Der Moment der Wahrheit für das Geldsystem
14.08.2020 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Aufblähung der Geldmengen kennt keine Grenzen. Ohne eine intellektuelle Revolution wird uns das die Freiheit kosten.
Die politisch diktierte Reaktion auf die Coronavirus-Verbreitung hat weltweit nicht nur einen kolossalen Wirtschaftseinbruch und Massenarbeitslosigkeit verursacht. Sie hat vor allem auch das Schuldgeldsystem ins Wanken gebracht, es droht das Gruselszenario von Rezession und gleichzeitig fallenden Güterpreisen. Dann nämlich geraten Schuldner in arge Bedrängnis, sind nicht mehr in der Lage, ihren Schuldendienst zu leisten. Folglich erleiden Banken Verluste und treten bei der Kreditvergabe auf die Bremse. Versiegt aber der Zufluss von neuen Krediten und neugeschaffenem Geld, bricht die Kreditpyramide zusammen; und mit ihr die Produktions- und Beschäftigungsstruktur der Volkswirtschaften.
Die Regierungen haben daher bereits gewaltige «Rettungspakete» in Stellung gebracht. Anfang April 2020 waren es bereits 7,8 Billionen US-Dollar - etwa 10 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (BIP) - in Form von Ausgabeprogrammen, Kreditgarantien und Eigenkapitalzuschüssen.
Damit soll in erster Linie Vertrauen geschaffen werden, damit der Absturz der Konjunkturen und Finanzmarktpreise abgemildert wird. Die Zentralbanken haben zudem die elektronische Notenpresse angeworfen, um Zahlungsausfälle auf den Kreditmärkten abzuwehren. Dazu kaufen sie jetzt alle Arten von Schuldpapieren in großem Stil und bezahlen mit «aus dem Nichts» geschaffenem Geld.
Toxischer Cocktail
Anders als noch in der Finanzkrise von 2008/09 wird das neue Geld jetzt nicht nur in das Banken- und Finanzsystem gepumpt. Die Staaten überweisen es den Bürgern und Unternehmen auch direkt auf deren Bankkonten. Zudem vergeben Banken kräftig Kredite und schaffen dadurch ebenfalls neues Geld. Das lässt in den Vereinigten Staaten von Amerika die Geldmenge M1 (Bargeld und Sichtguthaben bei Banken) bereits um 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen, die Geldmenge M2 (M1 plus längerfristige Bankeinlagen, zum Beispiel Sparkonten) um gut 22 Prozent. Das sind die größten Zuwachsraten, die jemals für diese Geldmengen gemessen wurden.
In den USA hat sich ein «Geldüberhang» - also eine Geldmenge, die die Produktionsleistung übersteigt - von bald fast 40 Prozent aufgebaut. Wenn dieser sich nach und nach preiswirksam in steigenden Konsumgüterund/ oder Vermögenspreisen entlädt, fällt die Kaufkraft des US-Dollars um schätzungsweise 30 Prozent.
Die Hoffnung, dass die zusätzliche Geldmenge nicht verausgabt und auf der hohen Kante gehalten wird, ist gering - zumal sie vielen Empfängern als Lohnersatz dient und zur Bezahlung des Lebensunterhalts eingesetzt wird. Eine stark gefallene Produktionsleistung, einhergehend mit einer stark anschwellenden Geldmenge in den Händen der Nachfrager, ist der toxische Cocktail, der zu Preisinflation führt.
Mit der Schulden- und Geldmengenflut, die jetzt auf den Weg gebracht wird, scheint es zu gelingen, den Kollaps des Wirtschafts- und Finanzsystems abzuwenden. Aber Grund zur Entwarnung gibt das nicht. Der US-Dollar, Euro und Co. repräsentieren nämlich «Fiat-Geld», das sich durch drei Eigenschaften auszeichnet: 1. Fiat-Geld ist staatlich monopolisiertes Geld.
Die staatlichen Zentralbanken haben das Produktionsmonopol des Geldes inne. 2. Fiat-Geld wird durch Bankkreditvergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegenübersteht. 3. Fiat-Geld ist entmaterialisiertes Geld in Form von bunt bedruckten Papierzetteln und Einträgen auf Computerfestplatten (Bits und Bytes) und lässt sich mit geringsten Kosten beliebig vermehren.
