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Gut, aber nicht gut genug? - Brexit "Poor UK" - EZB-Vollkasko!

27.07.2018  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.1642 (07:30 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.1638 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 111.14. In der Folge notiert EUR-JPY bei 129.40. EUR-CHF oszilliert bei 1.1578.

Hinsichtlich des Ergebnisses des Treffens Trump/Juncker war das Echo gestern vielfältig. In der Gesamtheit obwaltete in Deutschland Skepsis. Die Zusagen Junckers waren und sind vage. Sie sicherten Gesichtswahrung für Trump, denn nur europäische Wirtschaftsteilnehmer können Soja oder US-Erdgas erwerben. Das weiß auch Herr Trump.

Bei Erdgas aus den USA fehlt die preisliche Konkurrenzfähigkeit. Wir sind diesbezüglich entspannt, denn russisches LNG ist gut und günstig. Selbst die USA importieren es (dritte Tankladungwird gerade in den USA angelandet).

Alle weiteren Punkte, die vereinbart wurden, sind Bestätigung des Modells der arbeitsteiligen Weltwirtschaft und implizieren die Chance auf optimierte Verläufe. Vor diesem Hintergrund ist die Deeskalation, die mit dem Treffen einherging, ein Erfolg für die EU und Juncker. Da ist Zuversicht angebracht!

Das Zerreden dieses Erfolgs, das der deutschen Eigenart des "halbleeren Glases" umfänglich entspricht, womit sich Deutschland übrigens regelmäßig selbst im Wege steht, ist sachlich nicht geboten. Man darf irritiert sein. Das Glas ist halbvoll! Die Einlassungen des französischen Präsidenten Macron sind Ziel führend, der kein umfassendes Handelsabkommen mit den USA anstrebt. Dem stimmen wir zu.

Es geht um einen optimierten Status Quo in einzelnen Feldern, denn vereinfacht ausgedrückt basiert das kontinentaleuropäische Wertesystem auf der Basis "der Mensch kommt vor dem Cash-Flow", während das Wertesystem der USA grundsätzlich den Cash-Flow vor den Menschen stellt. Das passt eben nicht überall.


Die EU-Kommission lehnt entscheidende Vorschläge aus dem Austrittsplan der britischen Regierung ab.

Die EU könne und werde nicht ihre Hoheit über die Erhebung von Zöllen an ein Nicht-Mitglied abgeben, sagte EU-Chefunterhändler Barnier. Jedes Zollabkommen oder jede Zollunion müsse sich an dieses Prinzip halten.

Barniers Position ist vollständig korrekt. Auch das Weißbuch, das Teresa May als Basis der weiteren Verhandlungen nutzt, ist Ausdruck von extravaganten Sonderwünschen, die mit einem regelbasierten Exit nichts zu tun haben.

Der Wunsch der britischen Regierung oder sogar die Erwartung Westminsters, dass es an der EU sei, jetzt auf London zuzugehen, ist ambitioniert. Großbritannien hat sich laut und vollmundig für den regelbasierten Brexit entschieden, um jetzt Sonderbehandlungen durchzusetzen?

Anders ausgedrückt wurde mit billiger Propaganda (Farage, Johnson), mit falschen Fakten, mit Rechtsbrüchen (Finanzierung der Brexit-Kampagne) und Herabsetzung der EU im medialen und politischen Sektor das Brexit-Votum erreicht, um Sonderbehandlungen von der "herabgesetzten EU" einzufordern? Das Maß ist voll!

Der Selbsterhaltungstrieb der EU, die sich nicht als Selbstbedienungsladen zukünftig Dritter außerhalb der EU definieren sollte, wird durch Herrn Barnier in diesem Themenfeld angemessen vertreten.

Der Brexit ist regelbasiert abzuwickeln, auch wenn das bedeuten kann, dass London ohne "Deal" dasteht. Das ist dann selbstverschuldetes Leid.

Wir senden ein "Merci" für die Verhandlungsführung an Herrn Barnier nach Brüssel und sehen der Produktionsstättenverlagerung aus dem UK nach Kontinentaleuropa entgegen. Das wird dem Kapitalstock Kontinentaleuropas stärken.


Die EZB-Ratssitzung lieferte keine Überraschungen.

Der Leitzins bleibt bei 0,00%. Banken, die Überschussliquidität haben, werden mit dem Einlagesatz bei -0,40% weiter merklich belastet. Das Anleiheankaufprogramm wird nach September abgeschmolzen und läuft aller Voraussicht zum Jahresende 2018 aus. Eine Zinswende steht laut Herrn Draghi erst in der zweiten Jahreshälfte 2019 nach dem Sommer an.

Damit lieferte der EZB-Rat eine absolute Vollkaskoversicherung für die Realwirtschaft als auch die Finanzmärkte. Mit anderen Worten spielen in diesem Zeitraum bis Spätsommer 2019 Preisentwicklungen oder die Kreditvergabe in der Entscheidungsfindung keine oder eine untergeordnete Rolle?

Fakt ist, dass die Kreditvergabe an Unternehmen per Juli 2018 mit einem Wachstum um 4,1% den höchsten Wachstumsclip seit Mai 2009 aufweist. Fakt ist, dass das Ziel in der Preisinflation bei knapp 2% Verbraucherpreisen längst erreicht ist. Diese EZB-Politik ist ambitioniert und belastet den Euro an den Märkten.


Datenpotpourri der letzten 24 Stunden:

Eurozone:

Italien: Aus Italien erreichten uns gestern positive Datensätze. Der Index des Verbrauchervertrauens legte per Juli von zuvor 116,2 auf 116,3 Punkte zu (Prognose 115,9). Derartig hohe Niveaus ergaben sich nur in den Jahren 2000, 2015 und aktuell.

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© Reuters


Der Geschäftsklimaindex verharrte bei 106,9 Punkten. Die Prognose war bei 106,5 Zählern angesiedelt.

Frankreich: Laut vorläufigen Berechnungen nahm das BIP Frankreichs im 2. Quartal im Quartalsvergleich um 0,2%zu. Die Prognose lag bei 0,3%.

USA: Der Auftragseingang der US-Industrie nahmim Monatsvergleich um 1,0%zu. Damit wurde die bei 3,0% angesiedelte Prognose umfänglich verfehlt. Die Revision des Vormonatswerts von -0,4%auf -0,3% ändert an diesem Bild wenig. Der Kansas City Fed Composite Index sank per Berichtsmonat Juli von 28 auf 23 Punkte.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert, sofern das Unterstützungsniveau bei 1.1490 - 1.1520 nicht unterschritten wird.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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