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Torgny Persson & Ronan Manly: Physischer Markt vs. Papiermarkt: Die wichtigsten Fragen zum Goldpreis

29.12.2017  |  Ronan Manly
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Welcher Markt bestimmt nun den internationalen Goldpreis, der physische Markt oder der Papiermarkt?

Der internationale Goldpreis wird allein an den Papiermärkten gebildet. Aufgrund ihrer Marktstruktur sind sowohl der Londoner OTC-Markt als auch die COMEX in diese Kategorie zu zählen. Angebot und Nachfrage nach physischem Gold spielen bei der Bestimmung des Goldpreises an diesen Märkten keine Rolle, während bei physischen Goldtransaktionen an allen anderen Märkten schlicht der Goldpreis übernommen wird, der an diesen Papiermärkten gebildet wurde.

In London wird in erster Linie "synthetisches" Gold in Sammelverwahrung (das sogenannte "unallocated" Gold) gehandelt. Diese Trades werden mittels Barausgleich abgewickelt und es wird kein physisches Gold geliefert. Die Transaktionen weisen kaum eine Verbindung zu den realen Goldbeständen auf, daher können entsprechende Positionen zu den Derivaten gerechnet werden.

Positionen in "unallocated" Gold sind per Definition lediglich Forderungen an die Bullionbanken, d. h. der Inhaber dieser Positionen ist ein nicht abgesicherter Kreditgeber der Bank. Auf Seiten der Bank besteht im Gegenzug eine Verbindlichkeit über eine bestimmte Goldmenge. Der Besitzer der Goldforderung geht also ein gewisses Kreditrisiko ein. In erster Linie ist der Londoner OTC-Markt daher ein Handelsplatz für Goldkredite.

Die teilnehmenden Bullionbanken des Londoner Marktes nutzen darüber hinaus ein auf Minimalreserven basierendes Handelssystem, um künstlich große Mengen an Papiergold zu schaffen. Diese Goldkontrakte sind nur zu einem geringen Teil durch physisches Gold gedeckt und der Handel erfolgt oft mit Hilfe von Fremdfinanzierung. Das "Gold" ist im Grunde genommen vollkommen künstlich.

Da an der COMEX nur börsengehandelte Goldterminkontrakte gekauft und verkauft werden können, handelt es sich per Definition um einen Derivatemarkt. Barausgleich ist Norm. Im Schnitt wird an der COMEX nur einer von 2.500 Goldkontrakten ausgeliefert, d. h. die entsprechenden Zertifikate über die jeweilige Goldmenge werden zugestellt. Alle anderen Transaktionen - 99,96% aller gehandelten Goldfutures - werden in bar beglichen.

An beiden Märkten wechseln also im Grunde genommen Goldderivate den Besitzer: Futures an der New Yorker Terminbörse und nicht existentes Gold in Sammelverwahrung am Londoner Markt. Beide Finanzprodukte sind Papiergoldinstrumente, d. h. der internationale Goldpreis wird an diesen Papiergoldmärkten gebildet.

Alle anderen Goldhandelsplätze übernehmen im Wesentlichen die Preise aus London und New York. Das gilt auch für die physischen Goldmärkte weltweit, für deren inländische Preisbildungsmechanismen der internationale Goldpreis als Grundlage dient.


Wie verwenden die lokalen Goldhandelsplätze weltweit den internationalen Goldpreis?

Rund um den Globus orientieren sich die Märkte am internationalen Goldpreis und quotieren den Preis in ihrer eigenen Währung typischerweise im Vergleich zum internationalen Preis in US-Dollar.

Am physischen Goldmarkt leitet sich der Produktpreis von Münzen und Barren aus dem Spotpreis und einem Aufgeld ab. Das Aufgeld ist der Teil der Preises, der den reinen Materialwert des enthaltenen Goldes übersteigt. Der physische Markt ist jedoch ein Preisnehmer, d. h. der Spotpreis an diesem Markt basiert ebenfalls auf dem internationalen Goldpreis. Zum Beispiel spiegelt der auf unserer Webseite quotierte Preis der 1-oz-Anlagemünze "Maple Leaf" der Royal Canadian Mint in US-Dollar den internationalen Spotpreis zuzüglich eines Aufgeldes wider.

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Die Aufgelder auf Goldmünzen und Barren hängen ihrerseits von einer Reihe verschiedener Faktoren ab. Zum Teil beruhen sie auf den Kosten der Scheideanstalten und Prägestätten für die Herstellung, Vermarktung und Versicherung der Goldprodukte. Wenn sie über einen Großhandel ausgeliefert werden, führt das ebenfalls zu einem Preisaufschlag. Ein anderer Teil des Aufgeldes ist jedoch gewissen Schwankungen unterworfen und reflektiert die Ungleichgewichte, die am physischen Markt durch Änderungen in Angebot und Nachfrage entstehen. Wenn die Nachfrage nach einer Goldmünze oder einem Barren sehr hoch ist, steigen die Prämien. Ist dagegen ein überreichliches Angebot verfügbar, sind die Prämien tendenziell niedriger.

Im Allgemeinen sind die Aufgelder bei Goldmünzen höher als bei Goldbarren und bei kleinen Münzen höher als bei großen.


Welchen Beitrag leistet die Shanghai Gold Exchange zur Preisbildung am Goldmarkt und welche Auswirkungen haben die großen physischen Handelsmengen in China auf den internationalen Goldpreis?

Die Shanghai Gold Exchange (SGE) ist der größte physische Goldhandelsplatz der Welt und fast alle physischen Barren in China wechseln über die SGE den Besitzer. Die Goldhandelsvolumen und die Lieferstatistiken der SGE sind beeindruckend. Im Jahr 2016 wurden hier insgesamt 24.338 Tonnen Gold gehandelt, 43% mehr als im Vorjahr (17.033 Tonnen).

Darin enthalten sind physische Kontrakte, Terminkontrakte, außerbörsliche Transaktionen sowie das Handelsvolumen der Shanghai International Gold Exchange (SGEI). 2016 beliefen sich die physischen Goldauslieferungen auf insgesamt 1.970 Tonnen und fielen damit 24% geringer aus als 2015 (2.596 Tonnen). In absoluten Zahlen handelte es sich aber auch 2016 um eine sehr große Menge - immerhin wird dieses Gold auch wirklich in physischer Form aus den Lagerhäusern der Börse zum jeweiligen Käufer transportiert.


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