Gold ist reif für eine Gegenbewegung
05.08.2018 | Manfred Gburek
Seit einigen Tagen häufen sich die negativen Schlagzeilen zum Gold. Toll! Bevor Sie nun an meinem Verstand zu zweifeln beginnen, folgt hier gleich die Klarstellung: Negative Schlagzeilen hagelt es besonders dann, wenn entweder gerade ein Crash stattgefunden hat oder wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Börsentrend sich seinem Ende nähert bzw. dort schon angelangt ist. Drei typische Beispiele: "Der Niedergang des Goldes" (FAZ, 28. August), "Sicherer Hafen aus der Mode" (boerse.ard.de, 2. August), "Geringes Interesse an Gold" (Handelsblatt, 2. August).
Der Börsenmonat August hat es ohnehin in sich: Er markierte 1990 das Ende der jahrzehntelangen japanischen Aktienhausse, den Beginn des ersten Nahostkriegs, nachdem irakische Truppen zuvor in Kuwait einmarschiert waren, und er läutete 1987 den internationalen Aktiencrash ein, der am 19. Oktober mit gigantischen Kursstürzen um mehr als 20 Prozent innerhalb weniger Stunden seinen Tiefpunkt fand.
Nicht zu vergessen den 13. August 1979, Erscheinungstag des amerikanischen Wirtschaftsmagazins Business Week mit dem Titel “The Death of Equities“ (Der Tod der Aktien). Bekanntlich starteten die Aktienkurse nur ein Jahr später zum bis dahin größten Aufschwung aller Zeiten. Business Week konnte sich also nur ein Jahr lang des Todesurteils über Aktien rühmen.
Dass Medien prozyklische Schlagzeilen lieber verwenden als antizyklische, hat seinen Grund: Börsianer wie auch viele Börsenlaien interessieren sich zum Beispiel aktuell mehr für den Höhenflug der Apple-Aktie einschließlich des Rekordwerts von 1 Billion Dollar als für die Gold-Lethargie. Und nur, wenn der Goldpreis - wie zuletzt geschehen - einen neuen Tiefpunkt des Jahres erreicht, wird er für kurze Zeit von negativen Schlagzeilen begleitet. Ansonsten dominiert in den meisten Medien - Ausnahme: Börsendienste, die mehr oder weniger knallharte Tipps verbreiten - die in die Vergangenheit gerichtete Berichterstattung.
Natürlich ist es schwer bis unmöglich, Wendepunkte des Goldpreises im langfristigen Trend auf den Punkt genau zu ermitteln. Doch man sollte es zumindest annäherungsweise versuchen.
Hilfsmittel gibt es ja genug, zum Beispiel: die relative Stärke oder Schwäche der Minenaktien im Vergleich zum Goldpreis, die Lebensdauer der Goldvorkommen, Käufe und Verkäufe der Zentralbanken, die Entwicklung der Minenkosten, das Verhältnis des Goldpreises zum Silberpreis, der Dow Jones in Relation zum Goldpreis, der Vergleich der Schulden des amerikanischen Staats, wahlweise der Unternehmen, der Konsumenten oder aller zusammen, mit dem Wert des bereits geförderten Goldes. Diese und weitere Indikatoren können von großem Nutzen sein.
Ihre Interpretation ist allerdings zeitraubend. Wer die dafür nötige Zeit nicht aufbringen kann, sollte zumindest die Preise von Gold und Silber sowie die Kurse der Minenaktien aus dem XAU- und dem HUI-Index auf den gängigen Internetseiten der Direktbanken laufend verfolgen; das kostet täglich höchstens eine Viertelstunde. Daraus ergibt sich ein gewisses Gespür für mögliche Wendepunkte.
Das gilt besonders für die jüngste Entwicklung. Sie war über eine lange Zeit geprägt von Abwärtsbewegungen, die überwiegend mit dem Totschlagargument steigender amerikanischer Zinsen begründet wurden. Hinzu kamen seltsame, in erster Linie offenbar auf Manipulationen zurückzuführende Preisstürze. Begründung: wie gehabt die Zinsen. In Wahrheit geht es jedoch darum, das Vertrauen in den Wert des Dollars zu stärken - und das soll gelingen, indem der Preis des Dollar-Antipoden, also des Goldes, gedrückt wird.
Zugegeben, diese Argumentation ist nicht neu. Man sollte sie allerdings für den Fall im Auge behalten, dass der Goldpreis auf einmal zu steigen beginnt, wie am vergangenen Freitag geschehen. Dann dürfte es sich nämlich nicht nur um eine vorübergehende technische Reaktion handeln, sondern um eine Preiswende nach oben. Dies auch deshalb, weil der Preistrend nach fast sieben Abwärts- und Seitwärtsjahren reif für eine nachhaltige Gegenbewegung ist.
