Der Dollar und das Gold: Kritische Anmerkungen über den Tag hinaus
03.12.2017 | Manfred Gburek
Gold und Silber stehen derzeit zwar nicht gerade im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Doch weil die in diesen Tagen von den Medien befragten "Experten" außer zu Dax und Dollar, Zinsen und Konjunktur auch zur Entwicklung der beiden Edelmetalle im nächsten Jahr Stellung beziehen sollen, machen sie das Spiel mit. Heraus kommen dabei besonders zwei Prognosen, die - meistens unter Außerachtlassung von Silber - üblicherweise so lauten: Gold bleibe als Krisenmetall wenig gefragt, solange wir in der - scheinbar - besten aller Konjunkturwelten leben. Und wenn die amerikanische Notenbank Fed in nächster Zeit den Leitzins erhöhe, werde Gold als zinslose Geldanlage vernachlässigt.
Dass Gold ohne Einschränkung einfach zum Krisenmetall abgestempelt wird, ist Unsinn, weil man dazu erst klären müsste, um was für eine Krise es geht. Die besten Gold-Zeiten - zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, 30er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts - hatten jeweils einen anderen Hintergrund: Im 19. Jahrhundert führten maßgebende Länder den Goldstandard ein, das heißt, Gold wurde zur international akzeptierten Währung.
Nach dem Börsenkrach von 1929 gab es mehrere Versuche, um die Konjunktur zu beleben; sie erwiesen sich als zwecklos, sodass 1933/34 als ultima ratio die Dollarabwertung her musste, das Verbot von privatem Goldbesitz in den USA inbegriffen. Die Abwertung wiederholte sich unter anderen Vorzeichen - Vietnamkrieg und hohe Verschuldung der USA - beginnend schon 1961 mit der ersten Aufwertung der D-Mark (entsprechend Dollarabwertung). Im August 1971 beschloss der damalige US-Präsident Richard Nixon, Gold aus Amerika nicht mehr an andere Länder rauszurücken.
Lässt man die Goldgeschichte seit Beginn des 20. Jahrhunderts Revue passieren, wird deutlich, dass die beiden entscheidenden Goldaufwertungen jeweils mit einer Dollarabwertung einhergingen. Das war natürlich kein Zufall, sondern die zwangsläufige Folge der amerikanischen Geldpolitik. Auf dem Weg zum Hegemon lebten die Amerikaner immer mehr über ihre Verhältnisse, indem sie riesige Schuldenberge aufhäuften. Diese Ära ist noch nicht zu Ende. Wenn jetzt also über die Medien auffallend oft verbreitet wird, die US-Notenbank Fed werde in nächster Zeit den Leitzins erhöhen, ist Misstrauen angebracht.
Das auch noch aus einem Grund, der mit dem Verhältnis von Euro und Dollar zu tun hat: Im Mainstream wird argumentiert, die nächsten Zinserhöhungen der Fed seien wegen der robusten amerikanischen Konjunktur so gut wie sicher, was den Dollar stärke und Gold angeblich uninteressant mache. Aber wenn man den Dollar im Vergleich zum Euro verfolgt, wird gleich auf den ersten Blick erkennbar, dass der Dollar seit Monaten doch nicht so stark und der Euro nicht so schwach ist.
Im Mainstream heißt es auch immer wieder, jede Leitzinserhöhung, vor allem in Amerika, wirke sich negativ auf den Goldpreis aus. Dieses Argument hat viele Haken und Ösen, die sich aus dem Verhältnis von kurz- und langfristigen Zinsen, aus Inflationsraten, -erwartungen und -zielen ergeben. Deshalb hier nur ein zentrales Gegenargument: Mit einer Leitzinserhöhung steigen die Anleihenrenditen und fallen die Anleihenkurse. Dabei entsteht aus Anlegersicht unterm Strich ein Verlust, denn Anleger besitzen ja nicht den höher gewordenen Leitzins, sondern die durch fallende Kurse betroffenen Anleihen. So ein Verlust kann - je länger die Anleihelaufzeit, desto mehr - viel schwerer wiegen als der Nullzins auf Gold.
In diesem Zusammenhang spielen Erwartungen eine besonders große Rolle. Sie werden genährt durch die sogenannte guidance der Inflationsrate, also das Inflationsziel von 2 Prozent, ferner durch Konjunktur- und Börsenprognosen, durch Aussagen von Zentralbankern und den ganzen medialen Rummel vor jeder Zinsentscheidung. Dann spielt Gold normalerweise nur eine Nebenrolle.
Falls sein Preis es wagt, mehrere Tage lang zu steigen und so die Aufmerksamkeit der Börsianer auf sich zu lenken, wird er von interessierter Seite trickreich - meistens über Derivate - zurückgepfiffen. Warum? Weil er aus offizieller Sicht auf keinen Fall zur guidance werden darf. Diese Erkenntnis haben wir dem früheren Fed-Chef Alan Greenspan zu verdanken, der dem Gold in dessen Rolle als Anti-Dollar besonders viel Bedeutung beimaß.
