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Torgny Persson & Ronan Manly: Physischer Markt vs. Papiermarkt: Die wichtigsten Fragen zum Goldpreis

29.12.2017  |  Ronan Manly
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Die internationale Goldbörse SGEI, die im September 2014 in Shanghai eröffnet wurde, meldete bis Ende 2016 ein kumulatives Handelsvolumen von knapp 9.000 Tonnen. Zudem wurde am 19. April 2016 ein eigener Referenzpreis für Gold eingeführt, der Shanghai Gold Benchmark Price (auch bekannt als Shanghai Gold Fix). Dabei werden in einem Auktionsverfahren 1-Kilo-Barren mit einer Reinheit von 99,99% versteigert und in Renminbi quotiert. In den acht Monaten von der Einführung des chinesischen Goldpreisfixings bis Ende 2016 wurden auf diese Weise 569 Tonnen, d. h. mehr als 1,5 Tonnen täglich gehandelt.

Alles in allem weist die SGE ein beeindruckendes Handelsvolumen (24.338 Tonnen 2016) und physische Goldauslieferungen (1.970 Tonnen 2016) in erstaunlicher Menge auf. Um diese Zahlen besser einordnen zu können, empfiehlt es sich, sie direkt mit dem aufgeblähten Londoner OTC-Markt zu vergleichen, wo das typische tägliche Handelsvolumen etwa 6.500 Tonnen Gold entspricht. Eine solche Gegenüberstellung macht deutlich, dass die physischen Goldreserven am Londoner Markt nur einen Bruchteil des Handelsvolumens decken, und dass Transaktionen mit physischer Lieferung des Goldes eine seltene Ausnahme sein dürften.

Doch hat der Handel an der SGE einen Einfluss auf den internationalen Goldpreis und dessen Bildung an der COMEX und am Londoner OTC-Markt, oder ist auch die SGE nur ein Preisnehmer?

Die kurze Antwort ist, dass auch die SGE ein Preisnehmer ist und die Preisbildung nicht beeinflusst. Möglicherweise ließen sich einige verspätete Preiswirkungen nachweisen, aber das bedürfte einer ausführlicheren Analyse. Der chinesische Goldmarkt ist noch immer ein geschlossener Markt, der von Spannungen und Verzerrungen geprägt ist. Gold kann nach China importiert, aber im Allgemeinen nicht aus dem Land ausgeführt werden. Auch die Importe werden streng kontrolliert und entsprechende Lizenzen werden nur an eine Handvoll chinesischer und ausländischer Banken vergeben.

Es lohnt sich jedoch, einen Blick auf die Aufgelder der SGE zu werfen, um zu prüfen, ob diese eventuell anschließende Schwankungen des internationalen Goldpreises signalisieren. Die Prämien entstehen, wenn der Shanghaier Goldpreis über dem internationalen Goldpreis liegt, und sie können Aufschluss darüber geben, ob der Handel an der SGE den internationalen Preis beeinflusst. Im November und Dezember 2016 kam es beispielsweise zu einer starken Erhöhung, als die Prämie von weniger als 0,5% auf mehr als 3% stieg, während die Goldimporte Chinas deutlich zunahmen. Gleichzeitig sank jedoch der internationale Goldpreis, d. h. der höhere Kurs in China hatte keine Auswirkungen auf den internationalen Marktpreis.

Das war natürlich ein besonders augenscheinliches Beispiel, aber eine Studie des Beratungsunternehmens Metals Focus kam ebenfalls zu dem Schluss, dass zwischen den Änderungen des Londoner Referenzpreises und den Preisaufschlägen in Shanghai kein signifikanter Zusammenhang besteht. Zum Teil war die Korrelation sogar negativ, d. h. unterm Strich hat der Goldhandel an der chinesischen Börse keinen Einfluss auf den internationalen Preis. Die Analysten haben darüber hinaus auch verzögerte Korrelationen unter die Lupe genommen, um zu sehen, ob es beispielsweise zu entsprechenden Änderungen des LBMA-Goldpreises kommt, wenn China über mehrere Tage hinweg überdurchschnittlich viel Gold importiert.

