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Michael Pento: "Der kommende Crash wird schlimmer als 2000 und 2008"

26.07.2018  |  Chris Martenson
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Wenn die Rendite der 2-jährigen Treasuries die aktuelle Differenz zum Leitzins beibehält und ebenfalls um 25 Basispunkte klettert, wäre die Zinskurve anschließend fast flach und würde sich im Dezember umkehren.

Warum ist das so wichtig? Wen interessiert die Zinsstrukturkurve? Ich bin sicher, dass sich der ein oder andere das jetzt fragt. Nun, wenn sich die Zinsstrukturkurve umkehrt, dann führt das fast immer zu einer Rezession. Tatsächlich kann ich behaupten, dass eine Inversion der Kurve in unserer heutigen Zeit, im Rahmen des aktuellen Fiatwährungssystems, definitiv zu einer Rezession führen wird, weil sie zur Folge hat, dass sich das Geldangebot verringert. Die permanente Ausweitung der Geldmenge ist jedoch der Treibstoff der Kursgewinne und der Blasen an den Finanzmärkten.

Wenn sich die Zinskurve nun umkehrt, dann sinkt auch das Geldangebot, weil die Banken dann mit ihren Assets, d. h. ihren langfristigen Krediten, weniger Geld verdienen, als sie in Form von Zinsen für ihre Verbindlichkeiten, d. h. für die Einlagen, zahlen müssen. Das ist ein Patentrezept dafür, die Banken insolvent zu machen. Unter diesen Voraussetzungen wird die Kreditvergabe abnehmen.

Das Angebot an Liquidität wird also stark sinken, weil keine Bank mehr einen Kredit vergeben wird, wenn es sich für sie angesichts der Einlagenzinsen nicht mehr lohnt. Abgesehen davon führt eine Rezession typischerweise auch dazu, dass ein Teil Einlagen abgezogen wird. Wenn die Kurse an den Finanzmärkten fallen, kann ein Bank-Run die Folge sein. Das Zusammenspiel dieser Faktoren führt also immer zu einem wirtschaftlichen Abschwung. Genau diesen Punkt werden wir im Herbst oder gegen Jahresende erreichen.


Chris Martenson: Sie haben hier viele wichtige Punkte angesprochen, Michael. Auf einen möchte ich noch einmal genauer eingehen. Sie hatten erwähnt, dass die Federal Reserve und vielleicht auch andere Zentralbanken den Konjunkturzyklus abschaffen und durch etwas ersetzen wollen, was wir dann wahrscheinlich Kreditzyklus nennen. Statt Unternehmenspleiten gibt es dann Einbrüche der Kreditmärkte.

Ich bin der Ansicht, dass diese insgesamt schädlicher sind als normale Rezessionen im Rahmen zyklischer Konjunkturrückgänge. Letztere sorgen dafür, dass schlechte Geschäftsideen vom Markt verschwinden. Würden sie dem zustimmen? Und wenn ja, was geschieht dabei und warum ist das Ende von Kreditzyklen so gefährlich?


Michael Pento: Wie Sie wissen hatten wir früher einen Goldstandard und normale Wirtschaftszyklen. Die Rezessionen waren meist relativ mild, weil die Assetpreise im Vergleich zur zugrundeliegenden Wirtschaft gar nicht erst auf solch astronomische Höhen aufgebläht wurden. Aber heute haben wir negativ verzinste Schuldpapiere. Es gibt Regierungen und in Europa teilweise sogar Unternehmen, die dafür bezahlt werden, dass sie Geld leihen. Das wird sich infolge der sinkenden Liquidität allerdings ziemlich plötzlich ändern, und dann werden die Anleiherenditen dramatisch in die Höhe schießen.

Bislang ist der LIBOR von 0,3% auf 2,33% gestiegen, aber stellen Sie sich nur vor, welches Niveau er im Rahmen einer Krise erreichen würde. Der LIBOR, die London Interbank Offered Rate, ist der Satz, zu dem Kredite und Derivate im Wert von 370 Billionen Dollar verzinst werden. Nein, das war kein Versprecher. Diese Summe steht bei einem Einbruch des Kreditzyklus auf dem Spiel. Die weltweit ausstehenden Schulden sind damit um ein Vielfaches höher als die weltweite Wirtschaftsleistung. Die Gesamtschulden belaufen sich auf 230 Billionen Dollar, glaube ich.


Chris Martenson: 233 Billionen, als sich das letzte Mal nachgesehen habe.

Michael Pento: 233 Billionen, was 330% des Bruttoweltprodukts entspricht.


Chris Martenson: Exakt.

Michael Pento: Insgesamt haben die ausstehenden Kredite und Derivate also eine Höhe von schätzungsweise 370 Billionen Dollar. Wenn durch einen Kreditboom solche gewaltigen Blasen entstehen wie heute, wenn die Immobilien- und die Anleihemärkte verzerrt und die Aktienmärkte massiv überbewertet sind, und wenn die Leute dann immer noch behaupten, die Assets wären fair bewertet, muss ich lachen. Wenn ich mir die mittleren Kurs-Gewinn-Verhältnisse, Kurs-Umsatz-Verhältnisse und das Verhältnis der Marktkapitalisierung zum BIP anschauen, dann ist klar, dass das der teuerste Aktienmarkt der Geschichte ist.


Chris Martenson: Sprechen wir noch einen Moment über die Anleihemärkte, mit denen Sie sich für Ihr Buch ja ausführlich befasst haben. Um es noch einmal zu wiederholen: Ich hätte wirklich nie gedacht, dass wir uns jemals an diesem Punkt befinden würden. Was mich besonders erstaunt, ist nicht, dass wir Fehler machen, sondern dass wir exakt die gleichen Fehler nochmal machen.

Michael Pento: Nicht die gleichen. Dieses Mal sind sie viel schlimmer.


Chris Martenson: Sprechen wir über diese Fehler. Sie haben den LIBOR erwähnt. Ich denke, dass viele Menschen gar nicht wissen, wo der Unterschied zwischen einer Unternehmensanleihe und einem Unternehmenskredit ist. Ich möchte, dass Sie uns mit in die Welt der Covenant-Lite-Kredite nehmen, aber helfen Sie uns zunächst zu verstehen, warum das ein Problem ist.

Michael Pento: Nun, zuerst einmal muss gesagt werden, dass die Unternehmensschulden im Verhältnis zum BIP ebenfalls ein Rekordhoch erreicht haben. Sie entsprechen heute in den USA etwa 45% der wirtschaftlichen Gesamtleistung.


Chris Martenson: Wow.


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