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Die nächsten Schläge gegen das Bargeld

19.01.2020  |  Manfred Gburek
Mittlerweile vergeht kaum eine Woche ohne den einen oder anderen Versuch, den Bargeldumlauf einzudämmen - und sei es nur mittelbar, wie zuletzt am vergangenen Donnerstag. Da machte Felix Hufeld, Präsident der deutschen Finanzaufsicht BaFin, den folgenden Vorschlag: "Eine separate europäische Behörde, mit den nationalen Behörden zu einem engen Netz verwoben, wäre aus meiner Sicht die beste Lösung, um Geldwäsche im Finanzsektor der EU und eventuell darüber hinaus wirksam zu bekämpfen."

Der nächste Versuch ist vonseiten der EZB zu erwarten. Er wird tiefgreifender sein, weil ein Projekt der EZB-Präsidentin Christine Lagarde dahintersteckt. Sie hat nämlich eine Arbeitsgruppe einberufen, die vom kommenden Sommer an Fakten auf den Tisch legen soll. Lagardes Ziel ist, eine von Zentralbanken gestützte Digitalwährung zu etablieren, Kennwort CBDC: Central Bank Digital Currency.

Das Projekt ist schon weit gediehen, ohne dass die breite Öffentlichkeit davon Kenntnis genommen hätte. Wie denn auch? Es basiert ja auf einem längst noch nicht allgemein bekannten Arbeitspapier des EZB-Generaldirektors Ulrich Bindseil. Er plädiert für die Einführung eines Zinssystems mit CBDC-Konten in zwei Stufen. Dieses System soll dann, beginnend an einer bestimmten Schwelle, für unattraktive Zinsen sorgen. Das ist natürlich umstritten, weil CBDC-Konten zur Steuerung der Geldpolitik beitragen können.

So weit das grundsätzliche Finanz-Chinesisch. Und was hat das mit dem Bargeld zu tun? Eine ganze Menge, denn die Digitalwährung CBDC stünde in Konkurrenz zum Bargeld. Dazu rechnet Bindseil vor: Umlaufend sind derzeit Banknoten im Wert von 1,2 Billionen Euro. Wertpapiere sind 3 Billionen Euro, die Überschussreserven des Bankensystems knapp 2 Billionen Euro wert. Für 340 Millionen EU-Bürger würde bei voller Nutzung 1 Billion Euro auf CBDC-Konten landen. Dieser Betrag dürfte in erster Linie Bargeld ersetzen, das dadurch an Bedeutung verlöre.

Ein weiterer Effekt betrifft auf dem Umweg über Banken und Sparkassen auch deren Kunden. Wie das? Nun, die EZB hat, ebenso wie andere Zentralbanken, die Oberhoheit über die Geldmenge. Das bedeutet im Hinblick auf die Digitalwährung CBDC: Mit steigendem Anteil an der Geldmenge kann die EZB den Banken und Sparkassen einen Teil der Existenzgrundlage entziehen, nämlich mittels Kreditgeschäft Geld schöpfen zu können. Dadurch verringern sich die Chancen der Kunden, Kredite zu bekommen.

Die ganze Diskussion über die neue Digitalwährung mag zwar noch so abgehoben erscheinen, aber ihre Relevanz für die Zukunft des Geldes ist unumstritten. Das auch deshalb, weil sie unter anderem dem Kampf gegen das Bargeld dienen kann, wie das erwähnte Beispiel mit den CBDC-Konten belegt. Dieser Kampf ist bislang noch nicht koordiniert. Doch selbst wenn es nie dazu käme, würde er allseits Spuren hinterlassen. Denn an Versuchen zur Abschaffung des Bargelds arbeiten so viele Interessengruppen, dass sich deren Koordination erübrigt.

Greifen wir eine Gruppe heraus, die 2012 gegründet wurde, ihre Zentrale in New York hat und global aktiv ist: Better Than Cash Alliance. Sie verfügt derzeit über 75 Mitglieder aus Regierungen, Unternehmen und internationalen Organisationen. Der weitaus größte Teil der Regierungen stammt aus armen Ländern. Zu den Unternehmen gehören neben den Bezahldiensten Mastercard und Visa auch Konzerne wie Unilever oder H&M. Das Ziel der Gruppe besteht nach eigener Aussage darin, den Wandel von Bargeld- zu Digitalzahlungen zu beschleunigen.

Für das entgegengesetzte Ziel, nämlich das Zahlen mit Bargeld solange wie möglich zu erhalten, hat jahrelang die Deutsche Bundesbank gekämpft. Sie läuft allerdings zunehmend Gefahr, von anderen nationalen Banken der Euroländer ausgetricks zu werden. Für diese These spricht jedenfalls die eingangs erwähnte, von der EZB-Präsidentin Christine Lagarde etablierte Arbeitsgruppe.

Deutsche Politiker halten sich weitgehend bedeckt, wenn es um das Bekenntnis zum Bargeld geht. Falls sie sich doch öffentlich dazu äußern, laufen sie Gefahr, als Befürworter von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung diffamiert zu werden. Insofern grenzt es fast schon an ein Wunder, dass der AfD-Bundestagsabgeordnete Anton Friesen zusammen mit seiner AfD-Fraktion Antworten der Bundesregierung zu sieben umfangreichen Fragen erwirken konnte - auch wenn die Antworten zum Teil sehr kurz ausfielen, wenn es ans Eingemachte ging. Quelle: Bundestagsdrucksache 19/5242 vom 24.10.2018

Die beiden folgenden Beispiele machen deutlich, worum es geht. Frage: "Hält die Bundesregierung an Bargeld als gesetzlichem Zahlungsmittel langfristig fest?“ Antwort: "Ja." Frage: "Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass die Abschaffung von Bargeld einem Förderprogramm für Banken gleichzusetzen ist?" Antwort: "Die Bundesregierung verfügt über keine belastbaren Analysen, welche Folgen eine Abschaffung von Bargeld im Bankensektor nach sich ziehen würde."

Das Frage-Antwort-Spiel Nummer sieben hat es besonders in sich. Frage: "Unterstützt die Bundesregierung die Better Than Cash Alliance?" Antwort: "Die Bundesregierung hat die Better Than Cash Alliance in den Jahren 2016 - 2018 mit insgesamt 500.000 Euro (aus Mitteln des Einzelplans 23) unterstützt. Eine weiterführende Unterstützung ist derzeit nicht geplant."

Zwar gehört es offiziell nicht zu den Aufgaben der Bundesregierung, sich in die Geldpolitik der EZB einzumischen. Aber wenn sie nicht aufpasst, kann Folgendes passieren: EZB-Chefin Christine Lagarde und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schließen insgeheim einen Pakt, mit dem sie versuchen, sich von der neuen Digitalwährung das beste Stück abzuschneiden. Dem derzeit ohnehin führungsschwachen Deutschland bliebe dann die Zuschauerrolle zugewiesen, zumal die Bundesregierung sich nicht gerade als Kompetenzzentrum in Sachen Finanzen präsentiert - das Gegenteil ist der Fall.

Zur allgemeinen deutschen Befindlichkeit wurden in letzter Zeit viele Bücher geschrieben. Zu Recht, denn viel liegt im Argen. Wenn alles so weiter geht wie bisher, ist sogar damit zu rechnen, dass die Achse Lagarde-Macron in Europa die unangefochtene Führungsrolle übernimmt. Jedenfalls hat diese Achse die EZB schon im Griff.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu



Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.

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