Die Autoren der Studie behaupten, dass sich hier ein "schwacher, aber positiver und statistisch signifikanter Einfluss der Prämien an der SGE auf die künftigen Preisbewegungen an der LBMA" feststellen ließ. Man sollte allerdings bedenken, dass Korrelation nicht gleich Ursache bedeutet. Funktionierende Finanzmärkte sollten die Preisinformationen anderer Märkte sofort widerspiegeln, und nicht erst tagelang darüber nachdenken müssen. Abgesehen davon gibt es ganz einfach zu viele Variablen, die den Zusammenhang ebenfalls erklären könnten.

Im Gegensatz zum OTC-Markt in London und der Terminbörse in New York ist die Shanghai Gold Exchange jedoch auf den physischen Goldhandel ausgerichtet. Die Einrichtung einer solchen Goldbörse wurde erstmals im 5-Jahres-Plan von 2001 als wesentlicher Schritt zur Liberalisierung des chinesischen Goldmarktes erwähnt. Nach der Eröffnung im Jahr 2002 begann die SGE schnell, für physischen Goldbesitz zu werben und 2004 wurde der Handel und der Kauf von Gold an der Börse auch für private Bürger geöffnet. An der SGE ist die physische Auslieferung der Normalfall, nicht die Ausnahme. Zu diesem Zweck betreibt die Börse ein Netzwerk von 61 Lagerhäusern in 35 Städten im ganzen Land.

Das macht die Shanghaier Goldbörse zum natürlich Spitzenkandidaten für eine Führungsrolle in der Preisfindung am physischen Goldmarkt, falls sich die Kurse am physischen Markt und an den Papiermärkten eines Tages auseinander entwickeln sollten und der internationale Kurs wieder auf Grundlage von physischem Angebot und physischer Nachfrage ermitteln werden sollte.

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Welche Bedeutung hat der Goldpreis der LBMA?

Der LBMA-Goldpreis wird zweimal täglich in einem Auktionsverfahren für Gold in Sammelverwahrung ermittelt. Das Endergebnis dieser Auktion ist ein Referenzpreis. Die Auktion wird in US-Dollar durchgeführt, doch der jeweilige Preis wird darüber hinaus noch in elf weiteren Währungen veröffentlicht. Das Auktionsverfahren ist der Nachfolgemechanismus des sogenannten Londoner Goldfixings und bei dem Referenzpreis handelt es sich mittlerweile um eine nach britischem Recht "regulierte Benchmark", die von der ICE Benchmark Association (IBA) verwaltet wird. In seinen Grundzügen gleicht das neue Verfahren jedoch stark dem früheren Goldpreisfixing.

Die Anfangspreise der Auktion beruhen auf den Kursen der COMEX und des Londoner OTC-Marktes, sowie auf den aktuellen Handelspreisen zu Beginn des Verfahrens um 10.30 Uhr und um 15.00 Uhr.

Strukturell betrachtet ermöglicht die Goldpreisauktion nur sehr wenigen Marktakteuren die direkte Teilnahme. Nur eine Handvoll Bullionbanken verfügen über die entsprechende Genehmigung der LBMA. Es handelt sich dabei um die gleichen Banken, die auch als Marktmacher und größte Trader im außerbörslichen Handel in London und an der COMEX auftreten. Der Goldpreisauktion der LBMA fehlt eine breitere Partizipation der verschiedenen Marktteilnehmer.

Daher kann sie nicht als repräsentativ für den allgemeinen Goldmarkt gelten. Zudem weigern sich die LBMA und die IBA, die Identität der Auktionsvorsitzenden bekanntzugeben, was die Schlussfolgerung nahelegt, dass die aktuellen Teilnehmer mit dem skandalumwitterten früheren Preisfixing in Verbindung stehen. Auch wird nicht erklärt, wie der oder die Vorsitzende den Anfangspreis bestimmt.


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