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EZB redet Euro schwächer - US-Finanzminister den USD…

01.09.2017  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1193 (07.40 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1823 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 110.08. In der Folge notiert EUR-JPY bei 130.92. EUR-CHF oszilliert bei 1.1420.

Gestern kam es zur ersten indirekten verbalen Reaktion hinsichtlich der Neubewertung des Euros seitens der EZB. Via Reuter wurde kolportiert, dass die sportliche Aufwertung des Euros den Eliten der EZB immer größere Kopfschmerzen bereite.

Da die Aufwertung des Euros eine deflationäre Funktion auf den Wirtschaftsraum ausübt, sind derartige Sorgen berechtigt. In dem Zusammenhang wurde an den Märkten das Thema einer Verzögerung im Ausstiegsszenario der EZB aus den Anleiheankäufen aufgegriffen. Der Euro verlor in der Spitze gegenüber dem USD bis auf 1.1823.

Der Konter aus Washington folgte nur wenige Stunden später. US-Finanzminister Steven Mnuchin betonte bei dem Fernsehsender CNBC, dass es bezüglich des Handels besser sei, einen schwächeren USD zu haben. Umgehend verlor der USD gegenüber dem Euro bis zu Kursen bei 1.1925.

Homogenität zwischen EZB und US-Treasury in der Frage der Bewertung der beiden wichtigsten Transaktions- und Leitwährungen sieht definitiv anders aus. Damit fügt sich dieses Feld nahtlos in die Auseinandersetzungen zu Klima, Handel und Energie ein, die zuvor seitens der USA gegenüber Kontinentaleuropa eröffnet wurden.

Diese von den USA initiierten Auseinandersetzungen sind Ausdruck zunehmender struktureller Stresszustände struktureller Art in den USA, die in erkennbaren Ansätzen auch eine zyklische Funktion entwickeln. Sie sind aber auch Ausdruck einer politischen Entfremdung zwischen den USA und Kontinentaleuropa.

Bezüglich des Machtanspruchs der USA ist die aktuelle Erholung Kontinentaleuropas, die von struktureller Stärke geprägt ist, unter Umständen aus US-Sichtweise eine Herausforderung.

Ob die Taktik der USA, Felder der Konfrontation auf unterschiedlichsten Ebenen (und nicht nur gegenüber Kontinentaleuropa) aufzumachen, im Sinne der Interessen der USA Ziel führend ist, darf kontrovers diskutiert werden.

Aus Sicht Kontinentaleuropas muss diese US-Politik ein Katalysator für eine Emanzipation von den politischen Strukturen der Vergangenheit darstellen. Es gilt sich aus der seit Jahrzehnten gelebten außenpolitischen Pubertät zu befreien, um den eigenen ökonomischen und politischen Interessen der Bürger Kontinentaleuropas zu entsprechen. "Food for thought!"

Bewusst sprachen wir zuvor von Kontinentaleuropa und nicht der EU-28, die wir derzeit noch sind. Wir müssen den Brexit ernst nehmen. Das Verhalten, das London an den Tag legt, wirft mehr Fragen auf, als dass Antworten geliefert würden. Laut DIHK Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben sind die Ergebnisse der dritten Brexit-Verhandlungsrunde ernüchternd. Die Unsicherheit nehme in den deutschen Unternehmen zu. Es sei auch kein Trost, dass es die Briten härter treffe.

Dieser Sichtweise stimmen wir grundsätzlich zu. Herr Wansleben muss die negativ betroffenen Mitglieder seiner Veranstaltung berücksichtigen.

Wir erlauben uns aber darauf zu verweisen, dass bei dem Brexit erhebliche Produktionsstättenverlagerungen anstehen, die den Kapitalstock Kontinentaleuropas deutlich stärken, die die Lohnsummen erhöhen und die Sozialkontributionen in die Systeme unterstützen werden. Am Ende ergibt sich ein massiver positiver Nettonutzen für Kontinentaleuropa.

Der Finanzsektor spielt dabei auch eine Rolle. So lieferte gestern mein Ex-Arbeitgeber Helaba eine Schätzung, dass mindestens 8.000 gute bezahlte Banker aus London das Rhein-Main Gebiet wirtschaftlich unterstützen werden.


Der Datenpotpourri war gestern umfangreich:

Die deutsche Arbeitslosenquote verharrte in der saisonal bereinigten Fassung per August bei 5,7%. Im Monatsvergleich sank die Zahl der Arbeitslosen um 5.000 auf 2,532 Millionen Betroffene. Das passt in das positive Bild der Eurozone.

In Italien legten die Verbraucherpreise etwas sportlicher zu. Per August stellte sich der Anstieg im Jahresvergleich auf 1,4% nach zuvor 1,2%

Die Erstschätzung für die Verbraucherpreisentwicklung der Eurozone lieferte per August mit einer Zunahme um 1,5% eine Überraschung. Die Prognose lag bei 1,4%. Die Kernrate verharrte bei 1,3% (Prognose 1,2%). Damit sind wir in Nähe der Zielzone der EZB (2%). Deflationsrisiken sind nicht auszumachen. Mehr noch bewegt sich die Kernrate, das ist einzige Rate, die die EZB wirklich beeinflussen kann, mit 1,3% auf dem höchsten Niveau seit August 2013.


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