Drei Männer, ein Ziel: Deutschland muss zahlen
18.03.2018 | Manfred Gburek
Die vergangene Woche hatte es in sich. Während die neue Bundesregierung erst mal mit sich selbst beschäftigt war, zogen Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Jean-Claude Juncker, Präsident der Europäischen Kommission, im Hintergrund bereits die Strippen, um Deutschland zur Transferunion zu zwingen. Das bedeutet: Verteilung deutscher Steuergelder zugunsten anderer Euroländer, vorrangig solcher mit den größten finanziellen Problemen.
Derweil tauchte EZB-Präsident Mario Draghi außer der Reihe in Frankfurt auf, um klarzustellen, dass das mögliche Ende seiner extrem lockeren Geldpolitik wohl doch nicht in Stein gemeißelt sein solle, sondern vom Erreichen des Inflationsziels von nahezu 2 Prozent abhänge.
Drei Männer, ein Ziel, eben die Transferunion. Und sie machen Dampf, denn sie wissen, wie verletzlich und angreifbar die Große Koalition gerade jetzt ist. Der streitbare Professor Hans-Werner Sinn, bekanntlich alles andere als ein Euro-Freund, meint dazu sarkastisch: "Wer an das Einkommen der Steuerzahler der nördlichen Länder der EU heranwill, muss die Ernte jetzt einbringen." Das weiß der Drei-Männer-Bund, und dementsprechend macht er Druck - mit Parolen zu möglichen Eurobonds, zu einer nebulösen gemeinsamen Einlagensicherung, ja sogar zu einem Europäischen Währungsfonds.
Dagegen ist bis auf Weiteres kein Kraut der neuen Bundesregierung gewachsen, denn sie muss sich erst einarbeiten. Die Mehrheit der deutschen Politiker ist mit der komplexen Euro-Materie ohnehin nicht vertraut, und die durch Nullzinsen zur Enteignung freigegebenen Sparer sind die seit Jahren anhaltende Euro-Diskussion leid.
Just in diese Verspannung hinein platzt die Bad Homburger Denkfabrik Feri Cognitive Finance Institute mit einer Studie*, die alternativ zwei fatale Entwicklungen zur Euro-Zukunft in Aussicht stellt: entweder eine "degenerierte und transferbasierte Europäische Währungsunion" (45 Prozent Wahrscheinlichkeit) oder deren "abrupter und krisenhafter Zerfall" (35 Prozent Wahrscheinlichkeit). Das heißt, zu 45 + 35 = 80 Prozent ist der Euro in seiner jetzigen Form nicht mehr zu retten.
Heinz-Werner Rapp, Autor der Studie, sieht den Euro aktuell denn auch in einem "Zustand künstlicher Ruhe" - einer trügerischen Ruhe, veranlasst durch die EZB unter Mario Draghi, der sich nun in der Zwickmühle befindet: Behält er seine extrem lockere Geldpolitik mitsamt Zinsniveau nahe Null bei, hat er beim nächsten Einbruch der Konjunktur geldpolitisch kaum noch etwas zuzusetzen. Wird er dagegen restriktiv, statt locker zu bleiben, stürzt er hoch verschuldete Länder, speziell Italien, aber auch Frankreich und andere, einschließlich deren Banken in die nächste Krise.
Wie geht es also weiter? Keine Frage, Macron und Juncker basteln in Abstimmung mit Draghi schon fleißig an der Transferunion. Dazu haben ihre zuständigen Gremien bereits knallharte Vorschläge erarbeitet, während die Bundesregierung weitgehend mit sich selbst beschäftigt war, und so einen zunächst uneinholbaren Vorsprung herausgeholt. "Die wahre Natur dieser Vorschläge ist: Primär geht es um kreative Beschaffung neuer Finanzmittel, Öffnung neuer Kanäle für öffentliche Verschuldung oder - noch gefährlicher - um die Überwälzung individueller und Umverteilung kollektiver Risiken innerhalb der Europäischen Währungsunion", analysiert Rapp.