Man sollte sich zweierlei vor Augen halten: Dass der Dollar sozusagen auf Knopfdruck beliebig vermehrbar ist und dass er entsprechend der beschriebenen historischen Entwicklung auf Dauer immer dem Gold unterlegen bleiben wird. Nur bedeutet auf Dauer: Dass so mancher Anleger den nächsten fulminanten Goldpreisanstieg und -gipfel aus Altersgründen nicht mehr erleben wird. Dieses Argument nutzen die Goldgegner zusätzlich aus, um Anleger von dem Edelmetall abzulenken.
Solche Gedanken haben nichts mit den üblichen Verschwörungstheorien zu tun. Vielmehr entspringen sie der Währungs- und Kapitalmarkt-Logik: Die vom Volumen her bedeutendste Währung der Welt darf im Interesse der Amerikaner nicht zum Spielball der Spekulation werden. Falls sie es doch wird - wie in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts und im Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende -, gilt es, zumindest größere Ausschläge zu verhindern.
Solche sind aktuell zwar noch nicht zu erkennen, aber auszuschließen sind sie nicht. Man beachte dazu nur das Spektakel rund um die amerikanische Regierung unter Führung von Donald Trump, der ständig irgendwelche Minister mit flauen Begründungen schasst und sich auch in die inneren Angelegenheiten der Fed einmischt, indem er deren Chefin Janet Yellen nach nur einer Amtsperiode den Laufpass gibt.
Yellens Nachfolger soll der bereits seit fünf Jahren für die Fed tätige Jerome Powell werden. Auf ihn kommt vom nächsten Jahr an die unlösbare Aufgabe zu: Die Fed-Bilanzsumme, die vor der Finanzkrise 800 Milliarden Dollar betrug, von ihrem aktuellen Stand in Höhe von zirka 4,5 Billionen Dollar um 2 Billionen Dollar herunterzufahren.
Ob das gelingen wird, hängt im Wesentlichen von der kommenden Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen ab. Die werden für potenzielle Investoren nur dann interessant sein, wenn sie möglichst hohe Renditen abwerfen - und wenn der Dollar im Vergleich zu anderen Währungen nicht an Wert verliert. Hohe Renditen, das bedeutet: Der amerikanische Leitzins darf nicht wieder in die Null-Gegend fallen, sonst bleibt die Staatsanleihen-Nachfrage aus. Doch wie entscheidet die Fed, falls die Konjunktur kippt?
Im Zweifel wird sie dann die Fünf gerade sein lassen und sich doch für Zinssenkungen entscheiden. Die Folge: Amerikanische Staatsanleihen werden weniger nachgefragt, woraufhin der Dollar schwach wird. Dann kann der Goldpreis und mit ihm der Silberpreis steigen, Preisziel weit über dem aktuellen Stand.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Neu bei gburek.eu: Vorsicht, Prognosen!
Dass Gold ohne Einschränkung einfach zum Krisenmetall abgestempelt wird, ist Unsinn, weil man dazu erst klären müsste, um was für eine Krise es geht. Die besten Gold-Zeiten - zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, 30er und 70er Jahre des 20. Jahrhunderts - hatten jeweils einen anderen Hintergrund: Im 19. Jahrhundert führten maßgebende Länder den Goldstandard ein, das heißt, Gold wurde zur international akzeptierten Währung.
Nach dem Börsenkrach von 1929 gab es mehrere Versuche, um die Konjunktur zu beleben; sie erwiesen sich als zwecklos, sodass 1933/34 als ultima ratio die Dollarabwertung her musste, das Verbot von privatem Goldbesitz in den USA inbegriffen. Die Abwertung wiederholte sich unter anderen Vorzeichen - Vietnamkrieg und hohe Verschuldung der USA - beginnend schon 1961 mit der ersten Aufwertung der D-Mark (entsprechend Dollarabwertung). Im August 1971 beschloss der damalige US-Präsident Richard Nixon, Gold aus Amerika nicht mehr an andere Länder rauszurücken.
Lässt man die Goldgeschichte seit Beginn des 20. Jahrhunderts Revue passieren, wird deutlich, dass die beiden entscheidenden Goldaufwertungen jeweils mit einer Dollarabwertung einhergingen. Das war natürlich kein Zufall, sondern die zwangsläufige Folge der amerikanischen Geldpolitik. Auf dem Weg zum Hegemon lebten die Amerikaner immer mehr über ihre Verhältnisse, indem sie riesige Schuldenberge aufhäuften. Diese Ära ist noch nicht zu Ende. Wenn jetzt also über die Medien auffallend oft verbreitet wird, die US-Notenbank Fed werde in nächster Zeit den Leitzins erhöhen, ist Misstrauen angebracht.
