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Ertrunken im Geldfluss

15.02.2018  |  Adam Taggart
Warum 99% von uns auf der Strecke bleiben

"Es ist ein großer Club und Sie gehören nicht dazu." - George Carlin

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Wenn Sie das Gefühl haben, dass die Gesellschaft unfair ist, dass es für die Reichen andere Regeln gibt, dann liegen Sie richtig. Während meiner Zeit an der Wall Street und im Silicon Valley gab es mehr als genug Gelegenheiten, bei denen ich das beobachten und durch eigene Erfahrungen bestätigen konnte. Unsere hochfinanzialisierte Wirtschaft ist, einfach gesagt, so ausgerichtet, dass sie diejenigen an ihrer Spitze auf Kosten aller anderen bereichert.


Der Geldfluss

Ein kürzliches Erlebnis machte mir das wieder einmal unmissverständlich klar. Ende der 1990er Jahre habe ich meinen MBA in Stanford gemacht und und bin seitdem in mehreren Alumni-Diskussionsgruppen geblieben. Eine frühere Klassenkameradin, die mittlerweile ihr eigenes Vermögensverwaltungsunternehmen hat, äußerte in einer dieser Gruppen ihre Gedanken dazu, wie die heutigen Studenten nach ihrem Abschluss den besten Zugang zum "Geldfluss" finden können.

Doch was genau ist dieser "Geldfluss"? Gute Frage.

Der Geldfluss ist die riesige Welle an Investmentkapital, die die Zentralbanken im Laufe des letzten Jahrzehnts durch das Drucken beispielloser Geldmengen geschaffen haben, und die nun über die globalen Märkte schwappt. Seit 2008 haben die Notenbanken ihre kollektive Bilanzsumme mehr als verdreifacht:

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Die mehr als 13 Billionen $ an neu aus dem Nichts erschaffenem Geld sind eine wirklich gigantische Summe. Das ist so viel, dass das menschliche Gehirn diesen Wert gar nicht richtig erfassen kann. (Falls Sie es noch nicht kennen, schauen Sie unser kurzes Video "How Much Is A Trillion" an, um sich die Dimensionen klarzumachen.) All dieses Geld muss natürlich irgendwo hin und es sammelt sich in den Taschen derer, die den leichtesten Zugang dazu haben und derer, die die Fließrichtung steuern können. MBA-Absolventen, die in der Finanzbranche arbeiten, erhalten den Zugang zum Geldfluss oft nach folgendem Schema:
  • Schritt 1: Lassen Sie sich von einem Fonds einstellen, der auf der Käuferseite tätig ist, d. h. von einem Vermögensverwalter, Hedgefonds etc.

  • Schritt 2: Gewinnen Sie Freunde bei anderen Fonds, indem Sie einen Teil Ihres Portfolios in deren Produkte investieren.

  • Schritt 3: Kündigen Sie und gründen Sie Ihren eigenen Fonds, in den nun all Ihre neuen Kumpels einen Teil Ihrer Firmenportfolios investieren werden.

  • Schritt 4: Streichen Sie ein dickes Jahresgehalt in Höhe von 2% des verwalteten Vermögens ein (unabhängig von der Performance Ihres Fonds), zuzüglich 20% aller Gewinne.

Dieses Konzept wollen wir nun mit ein wenig Mathematik und einem realen Zahlenbeispiel untermauern. Ein weiterer Klassenkamerad von mir hat diese Instruktionen befolgt und nach seinem Abschluss fast zehn Jahre lang als Fondsmanager für eine angesehene Private-Equity-Gesellschaft gearbeitet. Dann verließ er das Unternehmen, um seinen eigenen Fonds zu gründen. Da er während seiner Zeit als Fondsmanager in Dutzende andere Unternehmen und Finanzgesellschaften investiert hatte, kannte er jede Menge Brancheninsider, die wussten, dass sie sich revanchieren müssen, sobald er seinen eigenen Fonds startet.

So funktioniert das Spiel nun einmal. Du hilfst mir aus, wenn ich Unterstützung brauche, und ich tue dasselbe für dich.

Nur wenige Wochen nach der Gründung seines Fonds hatte mein ehemaliger Kommilitone 100 Mio. $ zu verwalten. Bei seiner Managementgebühr von 2% verschaffte ihm das ein Jahresgehalt von 2 Mio. $, unabhängig von der Performance des Fonds. Und dank der standardmäßigen Gewinnbeteiligung von 20% hatte er zudem die Chance auf eine substantielle Erhöhung seines Gehalts.

Seit der Gründung dieses Fonds vor fast zehn Jahren haben die Aktienmärkte eine historische Hausse erlebt, während der es kaum zu Korrekturen kam. Grund dafür sind in erster Linie die Billionen Dollar an neuem Geld, das die Notenbanken bereitgestellt haben. Es ist daher kaum überraschend, dass sich das verwaltete Vermögen meines Klassenkameraden mittlerweile auf mehr als 1,1 Milliarden $ beläuft. Damit beträgt das Managementhonorar nun 20 Mio. $ im Jahr. Zuzüglich einem Anteil von 20% an den hunderten Millionen Dollar Gewinn, die seit der Gründung des Fonds verbucht wurden (und das ist eine konservative Schätzung). Kein schlechter Job, wenn man ihn kriegen kann.



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