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Das Gold ist mehr als nur ein 'sicherer Hafen'

02.03.2020  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Gold hat sich im Vergleich zum ungedeckten Geld (also US-Dollar, Euro, Yen und Co.) klar als das bessere Wertaufbewahrungsmittel erwiesen. Das vermutlich noch lange andauernde Null- und Negativzinsregime wird die Goldnachfrage und damit den Goldpreis weiter antreiben.

"Die beste und sicherste Tarnung ist immer noch die blanke und nackte Wahrheit. Die glaubt niemand!" - Max Frisch

Das Gold ist seit rund 5.000 Jahren auf das Engste mit der Menschheitsgeschichte verflochten. Es verkörpert Macht und Reichtum, göttliche Unsterblichkeit, dient als Schmuck und wird für monetäre Zwecke eingesetzt. Vor allem auch letzteres gilt bis auf den heutigen Tag.

Zwar wird das Gold heutzutage in der Regel nicht mehr für Transaktionen eingesetzt. So gesehen wird es nicht als Geld im Tagesgeschäft verwendet. Denn wenn etwas als Geld eingesetzt wird, dann tritt es als Recheneinheit in Erscheinung: Das heißt, man drückt die Tauschrelationen der Güter in Geld aus (beispielsweise kostet 1 Apfel 1 Euro oder 1 US-Dollar). Dennoch gibt es gute Gründe, auch heute noch vom "Goldgeld" zu sprechen.

Gold verfügt über alle Eigenschaften, die "gutes Geld" haben muss: Es ist knapp, in homogenen Einheiten verfügbar, es verdirbt nicht, ist teilbar, prägbar, transportabel, lagerfähig, es wird allgemein wertgeschätzt, und es verkörpert einen relativ hohen Tauschwert pro Gewichtseinheit. Die Menschheit hat wohl bisher kein Geld gehabt, was besser gewesen wäre als das Gold. Das Gold ist nicht etwa aufgrund ökonomischer Erfordernisse von seiner tagtäglichen Geldfunktion verdrängt worden. Es waren politische Willkür und Zwang, die dafür gesorgt haben, dass das Goldgeld durch ungedecktes Papiergeld ersetzt worden ist. (1)


Gold ist etwas Besonderes

Für viele Anleger und viele Investoren ist das Gold dennoch etwas "besonderes" geblieben: Es dient ihnen als "sicherer Hafen". In Krisenzeiten, wenn zum Beispiel Panik an den Börsen herrscht, steigt sehr häufig die Nachfrage nach Gold: Man will dann lieber ein "sicheres" Gut wie Gold anstelle von Wertpapieren halten. Das deutet bereits auf eine wichtige Funktion hin, die das Gold aus Sicht der Anleger und Investoren immer noch erfüllt: die Versicherungsfunktion. Sie besteht zum einen darin, dass das Gold kein Zahlungsausfallrisiko trägt. Bankeinlagen zum Beispiel können ausfallen, wenn die Bank zahlungsunfähig wird. Solch ein Risiko trägt das Gold nicht; es kann nicht Pleite gehen.

Zum anderen versichert das Gold auch gegen Geldentwertung. Das ungedeckte Gold - ob nun US-Dollar, Euro, Schweizer Franken etc. - verliert bekanntlich seine Kaufkraft im Zeitablauf, weil die Zentralbanken die ungedeckte Geldmenge unablässig ausweiten. Dadurch steigen die Güterpreise in die Höhe, und die Kaufkraft des ungedeckten Geldes schwindet. Doch wie kommt es, dass das Gold seine Kaufkraft nicht verliert? Ist das sozusagen eine Gesetzmäßigkeit?

Nun, auf eine Gesetzmäßigkeit kann man sich hier wohl nicht beziehen. Die Erklärung findet sich vielmehr in der ökonomischen Wertschätzung, die die Menschen dem Gold bisher entgegengebracht haben, und die sich im Grunde in den letzten Jahrhunderten, letzten Jahrzehnten nicht zu verändert haben scheint.