Dieses Szenario sollte Anleger hellhörig machen und wachrütteln. Denn ihr Geld ist doppelt gefährdet: zum einen durch den hier beschriebenen Überwälzungs-Mechanismus, zum anderen durch den zu erwartenden Dämpfer, sobald wieder größere Gewinnmitnahmen bei den zum Teil hoffnungslos überbewerteten Aktien, Anleihen und Immobilien stattfinden. Es gilt also, das in diesen drei Anlageklassen angelegte Geld in Sicherheit zu bringen. Die Feri-Studie empfiehlt dafür "defensive Märkte und eventuell Gold".
Weshalb diese Vorsicht? Weil die Risiken in diesem Jahr besonders hoch sind: wegen der Abschwächung des globalen Wachstums, wegen China als Bremsfaktor, wegen des Drucks vonseiten der Inflation und der Geldpolitik, besonders in den USA, und wegen der bereits erwähnten hohen Bewertungen im Verein mit übertriebenem Optimismus der Anleger. Alles in allem handelt es sich hier um eine hochexplosive Mischung. Aus dem Blickwinkel der meisten Anleger noch nicht vorstellbar und dennoch wahrscheinlich: Der nächste Aktien- und Anleihen-Crash ist offenbar so gut wie programmiert, die Immobilienmärkte werden ihm folgen.
Gold sei "kein Hedge", heißt es in der Feri-Studie, hier sinngemäß übersetzt als Absicherung. Allerdings wird für dieses Jahr allenthalben eine steigende Inflationsrate prognostiziert, zum Beispiel 2,1 Prozent in China, 2,6 Prozent in den USA, 2,9 Prozent in Großbritannien und 3,4 Prozent im weltweiten Durchschnitt. Dagegen kommt der Euroraum mit 1,5 Prozent glimpflich davon. Besonders die amerikanische Inflationsrate dürfte indes noch mehr zulegen, und zwar mit einem Beschleunigungseffekt, falls die Dollar-Schwäche anhält, wodurch die Importe teurer würden. Insofern hängt jetzt viel davon ab, inwieweit der sich abzeichnende Handelskrieg an Schärfe zunimmt.
Die Entwicklung des Goldpreises je Feinunze (internationaler Standard) ist, außer dass man seinen Verlauf stets im Blick behalten sollte, noch weitere Überlegungen wert. Der Preis wird üblicherweise in Dollar gemessen. Rob McEwen, Chef des nach ihm benannten Minenkonzerns, hat ihn zuletzt mit den Preisen in anderen wichtigen Währungen verglichen, und zwar vom letzten Höhepunkt im September 2011 bis zum aktuellen Stand. Und siehe da: Während dieser Zeit ist der Preis in Dollar um 29 Prozent gefallen, in Euro und Pfund nur um 19 Prozent, wohingegen er in Yen sogar geringfügig um 1 Prozent gestiegen ist.
So gesehen, müssten beim aktuell immer noch relativ niedrigen Preis eigentlich alle Anleger zugreifen. Also neben den derzeit nur wenig an Gold interessierten Amerikanern zum Beispiel die goldaffinen Inder und Chinesen, außerdem Anleger aus einer Vielzahl von anderen Schwellenländern, speziell in Asien. Was indes fehlt, ist eine allgemeine Initialzündung. Doch immerhin haben seit Jahresbeginn einige europäische Großanleger in Erwartung eines internationalen Börsengewitters bereits einen Teil (überwiegend um die 5 Prozent) der Kundengelder in Gold und auch in Silber angelegt.
Am Verlauf des Goldpreises in Dollar erkennt man seit Wochen - wie schon in früheren Zeiten -, dass zu umsatzschwachen Tageszeiten immer wieder Störmanöver stattfinden, die den Preis vorübergehend drücken. Bislang hat die Barriere oberhalb von 1300 Dollar gehalten.
Man sollte jedoch nicht allzu große Bedeutung in sie hineininterpretieren und stattdessen lieber die alte Börsianerregel beherzigen: Im preiswerten Einkauf liegt der Gewinn. Und gemessen an dem zu erwartenden Desaster, das demnächst auf den Euro zukommt, gemessen an der bald beschleunigt steigenden Inflationsrate in den USA und nicht zuletzt gemessen an den globalen Schuldenbergen, ist Gold derzeit so preiswert wie schon lange nicht mehr.
