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Populismus, Opportunismus, Protektionismus

30.09.2018  |  Manfred Gburek
Vorab eine Beobachtung, die ich in jüngster Zeit schon mehrfach gemacht habe, zuletzt am vergangenen Donnerstag: Während die Kurse führender Gold- und Silberaktien stiegen, fielen die Preise der beiden Edelmetalle. Dieses Mal waren es neben den Aktien von Barrick und Newmont vor allem auch die von Wheaton Precious Metals (früher Silver Wheaton), die mit steigenden Kursen auf sich aufmerksam machten.

Alle drei gehören zu den Größten ihrer Spezies. Falls die Entwicklung so weiter geht, kann man auch für die Edelmetalle selbst wieder optimistisch sein. Falls sie sich jedoch ins Gegenteil umkehrt, heißt es: Weiter geduldig bleiben und auf der Beobachtungsstation verharren - schließlich spricht wegen der weltweit zerrütteten Finanzen die Zeit für Gold und Silber.

Das laufende Beobachten der Edelmetall-, Rohstoff-, Finanz- und Immobilienmärkte kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Legen Sie sich auf die Lauer, und Ihnen werden täglich immer wieder neue Erkenntnisse durch den Kopf gehen. Dabei taucht allerdings ein gravierendes Problem auf: die Überflutung mit Informationen. Folglich sind Sie gezwungen, aus diesen eine Auswahl zu treffen. Konzentrieren Sie sich jetzt - neben Gold und Silber - auf Aktien, auf die Geldpolitik von EZB und Fed, auf die Entwicklung der Inflation, die Überschuldung Italiens, das Euro/Dollar-Verhältnis, auf den immer bedrohlicher werdenden Handelskrieg zwischen den USA und China sowie auf den Iran-Konflikt.

Wenn Sie sich daran halten, werden Sie im Lauf der Zeit eine gewisse Sensibilität für die Märkte entwickeln, sodass Sie anderen Anlegern gegenüber im Vorteil sind.

Dass Sie dafür sehr viel Zeit aufwenden müssen, versteht sich von selbst - und schon taucht die Frage auf: Lohnt sich das? Gegenfrage: Haben Sie einen Anlageberater an der Hand, der Ihnen bei Ihrer Anlagestrategie helfen kann, der sein Geld wert ist und der vor allem Ihr volles Vertrauen genießt? Die Wirklichkeit sieht doch so aus: Strategiehilfe ist von den meisten Anlageberatern kaum zu erwarten, weil sie provisionsgetrieben sind. Ihr Geld sind sie in der Regel erst dann wert, wenn sie große Vermögen verwalten. Und bis volles Vertrauen entsteht, vergehen üblicherweise einige Jahrzehnte.

China und Iran sind zurzeit zwei besonders heiße Themen. Sie hängen insofern zusammen, als China mit Iran bereits Geschäfte in der chinesischen Währung Yuan statt in Dollar abwickelt. Auch Russland und sogar die Türkei haben entsprechende Pläne. Dagegen ist man sich in der EU noch nicht einig, ob und wann internationale Geschäfte forciert in Euro verbucht werden sollen.

Vorstöße in diese Richtung gibt es allerdings schon, etwa von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und - in verschärfter Form - vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Das ist nicht ohne, denn es kann zu einem ernsten Konflikt zwischen der EU und den USA führen, weit über den aktuellen Handelskrieg hinaus.

Der Anteil des Dollars am internationalen Zahlungsverkehr ist auf zuletzt 42,6 Prozent abgeschmolzen, der Anteil des Euro dagegen auf 36,7 Prozent gestiegen. Doch das sollte nicht zu einem vorschnellen Schluss führen. Zieht man nämlich die Anteile an den internationalen Währungsreserven heran, dominiert der Dollar nach Berechnungen der amerikanischen Ratingagentur Moody's mit einem Anteil von 62,7 Prozent und damit weit vor dem abgeschlagenen Euro mit 20,1 Prozent.

Besonders spannend wird es, wenn herauskommt, welche Rolle China im Zuge des Handelskriegs weiter zu spielen gedenkt. Die Lage spitzt sich für das Land immer mehr zu. Denn zum einen stößt das chinesische Binnenwachstum wegen der hohen Staats- und Privatverschuldung allmählich an Grenzen. Zum anderen sinkt der Export durch zunehmende Sanktionen vonseiten der USA. Damit nicht genug, für den Fall, dass Chinas Wachstum erheblich nachlassen sollte, droht auch den asiatischen Ländern rund um China, den Rohstoffländern weltweit und nicht zuletzt dem exportintensiven Deutschland.Gefahr.

Wie geht es weiter? Als sicher kann gelten, dass ein Ende des Handelskriegs zwischen den USA und China nicht absehbar ist, ja dass mit seiner Verschärfung gerechnet werden muss. Als sicher kann auch gelten, dass die positiven Effekte der Globalisierung nach und nach einer ungesunden Mischung aus Populismus, Opportunismus und Protektionismus Platz machen werden. Gefahr für die ganze Weltwirtschaft dürfte daraus dann erwachsen, wenn sowohl die expansive Fiskalpolitik in den USA als auch die auch expansive Geldpolitik im Euroraum dem Wirtschaftswachstum nicht mehr auf die Sprünge helfen können.

US-Präsident Donald Trump hat schon vor Wochen darüber geklagt, dass die Zentralbank Fed den offiziellen Zinssatz erhöht. Doch das ist am Fed-Chef Jerome Powell spurlos vorbeigegangen. Mehr noch, dieser hat es gewagt, den Zinssatz in der vergangenen Woche zum Ärger von Trump nochmals zu erhöhen. Und falls der seine expansive Fiskalpolitik fortsetzt, wird Powell den Zins in einer Gegenreaktion weiter nach oben befördern. Daraus droht ein solches Konfliktpotenzial zu erwachsen, dass Trump dem - eigens von ihm eingesetzten - Fed-Chef den Laufpass geben könnte. Das würde zu erheblichen Turbulenzen an den Aktien- und Anleihemärkten führen.

Zugegeben, in diesen Überlegungen steckt sehr viel Konjunktiv. Aber besser auf mögliche Konsequenzen aus dem Streit zwischen Trump und Powell vorbereitet sein, als später unangenehm überrascht zu werden. Bitte bedenken Sie: Amerikanische Aktien sind überbewertet, und sobald ihre Kurse fallen, wird das nach dem Prinzip der kommunizierenden Röhren auch die Aktien weltweit nach unten ziehen. Derweil dürften die Kurse amerikanischer Anleihen von Querelen zwischen Trump und Powell zerrieben werden. Auch das hätte weltweite Folgen.

Wie verhält man sich als Anleger, wenn es so weit kommt wie hier beschrieben? Vorausgesetzt, Sie haben Ihr Vermögen auf den eigenen Bedarf hin strukturiert und dabei auch an Gold, Silber und viel Liquidität gedacht, brauchen Sie nichts zu unternehmen. Lassen Sie dann einfach die Aktienkurse an sich vorbeiziehen und begehen Sie auf keinen Fall den Fehler, mit Aktien zu liebäugeln, nur weil ihre Kurse um 20, um 30 oder noch mehr Prozent gefallen sind - sie können ja noch weiter fallen, und das Szenario in einem Jahr oder noch später kann ein völlig anderes sein als das aktuelle.

Nachdem ich dazu vor einer Woche die Metapher von den geschlachteten Bullen gewählt habe, möchte ich mich heute weniger martialisch von Ihnen verabschieden: Fange nie ein fallendes Messer.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

Neu bei gburek.eu: Dax-Palaver aufs Korn genommen


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