International Man: Gelddruckerei wird die Main Street nicht retten
10.06.2020
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Frank Giustra: Ich bin in Argentinien als kleiner Junge aufgewachsen. Mein Vater verlor dort all seinen Reichtum. Ich kenne mich mit der argentinischen Geschichte sehr gut aus.Wenn Sie einen Blick darauf werfen, was derzeit in den USA passiert, dann wird klar, dass das Land einem ähnlichen Pfad wie Argentinien folgt. Ein Weg, auf dem Politiker alles tun werden, um die Wählerschaft zufrieden zu stellen. Sie drucken Geld, häufen Schulden an. Letztlich folgt Hyperinflation, was die Landeswährung dann wiederum zerstört. Sparer werden vernichtet und jeder muss von Neu anfangen. Ich denke, dass es nicht lange dauern wird, bis sich die USA in einer ähnlichen Situation befinden werden. Und wahrscheinlich früher als ich es letztes Jahr erwartet habe.
International Man: Seit Beginn der weltweiten Quarantäne hat die Federal Reserve Billionen Dollar aus dem Nichts erschaffen, um jeden zu retten - große Unternehmen, kleine Unternehmen, durchschnittliche Amerikaner, Fluglinien, etc. In den letzten Monaten erschuf die US-Regierung so viel Geld aus dem Nichts, wie sie es alleine seit ihrer Gründung tat. Was bedeutet das für den US-Dollar?
Frank Giustra: Die Disziplin ist vom Tisch. Wir sprechen hier von Billionen Dollar, als wären es die Spielergebnisse aus der Bundesliga. Es ist unglaublich; in einem Land, das so zerstritten ist, sind sich Politiker in einer Sache einig - sie werden unendlich Ausgaben tätigen.
Das ist es, was sie derzeit tun. Es gibt keine Opposition gegen die Anreizpakete über 2 bis 3 Billionen Dollar. Das sind diejenigen Fed-Bailouts, die mehrere Billionen Dollar kosteten, um die Märkte zu retten, nicht die Main Street. Und der Tag der Abrechnung für diese nutzlose Gelddruckerei wird kommen. Der US-Dollar wird sich dorthin bewegen, wo jede andere Reservewährung der Geschichte hingegangen ist: in den Abfalleimer.
Es ist faszinierend, da es auf regulärer Basis alle 100 Jahre passiert. Aus irgendeinem Grund glauben die Amerikaner nicht, dass es ihnen passieren wird, denn sie sind ja schließlich Amerika! Ich frage mich, ob die Niederländer so dachte... oder die Franzosen, oder die Briten...
Die Druckerpressen befinden sich nun in einem wahnsinnigen Modus und so wird es auch bleiben. Ich denke nicht, dass es ein Zurück zu irgendeiner Art der Disziplin geben wird - egal ob Fiskal- oder Geldpolitik. Die Tage, in denen das Dollardefizit unter Billionen lag, sind vorbei. Es ist für Politiker viel zu einfach, mit der Hand zu wedeln und zu sagen: "Okay. Packen wir weitere zwei oder drei Billionen Dollar drauf."
Ich denke, dass das staatliche Defizit vor Ende des Jahres bei vier oder fünf Billionen Dollar liegen wird. Sie sind noch nicht fertig. Ein zusätzlicher Stimulus wird folgen. Sie werden herausfinden, dass der Gedanke einer V-förmigen Erholung reine Fantasie ist. Also werden sie mit mehr und mehr Geld um sich werfen.
Ich nahm letzten August an einem Interview teil und wurde spezifisch über den US-Dollar als eine Reservewährung befragt. Ich meinte: "Es ist unausweichlich, dass der US-Dollar an einem bestimmten Punkt aufhört, Reservewährung zu sein, doch das wird noch eine lange Zeit dauern." Sobald die COVID-Krise eintrat, änderte ich meine Meinung diesbezüglich. Nun glaube ich, dass die Tage des US-Dollar kurzfristig gezählt sind, doch ich bin mir nicht sicher, wie genau sich das Ganze entwickeln wird.
Der einzige Grund, warum der Dollar an der Spitze aller anderen Währungen stand - aller anderen Währungen der industrielle Welt - ist die Tatsache, dass er eine tatsächlich Rendite abwarf. So gering diese auch war, es war eine Rendite. Man konnte US-Staatsanleihen erwerben und etwas erhalten, während man gegen Euro oder Yen gar keine oder negative Rendite erhielt.
Letzten Sommer prognostizierte ich, dass die US-Zinsen auf Null gesenkt werden würden, bevor die Rezession eintritt, da Trump bereits darauf aus war. Außerdem meinte ich, dass die Gelddruckerei beginnen würde, sobald die Zinsen bei Null lägen. Ich meinte: "Welchen Grund gibt es dann für ausländische Investoren noch, in den US-Dollar zu investieren, wenn der US-Dollar auf 0% Rendite fällt? Warum würde man das tun, wenn er wie verrückt gedruckt wird?"
Er landet auf demselben Müllberg wie jede andere nicht-rentierliche Währung. Wenn das passiert, - so meinte ich wie und wir derzeit beobachten können - dann werden die Käufer verschwinden. Wer bleibt also noch übrig, um diese Schulden zu erwerben? Die Fed. Die Fed wird Käufer letzter Instanz und der einzige Käufer sein. Und man kann bereits erkennen, dass dies passiert. Die Fed erwirbt Staatsanleihen direkt nach deren Ausgabe.
Das ist etwas, das auch Ray Dalio letztes Jahr prognostizierte - als er über den Paradigmenwechsel sprach. Er sprach über den "Big Squeeze", der bevorstand und er lag absolut richtig. Er meinte: "Wir werden von einer Rezession getroffen werden. Die Zinsen werden auf Null fallen; Investoren werden nach Assets Ausschau halten, von denen Sie glauben, dass sie bessere Rendite abwerfen als US-Staatsanleihen. Zeitgleich gibt es jedoch all diese wachsenden Defizite und Verbindlichkeiten von Rentenfonds und aus dem Gesundheitswesen, die ihre Fälligkeit erreichen. Was wird also passieren? Die Käufer verschwinden und die Fed muss sie erwerben. Die Fed muss diese Schulden monetisieren."
Auf was wir uns nun also zubewegen, ist eine große Schuldenmonetisierung. Hier ist der absurde Teil: Die Fed drängt auf fiskalpolitische Stimuli und meint, dass die geldpolitischen Anreize beendet seien. Doch am Ende des Tages ist es genau dasselbe, da Defizite nichtsdestotrotz monetisiert werden. Es ist eine Ponzi-Intrige. Es ist egal. Man kann einen fiskalpolitischen Stimuliplan über weitere fünf Billionen Dollar erschaffen, doch diese wird man sofort monetisieren, also geht also um Gelddruckerei. Und dadurch zerstört man die eigene Währung genau so, wie jede andere große Macht es über die Geschichte hinweg getan hat. Darauf bewegen wir uns meiner Meinung nach zu.