Was das Argument mit den steigenden Zinsen betrifft, sei noch hinzugefügt: Mit ihnen erhöhen sich auch die Renditen der Anleihen und - das ist entscheidend - fallen die Anleihenkurse. Wenn es also heißt, der Preis des zinslosen Goldes leide unter dem Zinsanstieg, wird dieser Zusammenhang fast immer ignoriert. Und nebenbei bemerkt: Über die Nachhaltigkeit des aktuellen Zinsanstiegs in den USA lässt sich trefflich streiten. Denn die amerikanische Zentralbank Fed hat in der vergangenen Woche entschieden, die Zinsen weiterhin der Wirtschaftsentwicklung anzupassen.
Das bedeutet: Wenn der Handelskrieg zwischen den führenden Wirtschaftsnationen sich weiter verschärft, droht womöglich schon bald ein geringeres Wirtschaftswachstum - mit der Folge, dass es dann zum Stillstand oder im Extremfall sogar zum Rückgang der Zinsen kommt.
Wir haben es hier mit einer extrem komplexen Thematik zu tun. Sie wird noch komplexer, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es neben dem Handelskrieg der führenden Wirtschaftsnationen auch ein ungelöstes Schuldenproblem gibt, das vor allem von den Schwellen- und Entwicklungsländern ausgeht: über 58 Billionen Schuldendollar, hat das Institute of International Finance ermittelt. Das Fatale daran: Dahinter steckt eines der berüchtigten Zinsdifferenzgeschäfte.
Das heißt, die Dollarzinsen sind im Verhältnis zu den Zinsen der Währungen dieser Länder zwar niedrig, aber deren Währungen werden ständig abgewertet. Folge: Die Schuldenlast in Dollar nimmt auf dem Umweg über anhaltende Abwertungen der eigenen Währungen im Verhältnis zum Dollar dramatisch zu. Weitere Folge: Die Schulden werden kurzerhand verlängert - bis ein Schuldenschnitt nicht mehr zu vermeiden ist, und das Ganze beginnt wieder von vorn.
Man braucht übrigens nicht erst Länder wie Ägypten oder Simbabwe heranzuziehen, um diese Entwicklung mit Fakten zu belegen - auch die Türkei und die Großmacht China beteiligen sich an diesem von extremen Schulden begleiteten Abwertungswettlauf.
Die Komplexität der aufgezeigten Probleme schreit geradezu nach Lösungen. Doch die lassen auf sich warten. Dass Gold in einem solchen Szenario seine Funktion als Versicherung bzw. als sicherer Hafen mehr als rechtfertigt, ist nicht von der Hand zu weisen. Dass sein Preis trotzdem fast sieben Jahre lang - mit einer größeren Unterbrechung im ersten Halbjahr 2016 - der Absicherungsfunktion nicht gerecht wurde, muss offenbar vorübergehend in Kauf genommen werden. Wie es aussieht, geht diese Hängepartie jetzt zu Ende.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Neu bei gburek.eu: Mit Immobilien tut sich was. Hier folgt noch der Link zu meinem neuen elektronischen Buch Reich werden ist keine Schande!
Der Börsenmonat August hat es ohnehin in sich: Er markierte 1990 das Ende der jahrzehntelangen japanischen Aktienhausse, den Beginn des ersten Nahostkriegs, nachdem irakische Truppen zuvor in Kuwait einmarschiert waren, und er läutete 1987 den internationalen Aktiencrash ein, der am 19. Oktober mit gigantischen Kursstürzen um mehr als 20 Prozent innerhalb weniger Stunden seinen Tiefpunkt fand.
Nicht zu vergessen den 13. August 1979, Erscheinungstag des amerikanischen Wirtschaftsmagazins Business Week mit dem Titel “The Death of Equities“ (Der Tod der Aktien). Bekanntlich starteten die Aktienkurse nur ein Jahr später zum bis dahin größten Aufschwung aller Zeiten. Business Week konnte sich also nur ein Jahr lang des Todesurteils über Aktien rühmen.
Dass Medien prozyklische Schlagzeilen lieber verwenden als antizyklische, hat seinen Grund: Börsianer wie auch viele Börsenlaien interessieren sich zum Beispiel aktuell mehr für den Höhenflug der Apple-Aktie einschließlich des Rekordwerts von 1 Billion Dollar als für die Gold-Lethargie. Und nur, wenn der Goldpreis - wie zuletzt geschehen - einen neuen Tiefpunkt des Jahres erreicht, wird er für kurze Zeit von negativen Schlagzeilen begleitet. Ansonsten dominiert in den meisten Medien - Ausnahme: Börsendienste, die mehr oder weniger knallharte Tipps verbreiten - die in die Vergangenheit gerichtete Berichterstattung.
Natürlich ist es schwer bis unmöglich, Wendepunkte des Goldpreises im langfristigen Trend auf den Punkt genau zu ermitteln. Doch man sollte es zumindest annäherungsweise versuchen.