*Zukunftsrisiko "Euro Break Up", abrufbar unter www.feri-institut.de
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
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Derweil tauchte EZB-Präsident Mario Draghi außer der Reihe in Frankfurt auf, um klarzustellen, dass das mögliche Ende seiner extrem lockeren Geldpolitik wohl doch nicht in Stein gemeißelt sein solle, sondern vom Erreichen des Inflationsziels von nahezu 2 Prozent abhänge.
Drei Männer, ein Ziel, eben die Transferunion. Und sie machen Dampf, denn sie wissen, wie verletzlich und angreifbar die Große Koalition gerade jetzt ist. Der streitbare Professor Hans-Werner Sinn, bekanntlich alles andere als ein Euro-Freund, meint dazu sarkastisch: "Wer an das Einkommen der Steuerzahler der nördlichen Länder der EU heranwill, muss die Ernte jetzt einbringen." Das weiß der Drei-Männer-Bund, und dementsprechend macht er Druck - mit Parolen zu möglichen Eurobonds, zu einer nebulösen gemeinsamen Einlagensicherung, ja sogar zu einem Europäischen Währungsfonds.
Dagegen ist bis auf Weiteres kein Kraut der neuen Bundesregierung gewachsen, denn sie muss sich erst einarbeiten. Die Mehrheit der deutschen Politiker ist mit der komplexen Euro-Materie ohnehin nicht vertraut, und die durch Nullzinsen zur Enteignung freigegebenen Sparer sind die seit Jahren anhaltende Euro-Diskussion leid.
Just in diese Verspannung hinein platzt die Bad Homburger Denkfabrik Feri Cognitive Finance Institute mit einer Studie*, die alternativ zwei fatale Entwicklungen zur Euro-Zukunft in Aussicht stellt: entweder eine "degenerierte und transferbasierte Europäische Währungsunion" (45 Prozent Wahrscheinlichkeit) oder deren "abrupter und krisenhafter Zerfall" (35 Prozent Wahrscheinlichkeit). Das heißt, zu 45 + 35 = 80 Prozent ist der Euro in seiner jetzigen Form nicht mehr zu retten.
Heinz-Werner Rapp, Autor der Studie, sieht den Euro aktuell denn auch in einem "Zustand künstlicher Ruhe" - einer trügerischen Ruhe, veranlasst durch die EZB unter Mario Draghi, der sich nun in der Zwickmühle befindet: Behält er seine extrem lockere Geldpolitik mitsamt Zinsniveau nahe Null bei, hat er beim nächsten Einbruch der Konjunktur geldpolitisch kaum noch etwas zuzusetzen. Wird er dagegen restriktiv, statt locker zu bleiben, stürzt er hoch verschuldete Länder, speziell Italien, aber auch Frankreich und andere, einschließlich deren Banken in die nächste Krise.
Wie geht es also weiter? Keine Frage, Macron und Juncker basteln in Abstimmung mit Draghi schon fleißig an der Transferunion. Dazu haben ihre zuständigen Gremien bereits knallharte Vorschläge erarbeitet, während die Bundesregierung weitgehend mit sich selbst beschäftigt war, und so einen zunächst uneinholbaren Vorsprung herausgeholt. "Die wahre Natur dieser Vorschläge ist: Primär geht es um kreative Beschaffung neuer Finanzmittel, Öffnung neuer Kanäle für öffentliche Verschuldung oder - noch gefährlicher - um die Überwälzung individueller und Umverteilung kollektiver Risiken innerhalb der Europäischen Währungsunion", analysiert Rapp.
Dieses Szenario sollte Anleger hellhörig machen und wachrütteln. Denn ihr Geld ist doppelt gefährdet: zum einen durch den hier beschriebenen Überwälzungs-Mechanismus, zum anderen durch den zu erwartenden Dämpfer, sobald wieder größere Gewinnmitnahmen bei den zum Teil hoffnungslos überbewerteten Aktien, Anleihen und Immobilien stattfinden. Es gilt also, das in diesen drei Anlageklassen angelegte Geld in Sicherheit zu bringen. Die Feri-Studie empfiehlt dafür "defensive Märkte und eventuell Gold".
