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Die kurzen Beine der Lügner-Kredite

23.03.2007  |  Claus Vogt
- Seite 3 -
Auf der Suche nach dem Boden der Immobilienbaisse

In den vergangenen Wochen und Monaten wurde das angeblich unmittelbar bevorstehende Ende der US-Immobilienbaisse bereits mehrfach verkündet. Nicht ganz überraschend befand sich unter diesen Analysten und Kommentatoren, die jedes noch so schwache Licht stets als das Ende des Tunnels interpretieren, auch der größte Cheerleader, den das moderne Zentralbankwesen bisher hervorgebracht hat, nämlich Alan Greenspan, der ehemalige Präsident der US-Notenbank. Seine extrem laxe Geldpolitik war die notwendige Bedingung für das Entstehen der Aktienblase Ende der 90er Jahre und nach deren Platzen für das Entstehen der Immobilienblase. Seine Lagebeurteilung erscheint mir in jeder Hinsicht die gebotene Objektivität vermissen zu lassen.

Dieses verfrühte Verkünden des Endes eines Abwärtstrends ist übrigens ein vollkommen normales Phänomen am Beginn einer Baisse. Vielleicht erinnern Sie sich ja noch daran, dass auch in den Jahren 2000 bis 2002 jedes noch so belanglose Zeichen einer möglichen Trendwende zum Besseren sowohl an den Märkten als auch in der Wirtschaft dazu verwendet wurde, den Boden an der NASDAQ oder am Neuen Markt zu verkünden. Im Unterschied zu den vorsichtigen oder vielleicht sogar übervorsichtigen Analysten, die in Boomzeiten weniger gut abschneiden, bescheren die Daueroptimisten und Schönredner ihrem Publikum in der Abwärtsphase des Zyklus’ verheerende Verluste. Ich befürchte, dass sich in den von der Immobilienblase betroffenen Ländern und Regionen bereits wieder dieses bekannte Muster entwickelt.

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US-Neubaubeginne in tausend, 1993 bis 2007. Quelle: Northern Trust
Um in dieser Grafik Hinweise auf eine Bodenbildung am Immobilienmarkt erkennen zu können,
bedarf es einer überaus blühenden Phantasie.


Neubaubeginne bestätigen Immobilienbaisse

Wie auch immer das sei, die Entwicklung an den US-Immobilien und Hypothekenmärkten zeigt weiterhin klar nach unten. Die in diesen Sektoren tätigen Unternehmen haben Anfang des Jahres bei der Präsentation ihrer Quartalszahlen kein Licht am Ende des Tunnels erkennen können.

Bestätigt wurde diese erfrischend ungeschönte Lagebeurteilung seitens der Industrie durch die Mitte Februar veröffentlichten Zahlen der Neubaubeginne. Diese für den Immobilienmarkt so wichtige Kennzahl ging im Januar annualisiert um 14,3% auf eine Jahresrate von 1,408 Mio. Häuser zurück. Im Vergleich zum Vorjahr betrug der Rückgang stattliche 37,8%. Wie Sie der nebenstehenden Grafik entnehmen können reiht sich dieser Indikator jetzt in die immer breiter werdende Phalanx von Kennzahlen ein, die auf eine drohende Rezession hinweisen.

Dieser Rückgang ist nebenbei bemerkt der stärkste Einbruch seit der Rezession von 1990/91. Damals geriet mit dem US-Sparkassensektor (Savings & Loans) ein wichtiger Teil des US-Finanzsystems in extrem ernsthafte Schwierigkeiten, in deren Verlauf zahlreiche Institute geschlossen werden mussten. Den Steuerzahler kostete diese traurige Episode hunderte von Mrd. Dollar.

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US-Neubaubeginne, jährliche Veränderung in %, 1960 bis 2007. Quelle: Northern Trust
Ein vergleichbar starker Rückgang der Neubaubeginne ging in der Vergangenheit immer mit
Rezessionen einher. Die grün unterlegten Bereiche der Grafik markieren Rezessionen.


Die oben erwähnten Schönredner hatten ihre Hoffnungen in den vergangenen beiden Monaten auf diese Statistik gestützt, die sowohl im Dezember als auch im November einen leichten Anstieg zeigte. Die nahe liegende Erklärung der etwas kritischeren Beobachter verwies auf das ungewöhnlich warme Wetter und auf die Tatsache, dass selbst sehr ausgeprägte Abwärtstrends keine Einbahnstraßen sind, sondern von Gegenbewegungen unterbrochen werden.


US-Immobilienabsatz bricht erneut ein

Der Absatz neu gebauter Einfamilienhäuser ging im Januar im Jahresvergleich um 20,1% zurück. Daraus ergibt sich eine annualisierte Rate von 937.000 Häusern. Das ist das niedrigste Niveau seit vier Jahren. Der Rückgang der Geschäftstätigkeit betraf alle Regionen der USA.

Auch die Anzahl der leerstehenden Immobilien wirft ein interessantes Licht auf den ungesunden Zustand des US-Immobilienmarkts. Ende 2006 standen 2,1 Mio. Häuser leer, das waren 34% mehr als im Vorjahr. Leerstehende Häuser verkaufen sich normalerweise besser als vermietete. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass sich hinter dieser sehr hohen Leerstandsquote Immobilien verbergen, die prinzipiell zum Verkauf stehen. Außerdem kann man wohl davon ausgehen, dass diese Immobilien von Spekulanten gekauft wurden, die niemals vorhatten, das Haus zu bewohnen. Oder es muss sich um Häuser handeln, deren Besitzer sich bereits eine neue Bleibe gesucht haben noch bevor sie die Alte verkaufen konnten. Alle hier beschriebenen Varianten deuten auf einen im Zeitablauf steigenden Verkaufsdruck bei diesen leerstehenden Immobilien hin.

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Anzahl verkaufter neu erstellter US-Einfamilienhäuser, 2001 bis 2007. Quelle: Northern Trust
Auch diese Statistik deutet nicht auf das Ende der Immobilienbaisse hin.


Die Anzahl der zum Verkauf stehenden neu gebauten Einfamilienhäuser stieg im Januar weiter an und erreichte mit 175.000 Einheiten einen neuen Rekord. Das kleine Einmaleins der Ökonomen besagt, dass steigendes Angebot und fallende Nachfrage zu rückläufigen Preisen führen. Vor diesem Hintergrund erscheint die gängige Prognose eines baldigen Endes der gerade erst begonnenen US-Immobilienbaisse argumentativ wenig untermauert zu sein.

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Anzahl zum Verkauf stehender neu erstellter US-Einfamilienhäuser, 1965 bis 2007. Quelle: Northern Trust
Ein durch die Decke gehendes Angebot führt normalerweise zu fallenden Preisen.


Der durchschnittliche Preis eines Einfamilienhauses fiel im Jahresvergleich übrigens um 2,1% auf 239.800 Dollar. Das kleine Einmaleins der Ökonomen scheint also weiterhin zu gelten. Erinnern Sie sich in diesem Zusammenhang noch an Greenspans einst vehement vorgetragenen Versicherungen, dass es eine das ganze Land betreffende Immobilienbaisse in den USA nicht geben könne?



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