Hilfsmittel gibt es ja genug, zum Beispiel: die relative Stärke oder Schwäche der Minenaktien im Vergleich zum Goldpreis, die Lebensdauer der Goldvorkommen, Käufe und Verkäufe der Zentralbanken, die Entwicklung der Minenkosten, das Verhältnis des Goldpreises zum Silberpreis, der Dow Jones in Relation zum Goldpreis, der Vergleich der Schulden des amerikanischen Staats, wahlweise der Unternehmen, der Konsumenten oder aller zusammen, mit dem Wert des bereits geförderten Goldes. Diese und weitere Indikatoren können von großem Nutzen sein.
Ihre Interpretation ist allerdings zeitraubend. Wer die dafür nötige Zeit nicht aufbringen kann, sollte zumindest die Preise von Gold und Silber sowie die Kurse der Minenaktien aus dem XAU- und dem HUI-Index auf den gängigen Internetseiten der Direktbanken laufend verfolgen; das kostet täglich höchstens eine Viertelstunde. Daraus ergibt sich ein gewisses Gespür für mögliche Wendepunkte.
Das gilt besonders für die jüngste Entwicklung. Sie war über eine lange Zeit geprägt von Abwärtsbewegungen, die überwiegend mit dem Totschlagargument steigender amerikanischer Zinsen begründet wurden. Hinzu kamen seltsame, in erster Linie offenbar auf Manipulationen zurückzuführende Preisstürze. Begründung: wie gehabt die Zinsen. In Wahrheit geht es jedoch darum, das Vertrauen in den Wert des Dollars zu stärken - und das soll gelingen, indem der Preis des Dollar-Antipoden, also des Goldes, gedrückt wird.
Zugegeben, diese Argumentation ist nicht neu. Man sollte sie allerdings für den Fall im Auge behalten, dass der Goldpreis auf einmal zu steigen beginnt, wie am vergangenen Freitag geschehen. Dann dürfte es sich nämlich nicht nur um eine vorübergehende technische Reaktion handeln, sondern um eine Preiswende nach oben. Dies auch deshalb, weil der Preistrend nach fast sieben Abwärts- und Seitwärtsjahren reif für eine nachhaltige Gegenbewegung ist.
Was das Argument mit den steigenden Zinsen betrifft, sei noch hinzugefügt: Mit ihnen erhöhen sich auch die Renditen der Anleihen und - das ist entscheidend - fallen die Anleihenkurse. Wenn es also heißt, der Preis des zinslosen Goldes leide unter dem Zinsanstieg, wird dieser Zusammenhang fast immer ignoriert. Und nebenbei bemerkt: Über die Nachhaltigkeit des aktuellen Zinsanstiegs in den USA lässt sich trefflich streiten. Denn die amerikanische Zentralbank Fed hat in der vergangenen Woche entschieden, die Zinsen weiterhin der Wirtschaftsentwicklung anzupassen.
Das bedeutet: Wenn der Handelskrieg zwischen den führenden Wirtschaftsnationen sich weiter verschärft, droht womöglich schon bald ein geringeres Wirtschaftswachstum - mit der Folge, dass es dann zum Stillstand oder im Extremfall sogar zum Rückgang der Zinsen kommt.
Wir haben es hier mit einer extrem komplexen Thematik zu tun. Sie wird noch komplexer, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es neben dem Handelskrieg der führenden Wirtschaftsnationen auch ein ungelöstes Schuldenproblem gibt, das vor allem von den Schwellen- und Entwicklungsländern ausgeht: über 58 Billionen Schuldendollar, hat das Institute of International Finance ermittelt. Das Fatale daran: Dahinter steckt eines der berüchtigten Zinsdifferenzgeschäfte.
Das heißt, die Dollarzinsen sind im Verhältnis zu den Zinsen der Währungen dieser Länder zwar niedrig, aber deren Währungen werden ständig abgewertet. Folge: Die Schuldenlast in Dollar nimmt auf dem Umweg über anhaltende Abwertungen der eigenen Währungen im Verhältnis zum Dollar dramatisch zu. Weitere Folge: Die Schulden werden kurzerhand verlängert - bis ein Schuldenschnitt nicht mehr zu vermeiden ist, und das Ganze beginnt wieder von vorn.
Man braucht übrigens nicht erst Länder wie Ägypten oder Simbabwe heranzuziehen, um diese Entwicklung mit Fakten zu belegen - auch die Türkei und die Großmacht China beteiligen sich an diesem von extremen Schulden begleiteten Abwertungswettlauf.
Die Komplexität der aufgezeigten Probleme schreit geradezu nach Lösungen. Doch die lassen auf sich warten. Dass Gold in einem solchen Szenario seine Funktion als Versicherung bzw. als sicherer Hafen mehr als rechtfertigt, ist nicht von der Hand zu weisen. Dass sein Preis trotzdem fast sieben Jahre lang - mit einer größeren Unterbrechung im ersten Halbjahr 2016 - der Absicherungsfunktion nicht gerecht wurde, muss offenbar vorübergehend in Kauf genommen werden. Wie es aussieht, geht diese Hängepartie jetzt zu Ende.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Neu bei gburek.eu: Mit Immobilien tut sich was. Hier folgt noch der Link zu meinem neuen elektronischen Buch Reich werden ist keine Schande!