Das Glücksspiel um Deutsche Bank und Commerzbank
20.01.2019 | Manfred Gburek
Deutsche Banken befinden sich schon wieder vor einem gigantischen Umbruch. Der vorangegangene liegt erst gut zehn Jahre zurück, der weiter zurückliegende etwa zwei Jahrzehnte. Wer die Bankengeschichte verfolgt, stößt immer wieder auf eine Mischung aus Missmanagement und Fehlspekulationen, aus unausgegorenen Geschäftsmodellen und einer zur Schau getragenen Arroganz.
Der nächste Umbruch steht bevor. Denn Deutsche Bank und Commerzbank wollen sich neu aufstellen. Wie, steht allerdings noch in den Sternen. In Frankfurt wird seit Wochen sogar über ein Zusammengehen beider Banken spekuliert. Also Grund genug, sich Gedanken darüber zu machen, wie die deutsche Bankenlandschaft in absehbarer Zukunft aussehen könnte.
Die Deutsche Bank hat mehrere Großaktionäre, an erster Stelle BlackRock, führender Vermögensverwalter der Welt aus den USA, mit 4,81 Prozent Anteil am Grundkapital. Auch die Commerzbank hat Großaktionäre, unter anderen den Bund mit gut 15 Prozent und BlackRock mit etwas unter 5 Prozent. Allein schon aus diesen Daten zeigt sich, wie kompliziert eine Fusion beider Banken zu werden droht.
Denn es geht bei beiden Banken nicht etwa um betriebswirtschaftlichen Kleinkram, sondern um in die Zukunft gerichtete Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung des knallharten Wettbewerbs durch Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, Fintechs und amerikanische Konzerne von Paypal bis Amazon oder Apple, deren Datenarsenal ausreicht, um deutschen Instituten im Zahlungsverkehr immer näher zu rücken.
Das alles vor dem Hintergrund minimaler bis gar keiner Margen im deutschen Kreditgeschäft, problematischer Transaktionen im Investment Banking und ungelöster Probleme außerhalb des eigentlichen Bankgeschäfts. Beispielsweise sieht sich die Deutsche Bank mit einer Unzahl von juristischen Auseinandersetzungen - speziell in den USA - konfrontiert, während die Commerzbank mit ihren gut 15 Prozent Bundesanteil einen Klotz am Bein hat.
Das Glücksspiel beider Banken, das sich seit etwa zwei Jahrzehnten mal mehr, mal weniger um das Investment Banking, um Neuerungen wie Bank24 und Nachfolger oder comdirect und zuletzt sogar um die Raumausstattung von Filialen drehte, ist also dort angelangt, wo es eigentlich von vornherein hingehört hat: bei der Suche nach einer in die Zukunft gerichteten Strategie.
Soll sie erfolgreich sein, werden die Manager der Deutschen Bank und der Commerzbank allerdings mit einem Problem konfrontiert, das zum Politikum ersten Grades auszuarten droht: Entlassungen, üblicherweise Personalabbau genannt, flankiert von Abfindungen, die sehr viel Geld kosten würden. Auch der dadurch ausgelöste Imageschaden wäre dann gewaltig, dies allein schon deshalb, weil die Banken ihre ausscheidenden Manager während der vergangenen Jahrzehnte zum Abschied mit hohen Boni verwöhnt haben.
Angenommen, beide Banken entscheiden sich trotz all dieser Widrigkeiten für eine Fusion, die auch von den Großaktionären und vom Bund abgenickt würde. Dann gilt es, zusätzlich zur in diesem Fall zu erwartenden Kündigungswelle auch die Folgen für das laufende Geschäft zu verarbeiten. So können aus Partnern sehr schnell Gegner werden. Daraus folgt, dass die Fusion sich in die Länge ziehen dürfte. Entscheidend wird dann etwa sein, welche Sparten und Funktionen doppelt besetzt sind, ob die Kulturen beider Banken überhaupt zueinander passen oder welche gemeinsame Software zum Einsatz kommen soll.