Gold hat eben ganz offensichtlich alle Eigenschaften, die die Geldnachfrager an "gutes Geld" stellen. Und dass heutzutage mit Euro, US-Dollar und japanischen Yen bezahlt wird, liegt vor allem daran, dass die Verwendung von Gold (und auch Silber) steuerlich und rechtlichv(*) benachteiligt ist; und natürlich ist auch der Zahlungsverkehr mit ungedecktem Geld einfach und höchst praktikabel, ist für den einzelnen Geldverwender mit sehr geringen Kosten verbunden, zumal die "Gold-Infrakstruktur" (also die Kauf- und Verkauf Möglichkeiten von Gold) in vielen Ländern mittlerweile "unterentwickelt" ist.


(*) Ein Wort zu den Zahlkraftgesetzen

In der Geldtheorie ist das "Greshamsche Gesetz" wohlbekannt. Es ist nach dem englischen Finanzexperten und königlichen Berater Thomas Gresham (1519-1579) benannt, und es besagt das Folgende: Wenn der Wechselkurs zwischen zwei Währungen fixiert ist, dann wird die überbewertete Währung die unterbewertete Währung im Tagesgeschäft verdrängen. Das Greshamsche Gesetz trat in der Währungsgeschichte vielfach in Erscheinung.

Beispielsweise in den Vereinigten Staaten von Amerika, in denen per Münzgesetz von 1792 Gold und Silber mit einem festen Austauschverhältnis zueinander fixiert wurden - und zwar galt: 15 Feinunzen Silber für 1 Feinunze Gold. Kurz danach wertet jedoch das Silber im Markt auf gegenüber dem Gold. Zum offiziellen Austauschverhältnis war das Gold nun überbewertet gegenüber dem Silber, und das Gold verschwand aus dem Zahlungsverkehr, wurde zurückgehalten, und Silber blieb im Umlauf.

Das Greshamsche Gesetz hat auch heute noch einen großen Erkenntniswert, wenn man es in Verbindung bringt mit den Zahlkraftgesetzen. Letztere besagen, kurz gesprochen, dass Geldschulden mittels des gesetzlichen Zahlungsmittels schuldbefreiend bezahlt werden können. (Beispielsweise sind im Euroraum Euro-Banknoten das uneingeschränkte gesetzliche Zahlungsmittel, Euro-Münzen bis zu 50 Münzen pro Zahlung).

Wenn nun aber eine Geldart durch ein Zahlkraftgesetz privilegiert ist, kommen Kreditverträge in anderen 'Geldarten' (wie zum Beispiel in Gold und Silber) nicht zustande. Denn niemand wird Gold oder Silber verleihen, wenn es dem Schuldner am Ende der Kreditlaufzeit freisteht, seine Geldschuld in dem gesetzlichen Zahlungsmittel und nicht in Gold zurückzuzahlen - was er ja machen wird, wenn das gesetzliche Zahlungsmittel an Wert gegenüber dem Gold eingebüßt hat; er ist dann nicht verpflichtet etwas anderes als das (entwertete) gesetzliche Zahlungsmittel schuldbefreiend zu leisten.



Werterhalt mit Gold

Das Gold hat in den letzten Jahrzehnten seine Wertaufbewahrungsfunktion weitaus besser erfüllt als die ungedeckten Währungen. Abb. 1 zeigt beispielsweise die Entwicklung der Kaufkraft des US-Dollar und des Gold seit 1970 bis Januar 2020. Wer in dieser Zeit US-Dollar (mit 3-monatiger Verzinsung) gehalten hat, der konnte mit 100 US-Dollar 238 US-Dollar erzielen; wer Gold gehalten hat, der hat aus 100 US-Dollar 633 US-Dollar gemacht. Nun wird aber der ein oder andere Leser entgegnen: Was war denn in der Zeit zwischen den frühen 1980er Jahren bis Anfang 2020 geschehen? In dieser Phase hat das Gold doch ganz erheblich an Kaufkraft eingebüßt! Wie erklärt sich das?


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