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Attacken auf das Bargeld

05.01.2020  |  Manfred Gburek
Das war zu erwarten: Sonderboom beim Goldhandel, bevor die Obergrenze für Bargeschäfte zu Jahresbeginn von 10.000 auf 2.000 Euro sank. Wer jetzt Bares für Gold einsetzt, überschreitet die Obergrenze zum Beispiel schon mit dem Kauf von zwei Goldmünzen zu je einer Unze Feingewicht (31,1 Gramm). Warum so eine Restriktion? Weil der Staat offenbar alle Bundesbürger als potenzielle Terroristen einstuft oder weil er sie mindestens der Geldwäsche verdächtigt. Und das, obwohl Geldwäschefälle mit Gold während der vergangenen Jahre in Deutschland so gut wie nicht stattgefunden haben.

Das kann man von Bargeschäften in Gaststätten und Bäckereien oder Metzgereien nicht gerade behaupten. Aber muss dann gleich eine Zettelwirtschaft her, die massenweise Papierschnipsel hinterlässt, die der Umwelt nicht gerade zuträglich sind? Da ist der deutsche Michel wieder mal den Brüsseler Bürokraten aufgesessen. Alternativlos, lautet die Begründung. Kollateralschaden: Traditionellen Gastwirten, Bäckern, Metzgern und vielen weiteren mittelständischen Berufen drohen Umsatzeinbußen - womöglich zugunsten der großen Fast Food-Ketten, die überwiegend schon längst digitalisiert sind.

Die Episode mit der ursprünglich von 15.000 auf 10.00 und zuletzt wie erwähnt von 10.000 auf 2.000 Euro gesenkten Obergrenze ist nur der minimale Teil einer internationalen Kampagne, die sich gegen das Bargeld richtet. Angeführt vom Internationalen Währungsfonds (IWF), in dem die USA über eine Sperrminorität verfügen, nehmen die Attacken auf das Bargeld global zu. Diese Entwicklung findet nicht zuletzt im Sinn der führenden Finanzkonzerne statt, zum Teil unterfüttert durch "wissenschaftliche" Argumente von Professoren wie Kenneth Rogoff oder - noch schlimmer - durch geheime Absprechen von Finanzministern.

Der letzte Punkt hat es besonders in sich: Die Finanzminister von Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Lettland und den Niederlanden plädieren, von der Öffentlichkeit kaum beachtet, für ein europäisches Aufsichtsverfahren einschließlich eines gemeinsamen Aufsehers, der mit den nationalen Behörden zusammenarbeiten soll. Da kann man sich das Gerangel um Kompetenzen so richtig vorstellen. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass bereits jetzt erhebliche Auseinandersetzungen zwischen den bereits vorhandenen Behörden und den Finanzministern der sechs Länder stattfinden.

Dreh- und Angelpunkt beim Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ist über die Gestaltung der Aufsicht hinaus der Zahlungsverkehr. Einst so etwas wie ein Schmuddelkind der Finanzbranche, ist er zum heiß umkämpften Schlachtfeld der Finanz- und Technologiekonzerne geworden. Amazon, Apple, Facebook und Google aus den USA, Alipay und WeChat aus China, sie alle beherrschen den Zahlungsverkehr; Europa hinkt weit hinterher.

Das erinnert an die Episode eines deutschen Geschäftsmanns in Shanghai, der ein Abendessen bar bezahlen wollte: Der Kellner winkte spontan ab. Erst nach einer minutenlangen Auseinandersetzung mit dem Geschäftsführer des Restaurants gelang es dem Deutschen, die Rechnung ausnahmsweise doch noch bar begleichen zu dürfen.

Wahrscheinlich haben die europäischen Anbieter von Zahldiensten in diesem Jahr die letzte Chance, gegen die geballte Macht der amerikanischen und wohl auch der chinesischen Finanzkonzerne anzukämpfen. Ob mit Erfolg, steht in den Sternen.

Tatsache ist jedenfalls, dass sie sich entscheiden müssen: Zwischen dem weiteren Verharren auf einer vielseitigen Mischung aus girocard-, Smartphone-, sonstigen digitalen Angeboten und Bargeld einerseits. Oder einer gesamteuropäischen digitalen Lösung, andererseits, für die es allerdings höchste Zeit wäre - falls sie überhaupt die Chance auf Realisierung hätte, was äußerst zweifelhaft ist. Daraus folgt: Mögen die Attacken auf das Bargeld noch so wortreich daherkommen, nützen werden sie nichts.

Derweil lassen die EU-Finanzminister nicht locker, indem sie sogar versuchen, eine digitale Zentralbankwährung zu lancieren. Was es damit auf sich hat, führt mittelbar wieder zum Bargeld. Denn diese Währung soll verwendet werden, falls weniger Bargeld gebraucht wird – ein weiterer Versuch, den Menschen eine Digitalwährung aufzuzwingen, sozusagen als Reaktion auf den Vorstoß von Facebook, die Libra-Währung einzuführen.

Das alles ist derart verwirrend, dass man sich fragt, ob die EU-Finanzminister überhaupt noch den Durchblick haben. Zweifel sind angebracht. Und so bleibt es dabei, dass Bargeld in Deutschland beim Einkaufen das mit Abstand am meisten genutzte Zahlungsmittel ist: nach Schätzung der Bundesbank bei drei Vierteln aller Zahlungen. Da kann es kaum verwundern, dass der Bargeldanteil am deutschen Zahlungsverkehr nur geringfügig fällt.

Bekanntlich bedeutet Bargeld Freiheit. Die haben sich die Bundesbürger genommen; und sie sehen nicht ein, warum sie diese Freiheit gegen digitalisierte Zahldienste tauschen sollen. Wir sind eben nicht in Schweden, wo sogar der Obolus in der Kirche elektronisch erfasst wird. Für junge Menschen aus der Generation Y oder Z ist es selbstverständlich, Einkäufe - und seien sie noch so klein - mittels Smartphone zu bezahlen. Aber bis auf Weiteres bilden sie eine Minderheit.

Zum Schluss noch ein Hinweis auf den bereits erwähnten IWF, der demnächst mit Sicherheit wieder versuchen wird, eine Anti-Bargeld-Kampagne zu starten. Er setzte sich im vergangenen Jahr für die Zweiteilung des Geldes ein: eine elektronische Variante ohne, eine Papier-Variante mit Abzug vom offiziellen Wert. Zufall oder nicht: Für diesen Quatsch war an oberster Stelle Christine Lagarde verantwortlich, damals IWF-Chefin, nun Präsidentin der EZB.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

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