Die frühere Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank bietet da ein mahnendes Beispiel. Seinerzeit nannte die Dresdner sich „Beraterbank“, ohne wirklich eine solche zu sein. Denn sie hatte offenbar so etwas vor, was der AWD-Strukturvertrieb von Carsten Maschmeyer mit zweifelhaftem Erfolg bereits längst praktiziert hatte: Verkauf von Fonds und weiteren Finanzprodukten durch auf den Vertrieb und hohe Provisionen getrimmte Verkäufer. Doch schon bald stellte sich heraus, dass dieses Geschäftsmodell nicht funktionieren konnte, weil man aus Bankern der alten Schule nicht von heute auf morgen - wenn überhaupt - erfolgreiche Verkäufer machen kann.
Das Geschäft mit Fonds war für Banken und Sparkassen viele Jahre lang lukrativ, weil sie über hohe Provisionen (im Bankenjargon: Ausgabeaufschläge), Gebühren und Transaktionskosten aus dem Vollen schöpfen konnten. Diese Zeiten sind vorbei. Denn zum einen haben sich die Institute mit eigenen Direktbanken die Konkurrenz ins Haus geholt, zum anderen sind die Kunden zunehmend auf ETFs (börsengehandelte Fonds) umgeschwenkt, die nicht mit hohen Nebenkosten belastet sind.
Fonds bilden einen wesentlichen Bestandteil der Vermögensverwaltung. Und weil viele Menschen nach Überwindung der Finanzkrise von 2007 bis 2009 unvorstellbar reich geworden sind, müssen Deutsche Bank und Commerzbank - egal, ob fusioniert, anderweitig verbandelt oder beide für sich allein - jetzt so schnell wie möglich die Weichen für das kommende Fondsgeschäft stellen.
Die Konkurrenz ist mit Deka und Union, mit BlackRock, Franklin Templeton, Fidelity, UBS und vielen weiteren reichlich besetzt und knallhart. Trotzdem bleibt beiden Banken nichts anderes übrig, als ihr Fondsgeschäft zu forcieren - allein schon deshalb, weil das Kreditgeschäft wegen der niedrigen Zinsen kaum Gewinne abwirft und weil das Investment Banking so gut wie voll in ausländischer Hand ist.
Daraus folgt für private Anleger, dass sie es in Zukunft mehr als bisher ohnehin schon mit einer besonderen Spezies von Anlageberatern der Banken und Sparkassen zu tun bekommen werden: Mit Verkäufern, die darauf getrimmt sind, ihre Kunden in zielgerichtete Gespräche zu verwickeln, um ihnen hauseigene Fonds zu empfehlen. Dazu passt übrigens, dass die Institute während der vergangenen Jahre viel Geld in die bereits erwähnte Raumausstattung investiert haben. Denn wer ein Mal das Ambiente einer Filiale – vor sich den spendierten Cappuccino - genossen hat, lässt sich erfahrungsgemäß leichter zu Anlageentscheidungen verführen.
Dieser Aspekt wird während der kommenden Wochen an Bedeutung gewinnen, weil die Veröffentlichung der Fondsergebnisse zum Jahresende 2018 ansteht. Dann wird es wieder heißen: Erster in der Kategorie deutsche Aktienfonds 2018, dto. in den vergangenen drei, fünf und zehn Jahren, also in insgesamt vier Zeitabschnitten. Dazu: Erster in der Kategorie internationale Aktienfonds, in den Kategorien Renten-, gemischte und Immobilienfonds 2018, in drei, fünf und zehn Jahren. Wir haben es also mit sechs großen Fondskategorien zu tun (darüber hinaus gibt es noch einige kleine). Multipliziert man diese sechs mit den genannten vier Zeitabschnitten, ergeben sich 24 Siegerfonds.
Es kommt noch dicker: Fonds werben im Kampf um Kunden mit ihren Ergebnissen auch dann, wenn sie nicht zu den ersten Siegern gehören, sondern am zweit- oder drittbesten abgeschnitten haben. Das erweitert ihre Zahl um 2 mal 24, macht zusammen 72: Futter für Fondsverkäufer. Aber weitgehend wertlos, weil es um die Vergangenheit und nicht um die Zukunft geht. Der Fairness halber sei hinzugefügt, dass es Ausnahmen gibt. Doch um welche es sich handelt, können die wenigsten Anleger wissen, Fondsverkäufer auch nicht.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Neu bei gburek.eu: Im Durcheinander ab ins Alter!