Weshalb diese Vorsicht? Weil die Risiken in diesem Jahr besonders hoch sind: wegen der Abschwächung des globalen Wachstums, wegen China als Bremsfaktor, wegen des Drucks vonseiten der Inflation und der Geldpolitik, besonders in den USA, und wegen der bereits erwähnten hohen Bewertungen im Verein mit übertriebenem Optimismus der Anleger. Alles in allem handelt es sich hier um eine hochexplosive Mischung. Aus dem Blickwinkel der meisten Anleger noch nicht vorstellbar und dennoch wahrscheinlich: Der nächste Aktien- und Anleihen-Crash ist offenbar so gut wie programmiert, die Immobilienmärkte werden ihm folgen.
Gold sei "kein Hedge", heißt es in der Feri-Studie, hier sinngemäß übersetzt als Absicherung. Allerdings wird für dieses Jahr allenthalben eine steigende Inflationsrate prognostiziert, zum Beispiel 2,1 Prozent in China, 2,6 Prozent in den USA, 2,9 Prozent in Großbritannien und 3,4 Prozent im weltweiten Durchschnitt. Dagegen kommt der Euroraum mit 1,5 Prozent glimpflich davon. Besonders die amerikanische Inflationsrate dürfte indes noch mehr zulegen, und zwar mit einem Beschleunigungseffekt, falls die Dollar-Schwäche anhält, wodurch die Importe teurer würden. Insofern hängt jetzt viel davon ab, inwieweit der sich abzeichnende Handelskrieg an Schärfe zunimmt.
Die Entwicklung des Goldpreises je Feinunze (internationaler Standard) ist, außer dass man seinen Verlauf stets im Blick behalten sollte, noch weitere Überlegungen wert. Der Preis wird üblicherweise in Dollar gemessen. Rob McEwen, Chef des nach ihm benannten Minenkonzerns, hat ihn zuletzt mit den Preisen in anderen wichtigen Währungen verglichen, und zwar vom letzten Höhepunkt im September 2011 bis zum aktuellen Stand. Und siehe da: Während dieser Zeit ist der Preis in Dollar um 29 Prozent gefallen, in Euro und Pfund nur um 19 Prozent, wohingegen er in Yen sogar geringfügig um 1 Prozent gestiegen ist.
So gesehen, müssten beim aktuell immer noch relativ niedrigen Preis eigentlich alle Anleger zugreifen. Also neben den derzeit nur wenig an Gold interessierten Amerikanern zum Beispiel die goldaffinen Inder und Chinesen, außerdem Anleger aus einer Vielzahl von anderen Schwellenländern, speziell in Asien. Was indes fehlt, ist eine allgemeine Initialzündung. Doch immerhin haben seit Jahresbeginn einige europäische Großanleger in Erwartung eines internationalen Börsengewitters bereits einen Teil (überwiegend um die 5 Prozent) der Kundengelder in Gold und auch in Silber angelegt.
Am Verlauf des Goldpreises in Dollar erkennt man seit Wochen - wie schon in früheren Zeiten -, dass zu umsatzschwachen Tageszeiten immer wieder Störmanöver stattfinden, die den Preis vorübergehend drücken. Bislang hat die Barriere oberhalb von 1300 Dollar gehalten.
Man sollte jedoch nicht allzu große Bedeutung in sie hineininterpretieren und stattdessen lieber die alte Börsianerregel beherzigen: Im preiswerten Einkauf liegt der Gewinn. Und gemessen an dem zu erwartenden Desaster, das demnächst auf den Euro zukommt, gemessen an der bald beschleunigt steigenden Inflationsrate in den USA und nicht zuletzt gemessen an den globalen Schuldenbergen, ist Gold derzeit so preiswert wie schon lange nicht mehr.
*Zukunftsrisiko "Euro Break Up", abrufbar unter www.feri-institut.de
© Manfred Gburek
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
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