Das Fiasko des Fiat-Geldes
Das Fiat-Geld leidet unter ökonomischen und ethischen Defekten. Es ist inflationär, es verliert seine Kaufkraft im Zeitverlauf und bringt viele Menschen um die Früchte ihrer Arbeit und Sparsamkeit. Es sorgt für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen, indem es die Erstempfänger des neuen Geldes auf Kosten derjenigen begünstigt, die die neue Geldmenge erst später erhalten (sogenannter «Cantillon-Effekt»). Fiat-Geld sorgt zudem für Wirtschaftsstörungen, für «Boom-und-Bust-Zyklen»: Mit Zinssenkungen wird zunächst ein Scheinaufschwung in Gang gesetzt, der zur Fehllenkung knapper Mittel führt und früher oder später zerplatzt und in einer Krise endet.
Nicht zu vergessen: Fiat-Geld treibt die Volkswirtschaft in die Überschuldung. Die künstlich gesenkten Zinsen verleiten Private, Unternehmen und Staaten zum chronischen Wirtschaften auf Pump. Die Schuldenlasten wachsen dabei im Zeitablauf stärker an, als die Einkommen zunehmen. Dabei wuchert insbesondere der Staat aus - zulasten der Freiheit der Bürger und Unternehmen. Das Fiat-Geld erlaubt es nämlich dem Staat, seine Finanzkraft gewaltig auszuweiten, über die üblichen Steuereinnahmen hinaus, und auf diese Weise kann er sich seine Gefolgschaft im wahrsten Sinne des Wortes erkaufen und immer mehr Menschen finanziell von sich abhängig machen.
Das Fiat-Geldsystem hat eine währungshistorisch nie dagewesene Verschuldung in die Welt gebracht. Das Institute of International Finance (IIF) schätzt, dass die weltweite Verschuldung Ende 2019 bereits bei 255 Billionen US-Dollar und damit bei 322 Prozent des weltweiten BIP lag und dass die Schuldenquote durch die Coronakrisenbekämpfung auf 342 Prozent steigen wird. Um die Kosten der Schuldenpyramidisierung gering zu halten, haben die Zentralbanken die Marktzinsen längst auf extrem niedrige Niveaus gedrückt, indem sie auf vielfältige Weise in die Marktpreisbildung der Kreditkontrakte eingreifen.
Sie haben zudem den Finanzmarktinvestoren die Quasizusicherung gegeben, man werde keine systemrelevanten Schuldner zahlungsunfähig werden lassen; notfalls wird neues Geld gedruckt, um strauchelnde Staaten, Banken und Grossunternehmen über Wasser zu halten. Die Schuldenpyramide ist ein staatlich betriebenes Ponzi-Schema.
Die politisch diktierte Reaktion auf die Coronavirus-Verbreitung hat weltweit nicht nur einen kolossalen Wirtschaftseinbruch und Massenarbeitslosigkeit verursacht. Sie hat vor allem auch das Schuldgeldsystem ins Wanken gebracht, es droht das Gruselszenario von Rezession und gleichzeitig fallenden Güterpreisen. Dann nämlich geraten Schuldner in arge Bedrängnis, sind nicht mehr in der Lage, ihren Schuldendienst zu leisten. Folglich erleiden Banken Verluste und treten bei der Kreditvergabe auf die Bremse. Versiegt aber der Zufluss von neuen Krediten und neugeschaffenem Geld, bricht die Kreditpyramide zusammen; und mit ihr die Produktions- und Beschäftigungsstruktur der Volkswirtschaften.
Die Regierungen haben daher bereits gewaltige «Rettungspakete» in Stellung gebracht. Anfang April 2020 waren es bereits 7,8 Billionen US-Dollar - etwa 10 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes (BIP) - in Form von Ausgabeprogrammen, Kreditgarantien und Eigenkapitalzuschüssen.
Damit soll in erster Linie Vertrauen geschaffen werden, damit der Absturz der Konjunkturen und Finanzmarktpreise abgemildert wird. Die Zentralbanken haben zudem die elektronische Notenpresse angeworfen, um Zahlungsausfälle auf den Kreditmärkten abzuwehren. Dazu kaufen sie jetzt alle Arten von Schuldpapieren in großem Stil und bezahlen mit «aus dem Nichts» geschaffenem Geld.
Toxischer Cocktail
Anders als noch in der Finanzkrise von 2008/09 wird das neue Geld jetzt nicht nur in das Banken- und Finanzsystem gepumpt. Die Staaten überweisen es den Bürgern und Unternehmen auch direkt auf deren Bankkonten. Zudem vergeben Banken kräftig Kredite und schaffen dadurch ebenfalls neues Geld. Das lässt in den Vereinigten Staaten von Amerika die Geldmenge M1 (Bargeld und Sichtguthaben bei Banken) bereits um 35 Prozent gegenüber dem Vorjahr wachsen, die Geldmenge M2 (M1 plus längerfristige Bankeinlagen, zum Beispiel Sparkonten) um gut 22 Prozent. Das sind die größten Zuwachsraten, die jemals für diese Geldmengen gemessen wurden.
