ihrer Ansicht entspricht es, dass es freies Geld ist, im Gegensatz zur furchtbar regierten Fiat-Währung. Ich hege diese theologischen Überzeugungen nicht. Ich glaube, dass es vom derzeitigen Investmentumfeld zu einer interessanten Investmentgelegenheit gemacht wird, aber ich erachte dies nicht als ein existentielles Problem von Leben und Tod, so wie das manche Leute tun.

Die Leute, die es einfach ignorieren, sind in anderer Weise ebenfalls voreingenommen. Sie neigen dazu, es als etwas wegzuwischen, das keinerlei Wert besitzt. Aber es ist ziemlich so wie eine Versicherungspolice. Man denkt, das sei reine Zeitverschwendung, bis man ein Erdbeben oder eine Flut erlebt, und auf einmal muss man diese Police einlösen; deswegen ist es weder das eine noch das andere.


Lars Schall: Ist der Goldmarkt ein wirklich freier Markt?

Marshall Auerback: Nein, es ist kein freier Markt, aber Gold selber als Anlagegut ist in dem Sinne frei, dass es von den Schuldverbindlichkeiten unbelastet ist, die mit Papiergeld verbunden sind. Aber nein, natürlich ist das kein freier Markt. GATA und Bill Murphy haben dazu die beste Arbeit geleistet, und ich denke, es ist ziemlich offensichtlich, dass er in hohem Maße vom offiziellen Sektor kontrolliert wird. Selbstverständlich sollten wir darüber nicht überrascht sein. Sie intervenieren derzeit in jedem anderen Markt - in den Währungsmärkten, Bondmärkten und Aktienmärkten.

Warum sollten wir also überrascht sein, wenn sie sich bei den freien Funktionsweisen des Goldmarkts einmischen, insbesondere dann, wenn sie selber einen so großen oberirdischen Bestand davon haben, der ihnen reichlich Möglichkeit dazu gibt, diesen Markt zu manipulieren. (53)

Den ersten Teil dieses Artikels können Sie hier und den dritten Teil hier lesen.


© Lars Schall



Quellenverweise siehe Original-PDF des Artikels zum Download.



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