Der nächste Umbruch steht bevor. Denn Deutsche Bank und Commerzbank wollen sich neu aufstellen. Wie, steht allerdings noch in den Sternen. In Frankfurt wird seit Wochen sogar über ein Zusammengehen beider Banken spekuliert. Also Grund genug, sich Gedanken darüber zu machen, wie die deutsche Bankenlandschaft in absehbarer Zukunft aussehen könnte.
Die Deutsche Bank hat mehrere Großaktionäre, an erster Stelle BlackRock, führender Vermögensverwalter der Welt aus den USA, mit 4,81 Prozent Anteil am Grundkapital. Auch die Commerzbank hat Großaktionäre, unter anderen den Bund mit gut 15 Prozent und BlackRock mit etwas unter 5 Prozent. Allein schon aus diesen Daten zeigt sich, wie kompliziert eine Fusion beider Banken zu werden droht.
Denn es geht bei beiden Banken nicht etwa um betriebswirtschaftlichen Kleinkram, sondern um in die Zukunft gerichtete Geschäftsmodelle unter Berücksichtigung des knallharten Wettbewerbs durch Sparkassen, Volks- und Raiffeisenbanken, Fintechs und amerikanische Konzerne von Paypal bis Amazon oder Apple, deren Datenarsenal ausreicht, um deutschen Instituten im Zahlungsverkehr immer näher zu rücken.
Das alles vor dem Hintergrund minimaler bis gar keiner Margen im deutschen Kreditgeschäft, problematischer Transaktionen im Investment Banking und ungelöster Probleme außerhalb des eigentlichen Bankgeschäfts. Beispielsweise sieht sich die Deutsche Bank mit einer Unzahl von juristischen Auseinandersetzungen - speziell in den USA - konfrontiert, während die Commerzbank mit ihren gut 15 Prozent Bundesanteil einen Klotz am Bein hat.
Das Glücksspiel beider Banken, das sich seit etwa zwei Jahrzehnten mal mehr, mal weniger um das Investment Banking, um Neuerungen wie Bank24 und Nachfolger oder comdirect und zuletzt sogar um die Raumausstattung von Filialen drehte, ist also dort angelangt, wo es eigentlich von vornherein hingehört hat: bei der Suche nach einer in die Zukunft gerichteten Strategie.
Soll sie erfolgreich sein, werden die Manager der Deutschen Bank und der Commerzbank allerdings mit einem Problem konfrontiert, das zum Politikum ersten Grades auszuarten droht: Entlassungen, üblicherweise Personalabbau genannt, flankiert von Abfindungen, die sehr viel Geld kosten würden. Auch der dadurch ausgelöste Imageschaden wäre dann gewaltig, dies allein schon deshalb, weil die Banken ihre ausscheidenden Manager während der vergangenen Jahrzehnte zum Abschied mit hohen Boni verwöhnt haben.
Angenommen, beide Banken entscheiden sich trotz all dieser Widrigkeiten für eine Fusion, die auch von den Großaktionären und vom Bund abgenickt würde. Dann gilt es, zusätzlich zur in diesem Fall zu erwartenden Kündigungswelle auch die Folgen für das laufende Geschäft zu verarbeiten. So können aus Partnern sehr schnell Gegner werden. Daraus folgt, dass die Fusion sich in die Länge ziehen dürfte. Entscheidend wird dann etwa sein, welche Sparten und Funktionen doppelt besetzt sind, ob die Kulturen beider Banken überhaupt zueinander passen oder welche gemeinsame Software zum Einsatz kommen soll.