In den USA hat sich ein «Geldüberhang» - also eine Geldmenge, die die Produktionsleistung übersteigt - von bald fast 40 Prozent aufgebaut. Wenn dieser sich nach und nach preiswirksam in steigenden Konsumgüterund/ oder Vermögenspreisen entlädt, fällt die Kaufkraft des US-Dollars um schätzungsweise 30 Prozent.
Die Hoffnung, dass die zusätzliche Geldmenge nicht verausgabt und auf der hohen Kante gehalten wird, ist gering - zumal sie vielen Empfängern als Lohnersatz dient und zur Bezahlung des Lebensunterhalts eingesetzt wird. Eine stark gefallene Produktionsleistung, einhergehend mit einer stark anschwellenden Geldmenge in den Händen der Nachfrager, ist der toxische Cocktail, der zu Preisinflation führt.
Mit der Schulden- und Geldmengenflut, die jetzt auf den Weg gebracht wird, scheint es zu gelingen, den Kollaps des Wirtschafts- und Finanzsystems abzuwenden. Aber Grund zur Entwarnung gibt das nicht. Der US-Dollar, Euro und Co. repräsentieren nämlich «Fiat-Geld», das sich durch drei Eigenschaften auszeichnet: 1. Fiat-Geld ist staatlich monopolisiertes Geld.
Die staatlichen Zentralbanken haben das Produktionsmonopol des Geldes inne. 2. Fiat-Geld wird durch Bankkreditvergabe geschaffen, der keine echte Ersparnis gegenübersteht. 3. Fiat-Geld ist entmaterialisiertes Geld in Form von bunt bedruckten Papierzetteln und Einträgen auf Computerfestplatten (Bits und Bytes) und lässt sich mit geringsten Kosten beliebig vermehren.
Das Fiasko des Fiat-Geldes
Das Fiat-Geld leidet unter ökonomischen und ethischen Defekten. Es ist inflationär, es verliert seine Kaufkraft im Zeitverlauf und bringt viele Menschen um die Früchte ihrer Arbeit und Sparsamkeit. Es sorgt für eine Umverteilung von Einkommen und Vermögen, indem es die Erstempfänger des neuen Geldes auf Kosten derjenigen begünstigt, die die neue Geldmenge erst später erhalten (sogenannter «Cantillon-Effekt»). Fiat-Geld sorgt zudem für Wirtschaftsstörungen, für «Boom-und-Bust-Zyklen»: Mit Zinssenkungen wird zunächst ein Scheinaufschwung in Gang gesetzt, der zur Fehllenkung knapper Mittel führt und früher oder später zerplatzt und in einer Krise endet.
Nicht zu vergessen: Fiat-Geld treibt die Volkswirtschaft in die Überschuldung. Die künstlich gesenkten Zinsen verleiten Private, Unternehmen und Staaten zum chronischen Wirtschaften auf Pump. Die Schuldenlasten wachsen dabei im Zeitablauf stärker an, als die Einkommen zunehmen. Dabei wuchert insbesondere der Staat aus - zulasten der Freiheit der Bürger und Unternehmen. Das Fiat-Geld erlaubt es nämlich dem Staat, seine Finanzkraft gewaltig auszuweiten, über die üblichen Steuereinnahmen hinaus, und auf diese Weise kann er sich seine Gefolgschaft im wahrsten Sinne des Wortes erkaufen und immer mehr Menschen finanziell von sich abhängig machen.
Das Fiat-Geldsystem hat eine währungshistorisch nie dagewesene Verschuldung in die Welt gebracht. Das Institute of International Finance (IIF) schätzt, dass die weltweite Verschuldung Ende 2019 bereits bei 255 Billionen US-Dollar und damit bei 322 Prozent des weltweiten BIP lag und dass die Schuldenquote durch die Coronakrisenbekämpfung auf 342 Prozent steigen wird. Um die Kosten der Schuldenpyramidisierung gering zu halten, haben die Zentralbanken die Marktzinsen längst auf extrem niedrige Niveaus gedrückt, indem sie auf vielfältige Weise in die Marktpreisbildung der Kreditkontrakte eingreifen.
Sie haben zudem den Finanzmarktinvestoren die Quasizusicherung gegeben, man werde keine systemrelevanten Schuldner zahlungsunfähig werden lassen; notfalls wird neues Geld gedruckt, um strauchelnde Staaten, Banken und Grossunternehmen über Wasser zu halten. Die Schuldenpyramide ist ein staatlich betriebenes Ponzi-Schema.