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Das Gold ist mehr als nur ein 'sicherer Hafen'

02.03.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa. (1) Die Kaufkraft wurde berechnet, indem 1 US-Dollar beziehungsweise 1 Feinunze Gold durch den Konsumgüterpreisindex dividiert wurde. Serien sind indexiert (Januar 1970 = 100). Schattierte Fläche: Phase, in denen der reale (d. h. inflationsbereinigte) Kurzfristzins null oder negativ war.


Wie in Abb. 1 zu erkennen ist, war die Phase der frühen 1980er Jahre bis 2020 von positiven Realzinsen gekennzeichnet: Die Verzinsung, die man für US-Dollar-Guthaben erzielte, lag im Durchschnitt über der Konsumgüterpreisinflation. Und das machte das Halten von US-Dollar-Bankguthaben attraktiv - und zwar attraktiver als das Halten von Gold, denn wer Gold hält, erzielt keine Zinserträge, beziehungsweise ihm entgehen Zinserträge. Das hat die Goldnachfrage und damit auch den Goldpreis geschmälert.

Zum sollte man an dieser Stelle auch in Rechnung stellen, dass der Goldpreisanstieg zu Beginn der 1980er Jahre außergewöhnlich stark ausfiel - weil viele Investoren fürchteten, die Zentralbanken würden die Kontrolle über die Inflation verlieren, was sich dann nicht in dieser Dimension nicht bewahrheitete.


Gold in der Null- und Negativzinswelt

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts hat es einen "Regimewechsel" gegeben: Die Zentralbanken haben die Zinsen auf extrem niedrige Niveaus geschleust, so niedrig, dass die Zinsen nach Abzug der Inflation vielerorts negativ sind. Daher verwundert es nicht, dass in dieser Phase - wie zuvor schon in den 1970er Jahren - der Goldpreis angezogen hat: Wenn die Realzinsen auf oder gar unter der Nulllinie liegen, ist das Halten von Gold attraktiv. Dem Goldhalter entgegen keine Zinserträge, und er hat gute Gründe zu erwarten, dass das Gold, anders als das ungedeckte Geld, seine Kaufkraft bewahrt.

Der Grund dafür ist der Folgende: Das Austauschverhältnis zwischen Gold und den offiziellen Währungen bildet sich durch Angebot und Nachfrage im Markt. Und die Entwertung der offiziellen Währungen tritt als "steigender Goldpreis" in Erscheinung: Man muss immer mehr Einheiten des offiziellen Geldes hingegeben, um eine Feinunze Gold kaufen zu können.

Und dass in einer Welt der Null- und Negativzinsen - die, damit ist zu rechnen, wohl noch lange andauern wird - auch die Goldnachfrage und damit auch der Goldpreis profitieren werden, das ist sehr wahrscheinlich! Vor allem weil die Geldpolitik, die die Marktzinsen zum Verschwinden bringen will, gewissermaßen auch die Axt an das ungedeckte Geld- und Kreditsystem legt.

Der Versuch, die Aufschwungphase der Weltkonjunktur in Gang zu halten, eine Rezession abzuwenden, lässt eine Abkehr von der Null- und Negativzinspolitik in weite Ferne rücken. Die Zentralbanken kontrollieren vor allem die Kreditmärkte immer stärker, um den reibungslosen Zufluss von immer mehr Kredit und Geld sicherzustellen. Dadurch kommt es letztlich auch zur Kreditfinanzierung von Projekten, die eine geringe Produktivität haben - allen voran staatliche Ausgaben und gering rentierliche Unternehmensinvestitionen. Auch die Konsumenten werden mit Niedrigzinsen in die Verschuldung gelockt, beispielsweise auf dem Wege des kreditfinanzierten Immobilienerwerbs.

Am Beispiel der US-Zentralbank lässt sich eindrücklich illustrieren, wie entschieden die "Inflationierung" bereits betrieben wird, die den Aufschwung der US-Wirtschaft "anschiebt". Abb. 2 zeigt, dass nicht nur die Geldmenge M2 chronisch ausgeweitet wird, sondern dass seit Ende 2008 auch die Basisgeldmenge chronisch ansteigt, sodass die "Gesamtliquidität" der US-Wirtschaft mächtig angeschwollen ist. In diesem Zuge sind insbesondere auch die Vermögenspreise - dazu zählen die Preise von Aktien und Häusern - mächtig angestiegen.

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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa.


Und weil nicht nur die US-Zentralbank, sondern im Grunde alle großen Zentralbanken der Welt die gleiche Geldpolitik verfolgen - Zinsabsenken bis hin zu Null- und Minuszinsen und Ausweiten der Geldmengen -, schwindet die Kaufkraft des ungedeckten Geldes, und es wachsen auch die Risiken in der Weltgeld-Systemarchitektur. Der Kaufkraftentwertung des Geldes zu entkommen, wird dabei eine zentrale Herausforderung sein, der sich der Anleger gegenübersieht. Klassische Anlageformen wie Bankguthaben und verzinsliche Schuldverschreibungen sind nicht mehr zu empfehlen, werden Verluste bescheren.

Das Gold empfiehlt sich als Ersatz für Termin- und Spareinlagen, die immer noch in großen Beträgen bei Banken unterhalten werden. Auch für Anleger, die mit einem unmittelbaren "Crash" rechnen, ist Gold eine attraktive Option. Und auch Anleger, die mit einem Fortgang der Vermögenspreisinflation rechnen, sich aber gegen ein mögliches vorzeitiges Crash-Risiko absichern wollen, können auf Gold setzen. Bei aktuellen Preisen ist das Gold risikomindernd für das Portfolio, gleichzeitig verspricht es einen Wertzuwachs, der der Portfoliorendite zugutekommt. Gerade für Langfristanleger ist das Gold also mehr als nur ein "sicherer Hafen".


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) Siehe hierzu: Polleit, T., Die lange Geschichte des Gold-Geldes, Ludwig von Mises Institut Deutschland, 1. Mai 2019.


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