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Das Finanzsystem - ein anmaßender Schwindel

28.07.2020  |  Egon von Greyerz
Open in new windowZeus bestrafte König Sisyphus für dessen Anmaßung (Hybris), indem er ihn im Hades einen riesigen Stein steil bergauf rollen ließ. Bevor Sisyphus die Anhöhe erreichen konnte, rollte der Stein immer wieder zurück. Und er musste stets von neuem beginnen.

Die Hybris ist eine schwere Sünde, die selten ungestraft bleibt. Die Arroganz und die Selbstüberschätzung, mit der die Welt von "denen da oben" in den Ruin geführt wird, wird sich jedenfalls schwer rächen. Doch leider wird diese Strafe die gesamte Welt treffen und nicht nur die Elite, die ursächlich verantwortlich ist.


Banker und Regierungen haben unglaublichen Schaden angerichtet

Man könnte einwenden, dass es ungerecht sei, nur eine Gruppe für den kommenden globalen Zusammenbruch verantwortlich zu machen. Die Weltwirtschaft hat immer schon zwischen Boom und Bust gependelt, folglich haben wir hier ein Naturphänomen wie beispielsweise die Jahreszeiten. Der Hauptunterschied ist allerdings der unglaubliche Schaden, den Staaten, Zentralbanker und Banker diesmal auf Welt angerichtet haben.

2006, zu Beginn der Großen Finanzkrise, lag die US-Staatsverschuldung bei 8,5 Billionen $. Heute sind es 26,5 Bill. $. Innerhalb von 14 Jahren hat sich die Verschuldung mehr als verdreifacht! 2006 betrug das BIP 14 Bill. $, heute sind es 21,5 Bill. $. Das heißt: Das Verhältnis von Schulden/ BIP ist von 60% auf 123% gestiegen.

Genau das nennt man "auf Reserve fahren". Die Entstehung der US-Verschuldung hat nichts mit Investitionen in produktive Assets zu tun. Jene Verdopplung der Schuldenstandsquote über einen Zeitraum von 14 Jahren zeigt ganz deutlich Folgendes: Das gesamte geschöpfte Geld fließt nicht in den Realwirtschaft, sondern dient der Stützung eines bankrotten Finanzsystems, welches das Geld nutzt, um die eigenen insolventen Bilanzen zu stopfen und die eigenen Top-Entscheidungsträger mit fantastischen Scheingeldbeträgen zu belohnen.


Geschäftsführungen mit Geldschöpfung gemästet

Das gedruckte Geld ging ebenfalls an ineffiziente Mega-Konzerne, die ihre Bilanzen durch Kreditaufnahmen hebeln. Die Gesamtdarlehenssumme stieg dabei von 3 Bill. $ im Jahr 2006 auf heute 7 Bill. $. Im selben Zeitraum haben US-Unternehmen mehr als 6 Bill. $ für Aktienrückkäufe aufgewendet. Also: Anstatt in ihre Unternehmungen zu investieren, haben die Firmen Geld geliehen, um ihre eigenen Aktien zurückzukaufen - mit dem Ziel, die Aktienkurse als auch die Management-Bezüge (in Form von Optionen und Aktien) in die Höhe zu treiben.

Das ist Anmaßung erster Ordnung: Investitionen für Unternehmenswachstum sind zu ignorieren. Stattdessen wird das Unternehmen bis zum Anschlag fremdkapitalisiert, um hohe Aktienkurse und Entschädigungen für die Führungsetage herauszuschlagen. Wird diese unternehmerische Arroganz ungestraft bleiben? Das Management wird wohl kaum einen großen Rollstein im Hades bergauf schieben. Doch wenn die Wirtschaft der USA und die Weltwirtschaft zusammenbrechen und sich soziale Unruhen ausbreiten, dann werden die Habenichtse den Reichen sicher nicht zuvorkommend begegnen.


Globale Sandburg auf “MMT” gebaut

Ich habe es häufig schon erwähnt: Die auf wertlosen Schulden gebaute globale Sandburg wird bröckeln. Das Timing (das Wann) ist dabei immer schwierig einzuschätzen, zudem führen die Zentralbanken das herausragendste Zauberkunststück seit 2006 auf.

Durch die Erhöhung der globalen Verschuldung von 125 Bill. $ im Jahr 2006 auf 270 Bill. $ heute, haben sie die Welt in so viel wertlosem Geld getränkt, dass praktisch niemand verstanden hat, dass es sich hierbei nur um geschöpftes Falschgeld und Scheinvermögen handelt.

In der Tat versteht das niemand - nicht einmal Nobelpreisträger, die daran glauben, dass MMT (Modern Money Theory) die Lösung für alles sei. Man fragt sich, wie jemand glauben kann, dass Geldschöpfung aus dem Nichts tatsächlich Vermögen schafft. Da aber so viele davon profitierten und profitieren … warum Unruhe aufkommen lassen? Die Elite ist mega-reich geworden (gemessen in Falschgeld) und die Massen haben eine gefühlte Verbesserung der Lebensstandards durch moderne Geräte wie Autos oder iPhones erlebt. Was aber kaum jemand begreift: All das kommt durch Schulden. Entweder steigende Privatschulden oder erhöhte staatliche Kreditaufnahme.


Der größte Schwindel der Geschichte

Die meisten Menschen lassen sich recht lange hinters Licht führen. Und leider wird die Welt erkennen müssen, dass all das nur aufgrund des größten Schwindels der Geschichte möglich wurde. Charles Ponzi oder Bernard Madoff waren der reinste Kindergarten verglichen mit diesem Mega-Betrug.

Doch bald wird geerntet, was gesät wurde. Das Timing ist dabei immer schwierig. Es könnte alles sehr schnell gehen, wie mein guter Freund Alasdair Macleod in vielen exzellenten Artikeln auf KWN beschrieben hat. Oder es könnte 1-2 Jahre oder länger dauern. Alasdair sieht einen Banken- und Währungszusammenbruch kommen - und zwar noch vor Ende 2020. Er ist kein Mann, der Furore braucht, sondern eher ein konservativer Angelsachse mit tiefreichendem Wissen über Währungen und ökonomische Zusammenhänge.

Und vor allem versteht er Geschichte. Hier sind wir beide voll einer Meinung. Die Mehrheit der Ökonomen und Banker denkt, heute wäre alles anders, eben weil sie heute leben. Sie werden jedoch bald schon, und erneut, widerlegt werden.



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