Die frühere Übernahme der Dresdner Bank durch die Commerzbank bietet da ein mahnendes Beispiel. Seinerzeit nannte die Dresdner sich „Beraterbank“, ohne wirklich eine solche zu sein. Denn sie hatte offenbar so etwas vor, was der AWD-Strukturvertrieb von Carsten Maschmeyer mit zweifelhaftem Erfolg bereits längst praktiziert hatte: Verkauf von Fonds und weiteren Finanzprodukten durch auf den Vertrieb und hohe Provisionen getrimmte Verkäufer. Doch schon bald stellte sich heraus, dass dieses Geschäftsmodell nicht funktionieren konnte, weil man aus Bankern der alten Schule nicht von heute auf morgen - wenn überhaupt - erfolgreiche Verkäufer machen kann.
Das Geschäft mit Fonds war für Banken und Sparkassen viele Jahre lang lukrativ, weil sie über hohe Provisionen (im Bankenjargon: Ausgabeaufschläge), Gebühren und Transaktionskosten aus dem Vollen schöpfen konnten. Diese Zeiten sind vorbei. Denn zum einen haben sich die Institute mit eigenen Direktbanken die Konkurrenz ins Haus geholt, zum anderen sind die Kunden zunehmend auf ETFs (börsengehandelte Fonds) umgeschwenkt, die nicht mit hohen Nebenkosten belastet sind.
Fonds bilden einen wesentlichen Bestandteil der Vermögensverwaltung. Und weil viele Menschen nach Überwindung der Finanzkrise von 2007 bis 2009 unvorstellbar reich geworden sind, müssen Deutsche Bank und Commerzbank - egal, ob fusioniert, anderweitig verbandelt oder beide für sich allein - jetzt so schnell wie möglich die Weichen für das kommende Fondsgeschäft stellen.
Die Konkurrenz ist mit Deka und Union, mit BlackRock, Franklin Templeton, Fidelity, UBS und vielen weiteren reichlich besetzt und knallhart. Trotzdem bleibt beiden Banken nichts anderes übrig, als ihr Fondsgeschäft zu forcieren - allein schon deshalb, weil das Kreditgeschäft wegen der niedrigen Zinsen kaum Gewinne abwirft und weil das Investment Banking so gut wie voll in ausländischer Hand ist.
Daraus folgt für private Anleger, dass sie es in Zukunft mehr als bisher ohnehin schon mit einer besonderen Spezies von Anlageberatern der Banken und Sparkassen zu tun bekommen werden: Mit Verkäufern, die darauf getrimmt sind, ihre Kunden in zielgerichtete Gespräche zu verwickeln, um ihnen hauseigene Fonds zu empfehlen. Dazu passt übrigens, dass die Institute während der vergangenen Jahre viel Geld in die bereits erwähnte Raumausstattung investiert haben. Denn wer ein Mal das Ambiente einer Filiale – vor sich den spendierten Cappuccino - genossen hat, lässt sich erfahrungsgemäß leichter zu Anlageentscheidungen verführen.
Dieser Aspekt wird während der kommenden Wochen an Bedeutung gewinnen, weil die Veröffentlichung der Fondsergebnisse zum Jahresende 2018 ansteht. Dann wird es wieder heißen: Erster in der Kategorie deutsche Aktienfonds 2018, dto. in den vergangenen drei, fünf und zehn Jahren, also in insgesamt vier Zeitabschnitten. Dazu: Erster in der Kategorie internationale Aktienfonds, in den Kategorien Renten-, gemischte und Immobilienfonds 2018, in drei, fünf und zehn Jahren. Wir haben es also mit sechs großen Fondskategorien zu tun (darüber hinaus gibt es noch einige kleine). Multipliziert man diese sechs mit den genannten vier Zeitabschnitten, ergeben sich 24 Siegerfonds.
Es kommt noch dicker: Fonds werben im Kampf um Kunden mit ihren Ergebnissen auch dann, wenn sie nicht zu den ersten Siegern gehören, sondern am zweit- oder drittbesten abgeschnitten haben. Das erweitert ihre Zahl um 2 mal 24, macht zusammen 72: Futter für Fondsverkäufer. Aber weitgehend wertlos, weil es um die Vergangenheit und nicht um die Zukunft geht. Der Fairness halber sei hinzugefügt, dass es Ausnahmen gibt. Doch um welche es sich handelt, können die wenigsten Anleger wissen, Fondsverkäufer auch nicht.
© Manfred Gburek
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
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