Das auch noch aus einem Grund, der mit dem Verhältnis von Euro und Dollar zu tun hat: Im Mainstream wird argumentiert, die nächsten Zinserhöhungen der Fed seien wegen der robusten amerikanischen Konjunktur so gut wie sicher, was den Dollar stärke und Gold angeblich uninteressant mache. Aber wenn man den Dollar im Vergleich zum Euro verfolgt, wird gleich auf den ersten Blick erkennbar, dass der Dollar seit Monaten doch nicht so stark und der Euro nicht so schwach ist.
Im Mainstream heißt es auch immer wieder, jede Leitzinserhöhung, vor allem in Amerika, wirke sich negativ auf den Goldpreis aus. Dieses Argument hat viele Haken und Ösen, die sich aus dem Verhältnis von kurz- und langfristigen Zinsen, aus Inflationsraten, -erwartungen und -zielen ergeben. Deshalb hier nur ein zentrales Gegenargument: Mit einer Leitzinserhöhung steigen die Anleihenrenditen und fallen die Anleihenkurse. Dabei entsteht aus Anlegersicht unterm Strich ein Verlust, denn Anleger besitzen ja nicht den höher gewordenen Leitzins, sondern die durch fallende Kurse betroffenen Anleihen. So ein Verlust kann - je länger die Anleihelaufzeit, desto mehr - viel schwerer wiegen als der Nullzins auf Gold.
In diesem Zusammenhang spielen Erwartungen eine besonders große Rolle. Sie werden genährt durch die sogenannte guidance der Inflationsrate, also das Inflationsziel von 2 Prozent, ferner durch Konjunktur- und Börsenprognosen, durch Aussagen von Zentralbankern und den ganzen medialen Rummel vor jeder Zinsentscheidung. Dann spielt Gold normalerweise nur eine Nebenrolle.
Falls sein Preis es wagt, mehrere Tage lang zu steigen und so die Aufmerksamkeit der Börsianer auf sich zu lenken, wird er von interessierter Seite trickreich - meistens über Derivate - zurückgepfiffen. Warum? Weil er aus offizieller Sicht auf keinen Fall zur guidance werden darf. Diese Erkenntnis haben wir dem früheren Fed-Chef Alan Greenspan zu verdanken, der dem Gold in dessen Rolle als Anti-Dollar besonders viel Bedeutung beimaß.
Man sollte sich zweierlei vor Augen halten: Dass der Dollar sozusagen auf Knopfdruck beliebig vermehrbar ist und dass er entsprechend der beschriebenen historischen Entwicklung auf Dauer immer dem Gold unterlegen bleiben wird. Nur bedeutet auf Dauer: Dass so mancher Anleger den nächsten fulminanten Goldpreisanstieg und -gipfel aus Altersgründen nicht mehr erleben wird. Dieses Argument nutzen die Goldgegner zusätzlich aus, um Anleger von dem Edelmetall abzulenken.
Solche Gedanken haben nichts mit den üblichen Verschwörungstheorien zu tun. Vielmehr entspringen sie der Währungs- und Kapitalmarkt-Logik: Die vom Volumen her bedeutendste Währung der Welt darf im Interesse der Amerikaner nicht zum Spielball der Spekulation werden. Falls sie es doch wird - wie in den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts und im Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende -, gilt es, zumindest größere Ausschläge zu verhindern.
Solche sind aktuell zwar noch nicht zu erkennen, aber auszuschließen sind sie nicht. Man beachte dazu nur das Spektakel rund um die amerikanische Regierung unter Führung von Donald Trump, der ständig irgendwelche Minister mit flauen Begründungen schasst und sich auch in die inneren Angelegenheiten der Fed einmischt, indem er deren Chefin Janet Yellen nach nur einer Amtsperiode den Laufpass gibt.
Yellens Nachfolger soll der bereits seit fünf Jahren für die Fed tätige Jerome Powell werden. Auf ihn kommt vom nächsten Jahr an die unlösbare Aufgabe zu: Die Fed-Bilanzsumme, die vor der Finanzkrise 800 Milliarden Dollar betrug, von ihrem aktuellen Stand in Höhe von zirka 4,5 Billionen Dollar um 2 Billionen Dollar herunterzufahren.
Ob das gelingen wird, hängt im Wesentlichen von der kommenden Nachfrage nach amerikanischen Staatsanleihen ab. Die werden für potenzielle Investoren nur dann interessant sein, wenn sie möglichst hohe Renditen abwerfen - und wenn der Dollar im Vergleich zu anderen Währungen nicht an Wert verliert. Hohe Renditen, das bedeutet: Der amerikanische Leitzins darf nicht wieder in die Null-Gegend fallen, sonst bleibt die Staatsanleihen-Nachfrage aus. Doch wie entscheidet die Fed, falls die Konjunktur kippt?
Im Zweifel wird sie dann die Fünf gerade sein lassen und sich doch für Zinssenkungen entscheiden. Die Folge: Amerikanische Staatsanleihen werden weniger nachgefragt, woraufhin der Dollar schwach wird. Dann kann der Goldpreis und mit ihm der Silberpreis steigen, Preisziel weit über dem aktuellen Stand.
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
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